Mein Traummann die Zicke und ich
ihnen.
Kapitel 2
E s ist ein später Oktobernachmittag, die Sonne ist also schon untergegangen, und wir sind auf einer verlassenen Landstraße in den schottischen Lowlands unterwegs. Abgesehen von der Straßenbeleuchtung ist es ziemlich dunkel.
Sollie fährt gemütliche hundert Kilometer pro Stunde, aus den Boxen dringt leise Marvin Gaye, und ich habe wundersamerweise schon seit zwanzig Minuten nichts mehr gesagt.
»Du bist nervös, stimmt’s?« Seine Stimme durchbricht unerwartet die relative Stille im Auto. Ich wende mich ihm zu, um ihn anzusehen.
»Wundert dich das? Du hast meine Freunde und Familie in den letzten Monaten alle nach und nach kennengelernt, und ich werde deinem gesamten Klan innerhalb einer einzigen Woche vorgestellt.«
Er lächelt sanft, und ohne den Blick von der Straße abzuwenden, nimmt er meine Hand und drückt sie beruhigend.
»Es wird alles wunderbar laufen, das verspreche ich dir. Ihr werdet euch blendend verstehen. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen, Vi. Es ist schließlich nur eine Woche bei Mum und Dad, weiter nichts.«
»Weiter nichts«, ächze ich. »Sollie, ich wünschte, es wäre weiter nichts, und wenn es nur deine Eltern wären, die ich treffen soll, dann wäre ich auch nicht so nervös. Kannst du sie mir bitte noch mal alle aufzählen …«
Sollie bricht in Gelächter aus. »Zum fünften Mal?«
»Es ist eben so verwirrend.«
»Ich weiß, das ist eben so, wenn dein Dad zum dritten Mal verheiratet ist und mit jeder seiner Frauen Kinder bekommen hat.«
In seiner Stimme schwingt nicht die Spur von Bitterkeit mit. Ich bekomme den Eindruck, Sol mag seine Patchworkfamilie einfach.
»Also gut, alles noch mal von vorn.« Er seufzt theatralisch. »Aber diesmal passt du bitte auf, ja?«
»Jawohl, Mylord«, witzle ich und bringe mich auf dem cremefarbenen Beifahrersitz seines großen schwarzen Range Rovers, in eine aufrechte Position.
»Also, erst mal sind da natürlich Mum und Dad, wenn wir ankommen.«
»Und deine Tante Marilyn und dein Onkel Silas, die für einen Monat aus Jamaika zu Besuch sind.« Ich rede beflissen wie bei einer mündlichen Prüfung. »Tante Marilyn ist die Schwester deiner Mutter, richtig?«
»Fast richtig. Sie ist Mums Halbschwester aus der ersten Ehe ihrer Mutter.«
»Okay, so weit kann ich folgen.«
»Und dann ist da mein großer Bruder Adam, er ist dreißig. Er stammt aus Dads erster Ehe mit Misty …«
»Was kurz für Mistral ist«, sage ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
»Genau. Die mit dem Folk-Sänger durchgebrannt und in eine Kommune gezogen ist«, schließt Sol für mich ab.
»Aber sie sind immer noch gute Freunde.«
»Sehr gute Freunde sogar.«
»Und Mistral kommt in ein paar Tagen aus Cornwall angereist, stimmt’s? Und unterwegs sammelt sie Adam in Birmingham ein, weil er dort eine Ausstellung in einer Kunstgalerie in der Broad Street hatte, richtig?«
»Richtig. Und Fleur bringt sie auch noch mit.«
»Fleur?« Ich bin enttäuscht. Ich habe mich so gut geschlagen bisher, aber diese Verwandte ist mir durchs Sieb gerutscht. Ich zermartere mir das Gehirn, um mich zu erinnern, wer Fleur noch mal war.
»Adams Halbschwester. Sie ist neunzehn und eine ganz Süße. Genau wie ihre Mutter«, klärt mich Sol auf.
»Ach so. Okay, da wäre also Mistral, deine Exstiefmutter, und Adam, dein Halbbruder.« Ich zähle mit den Fingern mit. »Und Fleur ist die Halbschwester deines Halbbruders, also deine Stiefschwester.«
Sollie grinst. »Stimmt so weit. Als Nächstes haben wir Philly, meine Halbschwester aus Dads zweiter Ehe mit Sophie. Philly und ihr Mann Jonathan treffen morgen aus Paris ein.«
»Paris«, hauche ich verzückt. »Die Glücklichen. Sie leben schon seit acht Jahren dort, stimmt’s?«
»Seit sie verheiratet sind. Jonathan ist Vorstand bei einer Modefirma.«
»Das hast du mir noch nicht erzählt. Und was macht Philly?«
»Sie trägt die Klamotten, die er herstellt«, sagt er lachend.
»Die hat’s gut. Und kommt Sophie, ihre Mutter, auch?«
»Die ist gerade in den Flitterwochen.«
»Wirklich?«
»Es sind ihre fünften.«
»Du machst Witze.«
»Ganz und gar nicht. Du denkst jetzt sicher, meine Familie ist ein verrückter Haufen. Die arme Philly hat zwei Halbbrüder, also Adam und mich, und sieben Stiefgeschwister.«
»Wow. Zum Glück muss ich die nicht auch alle treffen. In dem Fall hätte ich nämlich Namensschilder gebraucht. Stiefmutter Nummer zwei kommt also nicht.«
»Nein.« Er seufzt ein bisschen, und zwar
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