Mein ungezähmter Highlander
er so schwach wie eine Jungfrau auf ihrem Opfergang. Sie befürchtete, dass dieser Gedankengang der Wahrheit nicht nur im übertragenen Sinne beunruhigend nahekam.
Inmitten ihrer Leute, die sich in dem kleinen birlinn dicht aneinanderdrängten, fühlte Isabel sich seltsam allein. Auch
die anderen Insassen des Bootes verhielten sich ruhig und wachsam, während sie sich der Burg ihres Feindes näherten. Nur das Schlagen der Ruder, die in immer wiederkehrendem Rhythmus in die schwarzen Tiefen eintauchten, unterbrach die unheimliche Stille. Irgendwo dort vor ihr, in einer der Buchten, auf die sie zusteuerten, lag die Burg von Dunvegan, die uneinnehmbare Festung der MacLeods.
Ein ungewisses Schicksal erwartete sie.
Der eisige Wind fegte über das Wasser hinweg und drang ihr bis ins Mark. Sie rief sich den gälischen Namen der Isle of Skye in Erinnerung – Eilean a Cheo . Die »Insel des Nebels«, was für eine maßlose Untertreibung.
Isabel verfluchte ihre unpassende Reisegarderobe und zog den fellbesetzten Mantel, das einzige warme Kleidungsstück, das sie trug, noch enger um sich. Doch auch der Mantel vermochte sie nur wenig vor den Elementen zu schützen. Selbst in einem Hemdchen hätte sie nicht stärker frieren können.
Doch angesichts der gefährlichen Aufgabe, die vor ihr lag, schien das grässliche Wetter der Situation im Grunde angemessen zu sein.
Denn Isabel war dem mächtigen Anführer der MacLeods für eine Ehe auf Probe versprochen worden. Doch dies war nur die halbe Wahrheit. Vermeintlich hatte der König die Ehe auf Probe vermittelt, um damit die seit zwei langen Jahren schwelende Fehde zwischen den MacLeods und den MacDonalds zu beenden. In Wirklichkeit aber war die Ehe auf Probe eine List, die Isabel Zugang zur Feste des Feindes verschaffen sollte. Und wenn alles nach Plan lief, sollte sie auch sein Herz gewinnen.
Es würde jedoch keine Hochzeit geben. Sobald Isabel gefunden hatte, wonach sie suchte, würde sie die Ehe auf Probe lösen und zu ihrem Leben als Hofdame im Gefolge von
Queen Anne zurückkehren, als wäre nichts gewesen, während sie gleichzeitig wusste, dass sie ihrem Clan geholfen hatte.
Vorausgesetzt natürlich, dass man sie nicht entdeckte.
Im Rückblick hatte sie ihre Zeit wohl nicht sonderlich sinnvoll genutzt, indem sie die Tage damit verbracht hatte, sich die verschiedenen Strafen für eine Spionin auszumalen.
Ihr geliebtes Kindermädchen Bessie hatte anscheinend gespürt, was sie fühlte, denn sie griff nach ihrer zur Faust geballten Hand und drückte sie sanft. »Mach dir keine Sorgen, Liebes, es wird schon nicht so schlimm. Dich erwartet eine Ehe auf Probe, aber du siehst aus, als würdest du zum Schafott geführt werden. Dein zukünftiger Gemahl ist doch nicht Heinrich der Achte.«
Aber es war so schlimm. Wenn man Isabels Verrat entdeckte, könnte sie sehr wohl mit einem Schicksal rechnen, wie es einige der Frauen von König Heinrich ereilt hatte. Von einem kämpferischen Stammesführer aus den Highlands erwartete sie kein Erbarmen. Sie konnte nur darauf hoffen, dass der König, der sie wie eine Tochter in seinem Hause aufgenommen hatte, sie nicht an einen bösartigen Unmenschen vermittelt hatte.
Vor allem der Gedanke an diesen Mann, den sie betrügen sollte, war verantwortlich für ihre wachsenden Befürchtungen in den letzten Tagen. Sie wusste ja so wenig über ihn. All ihre Versuche, etwas über den Charakter des Chief der MacLeods zu erfahren, waren erfolglos geblieben. Der König behauptete, dass er ein recht liebenswürdiger Mann sei … für einen Barbaren. Doch da der König alle Leute aus den Highlands als Barbaren bezeichnete, machte sie sich in dieser Hinsicht wenig Gedanken.
Auch ihr Vater war nicht sonderlich hilfreich gewesen. Er nannte den MacLeod einen »ernst zu nehmenden Gegner« mit einem »guten Schwertarm«. Nicht gerade beruhigend. Nur
ihre Brüder waren ein wenig mitteilsamer gewesen. Sie hatten ihr den MacLeod als einen durchtriebenen Anführer beschrieben, der bei seinen Stammesleuten großen Respekt genoss. Auf dem Schlachtfeld wäre er ein tapferer Krieger, mit dem es keiner aufnehmen könnte. Über ihn selbst hatte sie jedoch nichts erfahren.
Zu spät bemerkte sie, dass Bessie sie noch immer beobachtete. »Geht es dir wirklich gut, Isabel?«
»Alles in Ordnung,« versicherte Isabel ihr und versuchte, ein überzeugendes Lächeln aufzusetzen. »Mir ist nur kalt, und ich möchte endlich runter von diesem Boot.«
Beklommen sah Isabel, dass
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