Mein ungezähmter Highlander
im Bauch gehabt, so als vermisse sie seine wohltuende Nähe. Irgendwie war ihr plötzlich klar gewesen, dass er neben ihr geschlafen hatte. Und die tiefe Kuhle im Bett neben ihr hatte es bestätigt.
Isabel war sich nicht sicher, ob sie über seine fehlende Aufmerksamkeit wütend oder enttäuscht sein sollte. Wahrscheinlich waren beide Gefühle angebracht. Doch das Schlimmste war, dass sie gar keinen Grund hatte, um wirklich böse zu sein; denn er behandelte sie stets mit tadelloser Höflichkeit. Wenn man an die Geschichte ihrer beiden Clans und seine Beziehung zu Sleat dachte, dann hätte es viel schlimmer sein können. Aber warum war sie dann so enttäuscht? Weil er nicht, wie von ihrem Onkel gehofft, beim ersten Blick völlig betört vor ihr niedergesunken war? Jetzt, wo sie ihn kennen gelernt hatte, war diese Vorstellung so albern, dass sie allein bei der Vorstellung lachen musste. Ja, der Grund für ihre Enttäuschung sollte sein, dass sie der Erfüllung des Vorhabens nicht näher gekommen war, doch das war nur die halbe Wahrheit.
Was sie am allermeisten ärgerte, war ihre fehlende Gelassenheit. Je mehr sie über ihn erfuhr und je mehr sie ihn beobachtete, desto mehr kam Isabel zu der Überzeugung, dass der MacLeod anders war als alle Menschen, die sie bisher kennen gelernt hatte. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, und sie bewunderte ihn. Und es schmerzte zu erkennen, dass sie ihn überhaupt nicht zu beeindrucken schien.
Er ging ihr nicht nur nachts aus dem Weg, sondern auch am Tage. Wenn sie ihm zufällig einmal begegnete, dann wechselte er ein paar höfliche Worte mit ihr, um dann so schnell wie möglich wieder seines Weges zu gehen.
Für ihre Suche war es nicht gerade förderlich, dass sie den ganzen Tag allein verbrachte. Es war nur allzu deutlich geworden, dass sie es alleine nicht schaffen würde. Die einzige Möglichkeit bestand darin, dass er sich ihr anvertraute. Sie musste ihr Hauptaugenmerk jetzt darauf richten, sein Vertrauen zu gewinnen. Doch wie sollte sie das schaffen, wenn er doch so entschlossen schien, Distanz zwischen ihnen zu wahren?
Tatsächlich fühlte sich Isabel weniger als Ehefrau denn als Gast, der bald wieder abreisen würde. Wenn es irgendeine Hoffnung auf Erfolg geben sollte, dann musste sich ihre Rolle auf Dunvegan ändern. So schnell wie möglich musste sie das Regiment über den Haushalt übernehmen, und sich nun endlich die Schlüssel geben lassen, die er versäumt hatte, ihr wie sonst üblich nach der Trauungszeremonie zu überreichen. Sie zwirbelte eine lange Strähne ihres seidigen Haares zwischen den Fingern, während sie auf der Bettkante saß und nachdachte. Irgendwie musste sie Teil seines Lebens werden, ob er es nun wollte oder nicht.
Sie sah sich in dem kargen, männlichen Zimmer um.
Wo sollte sie anfangen, wenn nicht hier?
Sie würde Rory um Erlaubnis bitten, dem Raum eine weibliche Note geben zu dürfen. Und vielleicht konnte sie bei der Gelegenheit auf die Schlüssel zu sprechen kommen, die ihr als Herrin des Hauses jetzt zustanden.
Als Isabel sich erhob, spürte sie endlich wieder Entschlossenheit in sich aufkeimen. Sogleich ging sie zur Tür. Sie hatte jedes Recht darauf, ihn zu fragen. Schließlich war sie die Herrin des Hauses, auch wenn keiner sie so behandelte.
Sie war noch nicht einmal zwei Schritte den Korridor entlanggegangen, als sie, wie nicht anders zu erwarten, hinter sich eine Stimme hörte.
»Guten Tag, Herrin. Kann ich Euch behilflich sein?«
Seitdem sie in den Feenturm gezogen war, schien sie beobachtet zu werden, sobald sie das Zimmer verließ. Als sie sich umdrehte, sah sie Deidre direkt hinter sich. Deidre war von kleiner, rundlicher Statur und hatte so weißes Haar, dass man glauben konnte, es wäre schon immer so gewesen. Seit Isabels erstem Morgen an diesem trostlosen Ort war Deidre eine der wenigen Personen gewesen, die sie ins Herz geschlossen hatte. Außer ihr gab es nur drei weitere Menschen, die sie mochte: Calum, den Koch, Alex und natürlich Bessie.
Mit dem mürrischen alten Koch hatte sie sich anfangs nur angefreundet, um einen Grund zu haben, sich in der Nähe der Küche aufzuhalten. Doch dann war sie immer wieder in die Küche zurückgekehrt, aber nicht nur, um dort nach dem Feenbanner und dem geheimen Zugang zu suchen. Sie fühlte sich einfach wohl bei Bessie, Deidre und Calum. Sie war daran gewöhnt, ihre Zeit mit dem Hauspersonal zu verbringen. Bevor sie an den Hof des Königs gekommen war, hatte sie nichts anderes
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