Mein Traummann die Zicke und ich
mitzureden.
Mein vernünftiger Anteil sagt, dass von vornherein die Chance bestand, dass ich mit Sollies Schwester nicht besonders gut auskommen würde. Die Schwestern von Freunden können generell sehr schwierig sein. Es hätte also auch so sehr gut sein können, dass wir uns gesehen und uns von Anfang gehasst hätten.
Jas zum Beispiel ist jemand, der mit allen gut auskommt, aber die Frau ihres Bruders kann sie nicht ausstehen.
Sie nennt sie ihre Schweigerin.
Sie hält sie einfach auf Distanz, ohne dabei irgendjemanden zu brüskieren; das werde ich ja wohl auch noch hinkriegen. Und was die nächste Woche angeht: Das Haus ist groß genug, um ihr aus dem Weg zu gehen, wenn ich das muss.
Sie kommt frühestens in drei Tagen an. Meine Mum hat immer gesagt, man solle sich keine Sorgen wegen etwas machen, das noch gar nicht eingetreten ist, sondern sich lieber auf das Hier und Jetzt konzentrieren. Und genau das werde ich tun. Ich vergesse Pippa Langford einfach und versuche meinen Aufenthalt hier zu genießen.
Was in dieser wunderschönen Umgebung nicht allzu schwierig sein dürfte.
Ich höre auf, mich selbst anzusehen, und blicke mich auf
der Suche nach Ablenkung im Badezimmer um. Es ist wirklich alles da, was das Herz begehrt: flauschige Handtücher, Badezusatz, Körperpuder, Lotionen und Düfte, Kerzen und sogar Zeitschriften auf einem Beistelltischchen.
Ich sehe mir die Töpfchen auf den Regalen an. Hier stehen Cremes herum, die ich bisher nur in Hochglanzmagazinen wie der Vogue oder Harper’s gesehen habe.
Es ist ein Badezimmer-Paradies, aber das Beste daran ist, dass ich das alles hier auch benutzen darf.
»Nimm dir nur, was immer du möchtest«, waren Elpeths Worte, als sie mir unser Zimmer gezeigt hat.
Ich kann gerade noch dem Impuls widerstehen, mich von Kopf bis Fuß mit Crème de la Mer einzuschmieren oder ein zweites Bad zu nehmen, diesmal in Chanel No. 19, und werfe stattdessen selbstvergessen mein Handtuch weg, um mich mit etwas Bodylotion von Clarins einzucremen.
Und wie ich da so stehe, nackt, wie Gott mich schuf, und die Creme auf jedem Winkel meines Körpers verteile, geht die Tür zum Flur auf, die ich für abgeschlossen gehalten hatte, und hereinspaziert kommt Onkel Silas. Er hat die Augen halb geschlossen, singt »Could you be love« und bewegt den Kopf im Takt dazu. Er hebt den Toilettendeckel hoch und ist sofort bei der Sache, bevor er mich in der Ecke kauernd entdeckt, inmitten einer Puderwolke, meine Scham mit einer Hand, einem Topf Clarins-Creme und einer hastig gegriffenen Puderquaste bedeckend.
Als er mich erblickt, sieht er absolut peinlich berührt aus. Seine schöne ebenholzfarbene Haut wird so blass wie das Porzellan, gegen das er gerade pinkelt, und seine sonst dröhnende Stimme klingt plötzlich dünn und erstickt, als er quiekt:
»Das hier ist wohl nicht mein Badezimmer, oder?«
Ich kriege kein Wort heraus und nicke nur.
Er blickt nach unten. »Ich fürchte … Um es mit den berühmten Worten des Moderators der letzten Folge von Mastermind zu sagen: Ich habe damit angefangen … «
» Also musst du es auch zu Ende bringen «, sage ich auf. »Ich mache die Augen zu, wenn du es auch tust.«
»Das hört sich an wie eine gute Idee in einer üblen Situation«, erwidert er. »Obwohl ich sie gleich noch einmal aufmachen muss, wenn ich hier wieder rauswill.«
»Warum machst du sie nicht einfach solange zu, bis ich mir ein Handtuch vom Haken genommen habe?«
»Ja, das ist doch schon mal ein guter Anfang …«, sagt er, aber dann springt die Tür zu unserem Badezimmer auf, und Sollie tanzt grinsend und lachend herein und singt »You Sexy Thing« von Hot Chocolate. Er trägt nichts als meine Unterhose vom Vortag.
Er bleibt abrupt stehen, blickt von mir zu Silas, zurück zu mir, dann wieder zu Silas und schließlich hinunter auf das Teilchen aus rosa Seide, in das er sich gequetscht hat.
»Willkommen in der Hölle der ewigen Peinlichkeiten!«, dröhnt Onkel Silas, der seine Stimme wiedergefunden hat, und dann brechen wir alle drei in schallendes Gelächter aus.
Kapitel 5
D as Frühstück hätte verlegen werden können, aber da wir drei alle im selben Boot sitzen – ich nackt, Silas pinkelnd und Sollie in meiner Unterwäsche -, gleichen sich die Peinlichkeiten gegenseitig aus. Mit anderen Worten: Wenn sich alle gleichzeitig zu Tode schämen, löst sich das Ganze in Wohlgefallen auf und verdampft wie kochendes Teewasser.
Natürlich versteht niemand, warum Silas, Sollie und
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