Mein Traummann die Zicke und ich
Umfeld, allen voran Jas, aber ich habe auch andere Freunde, zu denen ich immer mehr Vertrauen gewinne.
Das Leben ist schön.
Und Sollie war, wie man so schön sagt, das Sahnehäubchen auf meiner Torte. Eine Extraschicht Marzipan auf einer Süßigkeit, die auch vorher schon köstlich schmeckte.
Ich war zwar ein bisschen nervös, weil ich seine Familie treffen sollte, aber alle waren genauso reizend und wunderbar wie er.
Und dann ist sie wieder aufgetaucht.
Der bittere Nachgeschmack davon kriecht in mir hoch.
Meine schöne Torte droht zu verderben.
Mit anderen Worten: Ich habe panische Angst, dass sie mir
noch einmal mein Leben zerstört. Das letzte Mal hat sie das ziemlich gut hingekriegt.
Vielleicht ist das ähnlich wie mit Windpocken. Entweder ist man dagegen immun geworden, oder es wächst sich zu einer noch schrecklicheren Krankheit aus, wie Gürtelrose zum Beispiel.
Ich frage mich, ob das Ganze wirklich so wichtig ist. Ich heirate schließlich Sollie, nicht seine Schwester, aber ich schätze, wenn man heiratet, heiratet man die Familie immer auch mit, es sei denn, der Bräutigam ist Waise oder auf der Flucht. Schließlich sind Hochzeiten doch genau das: Man feiert eine Fusion.
Eheleute sollten zusammenhalten wie Pech und Schwefel, aber in Wirklichkeit ist der Bund der Ehe ein zartes Band, das leicht wieder gelöst werden kann. Ehen entstehen und vergehen, man nehme nur Sollies Dad als Beispiel. Er und Elspeth sind zwar schon eine Ewigkeit zusammen, aber er hat drei Versuche gebraucht, bis er jemanden gefunden hat, mit dem er es aushält … oder der es mit ihm aushält.
Das »bis dass der Tod uns scheidet« scheint mir doch ein bisschen aus der Mode gekommen zu sein. Welcher Tod denn? Doch sicher nicht der physische Tod, eher der Tod der Gefühle, der Tod des sexuellen Verlangens, der Tod der Zuneigung zwischen Mann und Frau?
Meine Güte, wie bin ich denn drauf. Sollie und ich sind hier, weil wir uns entschieden haben, den Sprung in die Ehe zu wagen, und jetzt sieh sich einer an, in welcher Verfassung ich bin.
Es ist aber nun mal eine traurige Tatsache, dass die einzigen Menschen, deren Verhältnis ein Leben lang unauflösbar ist, egal was passiert, Eltern und Geschwister sind … Und Sollie liebt seine Geschwister über alles.
Der einzige vernünftige Gedanke, den ich im Moment fassen kann, ist, dass ich mit ihm darüber reden muss … Vielleicht ist es dafür aber auch noch zu früh, denn es wäre ja durchaus möglich gewesen, dass ich Pippa auf den Fotos nicht erkannt hätte. Ich denke, ich verhalte mich einfach so, als wäre ich ahnungslos, und warte auf ihre Reaktion.
Es kann nicht allzu schwierig sein, so zu tun, als würde ich sie nicht erkennen, schließlich wünsche ich mir ja nur allzu sehr, es wäre so gewesen. Und mit ein bisschen Glück erkennt sie mich nicht wieder. Wie wahrscheinlich ist das? Ich weiß, dass sie während ihrer Teenagerzeit auf ungefähr fünf verschiedenen Schulen war, und vielleicht hat sie einfach so viele Menschen getroffen, dass sie alle in einem gesichtslosen Nebel verschwunden sind. Selbst die, auf deren Untergang sie es abgesehen hatte …
Und selbst wenn sie sich an mich erinnert, vielleicht habe ich Glück, und sie erkennt mich trotzdem nicht wieder? Wie stark habe ich mich seit der Schule verändert? Innerlich sehr, aber äußerlich?
Ich hieve mich aus der Wanne und stehe tropfend vor dem großen Spiegel neben dem Fenster, als solle er mich verführen wie Alice im Wunderland.
Ich bin nicht mehr so dünn wie zu Schulzeiten; man hat nicht so intimen Kontakt zu Torten und bleibt dabei dünn. Ich habe mit sechzehn auch ganz sicher nicht so viel Busen gehabt, der kam erst später, zwar nicht über Nacht, aber doch fast als 48-Stunden-Lieferung, als hätte ich einen späten Hormonschub gekriegt oder so was.
Mein Haar ist immer noch goldbraun, obwohl es heute viel kürzer ist und Glätteisen damals noch nicht zum allgemeinen Standard gehörten.
Ich habe mich schon verändert seitdem, sehr sogar.
Aber es gibt zwei Dinge, die in Verbindung miteinander stehen und die mich auf jeden Fall verraten.
Violet. Mein Name und meine Augenfarbe.
An beide erinnert man sich, weil beide ungewöhnlich sind.
Ob ich mich damit retten kann, auch drinnen eine Sonnenbrille zu tragen? Im Oktober?
Bei dem Gedanken muss ich lachen, und das Lachen bringt mir meinen Optimismus zurück, der es wiederum dem vernünftigen Anteil in mir erlaubt, auch mal ein Wörtchen
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