Mein ungezähmter Highlander
gekannt.
»Nein, nein, Deidre, ich suche nur nach Rory. Ich möchte etwas Wichtiges mit ihm besprechen. Weißt du, wo er ist?«
»Um diese Uhrzeit ist er schon draußen und trainiert mit den Männern.«
»Danke, Deidre, ich werde ihn auf dem Hof suchen.«
»Gut, wenn das alles ist.«
Deidre drehte sich um und wandte sich wieder ihren Aufgaben zu.
Während Isabel die Stufen hinunterging, dachte sie darüber nach, wie die MacLeods sie im vergangenen Monat behandelt hatten. Im Großen und Ganzen hatten sie sich an Rory orientiert. Alle waren unverkennbar höflich, aber distanziert gewesen. Wenn man an die Fehde dachte, die die MacDonalds und die MacLeods so lange entzweit hatte, dann war das Verhalten
von Rorys Clansleuten ihr gegenüber freundlicher, als sie erwartet hatte. Die Fehde selbst war zwar mit der Ehe auf Probe beendet worden, doch konnte nur Zeit die Wunden heilen, die die vielen Jahre des Blutvergießens hinterlassen hatten. Doch Zeit war etwas, das Isabel nicht vergönnt war.
Anfangs war es von Vorteil gewesen, dass man sie allein ließ. So hatte sie die Möglichkeit gehabt, in Ruhe den alten Bergfried zu erkunden und das Feenbanner zu suchen. Aber es war auch sehr einsam und erinnerte sie entschieden zu sehr an zu Hause. Und die Tage vergingen so schrecklich langsam, wenn man nichts zu tun hatte.
Eigentlich hatte sie erwartet, dass Rory jetzt, nach einem Monat, auf dem besten Wege sein würde, sich in sie zu verlieben. Männer waren schließlich einfache Geschöpfe, wie ihr die Frauen bei Hofe versichert hatten. Isabel hatte vorgehabt, ihm Komplimente über seine Tapferkeit als Krieger zu machen und ihn für seinen Intellekt und sein Äußeres zu bewundern. Sie wollte so charmant, liebreizend und gefällig sein, wie sie nur konnte – damit es nichts gab, woran er Anstoß nehmen könnte. Es wäre so einfach gewesen. Doch alle Pläne der Welt waren sinnlos, wenn er einfach keine Zeit mit ihr verbrachte.
Doch das würde sich ändern.
Isabel trat aus der Dunkelheit der großen Halle hinaus auf den Hof und blinzelte in das helle Sonnenlicht. Das ungewöhnlich trostlose Wetter, das seit dem Tag ihrer Ankunft auf Dunvegan geherrscht hatte, war vorübergezogen, und der heutige Tag versprach sommerlich schön zu werden. Im satten Grün des Grases und im strahlenden Bunt der Wildblumen, die die Küstenhügel sprenkelten, zeigte sich der August in voller Blüte. Winzige Schäfchenwolken ließen das Blau des Himmels noch satter erscheinen.
Isabel seufzte, als die frische Luft ihren Körper umhüllte.
Als sie tief einatmete, kitzelte sie das Salz der nahen See in der Nase.
Sogleich wurde ihr Herz leichter.
Überrascht stellte sie fest, dass nicht viele Menschen draußen waren. Einige Frauen waren dabei, Wasser von der Quelle in der Nähe des Seeeingangs zu holen, doch von ihnen abgesehen, schien der Hof menschenleer.
Sie blickte sich nach Rory um. Eine große Staubwolke nahe der Südseite des Hofes wirkte viel versprechend. Als sie näher kam, hörte sie lautes, männliches Gelächter und den unverwechselbaren Klang von klirrenden Schwertern.
Wie bei allen Highland-Clans, waren auch die MacLeods in zwei Gruppen aufgeteilt: Die einen kämpften, während die anderen das Land bestellten und sich um das Vieh kümmerten. Fehden und Überfälle waren für die Krieger der Clans Teil des Lebens. In Zeiten, in denen sie nicht kämpfen mussten, trainierten sie ihre Fertigkeiten im Schwertkampf oder organisierten Wettkämpfe, in denen sie einander in Kraft und Stärke maßen. Als kleines Mädchen hatte Isabel es geliebt, den Kriegern der MacDonalds bei ihren Übungen zuzusehen. Nichts auf der Welt war vergleichbar mit dem Schauspiel der Highlandkrieger bei ihren Übungen mit dem Breitschwert.
Als Isabel um die Ecke bog, stockte sie mitten in der Bewegung. Die warme, salzige, vom scharfen Geruch hart arbeitender Körper getränkte Luft betäubte ihre Sinne. Es war jedoch das Schauspiel an sich, das ihren Blick fesselte. Eine Gruppe halbnackter Männer bildete einen Kreis, in dessen Mitte zwei starke Krieger miteinander kämpften. Doch nicht die leichte Bekleidung der Kämpfer hatte Isabel innehalten lassen. Auch die Krieger der MacDonalds trainierten an warmen Tagen mit nacktem Oberkörper. Vielmehr hatte der breite, gebräunte
und muskulöse Brustkorb eines ganz bestimmten Mannes ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Rory MacLeod bildete im wörtlichen wie auch übertragenen Sinne des Wortes den Mittelpunkt
Weitere Kostenlose Bücher