Mein Traum wohnt nebenan
gemeint.
Zufällig hatte sie einen Bekannten, der alte Möbel aufarbeitete.
Und eine Freundin, die Floristin war. Deshalb stand auf seinem Küchentresen jetzt eine Vase mit leuchtend gelben Margeriten.
Dann war da noch der Freund, der New Yorker Szenen malte und sie auf der Straße verkaufte. Drei davon hingen jetzt an Prestons Wänden.
Und von Teppichen war auch schon die Rede.
Kopfschüttelnd beugte er sich wieder über sein Frühstück. Er nippte am Kaffee und nahm sich vor, Cybil zu fragen, warum er bei sich immer ein wenig abgestanden schmeckte. Danach schlug er die Comicseite auf, um nachzusehen, was sie sich dieses Mal hatte einfallen lassen.
Er überflog den Strip, runzelte die Stirn und las ihn gleich noch ein zweites Mal.
Cybil saß bereits am Zeichenbrett, bei offenem Fenster, denn außer dem Straßenlärm drang auch eine warme Frühlingsbrise herein.
Sie wusste schon, wie sie das erste leere Kästchen, doppelt so groß wie das in den Zeitungen, füllen würde. Der menschenscheue Mr. Mysterious hockte in seiner Höhle und schrieb an seinem großen amerikanischen Roman. Der ebenso erotische wie launische Schriftsteller war so sehr in seine Arbeit vertieft, dass er nicht mitbekam, wie Emily ihr Fernglas durch den Spalt in seinen dauernd zugezogenen Vorhängen schob, um einen Blick auf sein neuestes Werk zu erhaschen.
Cybil begann die Comicversion ihres Nachbarn zu zeichnen, und wie immer übertrieb sie dabei maßlos. Die athletische Gestalt, das markante Gesicht, die kühlen Augen. Die unverblümte Art, den Humor und seine Verständnislosigkeit gegenüber der Welt, in der Emily lebte.
Als es an der Tür summte, schob sie sich den Bleistift hinter das Ohr und füllte auf dem Weg nach draußen den Kaffeebecher auf. „Augenblick. Ich komme.“
Es war aber nicht Jody, die ihren Schlüssel vergessen hatte, sondern die lebende Ausgabe von Mr. Mysterious. Sein Haar schimmerte feucht, und er trug kein Hemd. Fasziniert starrte sie auf die muskulösen Oberarme. Barfuss, mit verblichenen Jeans und ernstem Gesicht stand er vor ihr.
„Hi“, begrüßte sie ihn. „Ist dir unter der Dusche die Seife ausgegangen? Brauchst du welche?“
„Was? Nein.“ Er hob die Zeitung in seiner Hand. „Es gehl um das hier.“
„Komm herein.“ Jody würde bestimmt jeden Moment auftauchen und sie daran hindern, über Preston herzufallen. „Nimm dir Kaffee und komm mit nach oben. Ich arbeite gerade, und es läuft ganz gut.“
„Ich will nicht stören, aber …“
„Mich kann man nicht so leicht stören“, unterbrach sie ihn. „Ich habe Zimtbagels, falls du einen möchtest“, fuhr sie fort und stieg die Treppe hinauf.
„Nein“, knurrte er, goss sich dann aber doch einen Becher Kaffee ein und nahm ein Bagel.
Er war noch nie oben gewesen und quälte sich mit einem Blick in ihr Schlafzimmer. Auf dem großen Bett mit der blauen Tagesdecke lag ein Berg Kissen, und sofort malte er sich aus, was er darauf alles mit ihr machen würde.
Es duftete nach ihr. Frisch, weiblich und ganz leicht nach Vanille.
In einer Schale lagen Rosenblüten, neben dem Bett ein Buch, und auf der Fensterbank standen Kerzenleuchter.
„Alles gefunden?“ rief sie.
„Ja. Hör mal, Cybil…“ Er betrat ihr Atelier. „Himmel, wie kannst du bei dem Lärm arbeiten?“
Sie hob nur kurz den Blick. „Welcher Lärm? Ach, der.“ Sie zeichnete weiter, mit einem neuen Bleistift, denn den hinter dem Ohr hatte sie vergessen. „Den höre ich fast gar nicht mehr.“
Der Raum war sparsam, aber liebevoll eingerichtet. Ein hohes Regal enthielt das Material, das sie zum Zeichnen und Kolorieren brauchte. An der Wand hingen zwei Bilder, das eine von dem Straßenmaler, das andere von ihrer Mutter. In einer Ecke stand eine interessante Metallskulptur, daneben ein gemütlich aussehender Diwan mit noch mehr Kissen.
Cybil saß über ihr Zeichenbrett gebeugt, mit untergeschla genen Beinen, rosafarbenen Zehennägeln, einem Bleistift hinter einem Ohr und einem goldenen Ohrring am anderen.
Sie sah unglaublich sexy aus.
Neugierig ging er zu ihr und sah ihr über die Schulter.
Bei sich selbst hätte Preston sich so ein Verhalten strikt verbeten. „Wozu sind die blauen Linien?“
„Zur Einteilung und für die Perspektive“, erklärte sie, ohne die Arbeit zu unterbrechen. „Für die Tageszeitungen muss ich fünf Kästchen füllen. Dazu brauche ich ein Thema, einen Gag und eine Schlusspointe.“
Stirnrunzelnd starrte er auf die erste Zeichnung. „Soll ich
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