Mein ungezähmtes Herz
Larkins wird sich doch nicht nur auf diesen einen Mann verlassen, oder?«, fragte Daniel.
»Nein. Wenn sich die Gelegenheit ergibt, eine Geisel zu nehmen – die Lady zum Beispiel –, wird er sie ergreifen. Und falls er aus irgendeinem Grund zu dem Schluss gelangt, dass der Brief für uns unerreichbar geworden ist, egal, was wir anstellen, wird er Delborough über die Klinge springen lassen.« Roderick lief weiter hin und her.
»Wir warten ab und schlagen nur zu, wenn sie sich eine
Blöße geben – das ist im Grunde genau das, was Delborough von uns erwartet, so bleibt er auf Angriffe von außen konzentriert und denkt nicht an einen Spion in den eigenen Reihen.«
»M’wallah hat mir erzählt, dass Larkins unsere Leute aus dem Spiel hält«, bemerkte Alex und wartete auf eine Erklärung.
Roderick nickte.
»Solange wir noch unterbesetzt sind und darauf warten, dass der Rest unserer Streitkräfte eintrifft, ist es meiner Meinung nach das Beste, wenn Larkins, wann immer es möglich ist, Einheimische anheuert statt unsere Leute in Gefahr zu bringen.«
Alex lächelte.
»Ein großartiger Schachzug.« Meistens zahlte es sich aus, wenn man Roderick zu seinen guten Ideen gratulierte.
»Also, wo verstecken sich unsere weit gereisten Assassinen?«
»In allen Häfen an der Süd- und Ostküste, bis hinauf nach Whitby. In jeder Gruppe gibt es einen, der zum Attentäter bestimmt ist, und selbstverständlich haben wir Häscher auf die drei anderen angesetzt. Da angesichts der unterschiedlichen Routen nicht vorherzusagen ist, in welchem englischen Hafen sie jeweils anlanden werden, habe ich für den Fall, dass sie es lebend und im Besitz der Briefrollen bis zu einem der kontinentalen Abfahrtshäfen schaffen, befohlen, dass uns sofort Bescheid gegeben wird.« Roderick schaute erst zu Daniel, dann zu Alex hinüber.
»Auf diese Weise sind wir gewarnt und haben Zeit genug, ihnen einen passenden Empfang zu bereiten.«
»Was uns bei Delborough allerdings missglückt ist«, bemerkte Alex kühl.
»Als Delborough angekommen ist, waren wir noch zu wenige, aber da wir einen Mann bei ihm eingeschmuggelt haben und der gute Colonel mit dieser geheimnisvollen Lady in London seine Zeit vertrödelt, werden wir bald zum Ziel kommen.« Roderick hielt inne und sah noch einmal zu Daniel und Alex hinüber.
»Auch wenn wir die vier Briefe erbeuten, sollten wir sicherstellen, dass die Kuriere – und zwar alle vier – nicht ungeschoren davonkommen.«
Alex lächelte kalt, ein Anblick, der das Blut in den Adern gefrieren ließ.
»Ganz deiner Meinung. Wir wollen doch nicht, dass irgendjemand glaubt, wir hätten keinen Biss mehr.«
3
13. Dezember Grillon’s Hotel
Zum Frühstück trafen sie sich wieder im Salon. Deliah musste zugeben, dass die Suite, wie Del offenbar vorausgesehen hatte, einen entscheidenden Vorteil bot. Sie konnten sich mit Tony und Gervase besprechen, ohne in der Öffentlichkeit mit ihrer geheimen Leibwache gesehen zu werden.
Schnell hatten sie das Programm für den Tag zusammengestellt.
»Einige von Gasthorpes Leuten helfen uns«, berichtete Gervase, »also wundert euch nicht, wenn sie in ein eventuelles Handgemenge eingreifen.«
»Aber woran sollen wir sie erkennen?«, fragte Deliah.
»Sie kämpfen auf unserer Seite«, sagte Tony.
Deliah schien die passende Antwort schon auf der Zunge zu liegen, deshalb sprach Gervase hastig weiter.
»Außerdem hat Gasthorpe eine Nachricht geschickt – eine Botschaft von Royce.« Er nickte Del zu.
»Du bist als Erster in der Heimat angekommen, aber Hamilton hat Boulogne erreicht – er wird wohl in den nächsten Tagen übersetzen.«
»Das ist eine gute Nachricht.« Del war sehr erleichtert, dass Gareth bislang nichts zugestoßen war.
»Soweit wir wissen, ist dafür gesorgt, dass er in Empfang genommen wird, sobald er einen Fuß an Land setzt, doch wie üblich hat Royce nicht erwähnt, wo das sein wird.« Gervase lächelte resigniert. Del und Tony ebenso.
Deliah fragte:
»Hat Ihr Anführer Ihnen sonst noch etwas mitgeteilt?«
Gervase schob seinen leeren Teller beiseite.
»Nur, dass wir weitermachen sollen wie geplant, damit die Sektenanhänger nach London gelockt werden.« Er sah Del an.
»Ist der Brief in Sicherheit?«
Del nickte.
»Unter ständiger Bewachung.«
»Also dann.« Tony erhob sich, reichte Deliah die Hand und half ihr galant auf die Beine.
»Lassen Sie uns gehen. Unser erstes Ziel ist die Bond Street.«
»Es ist Jahre her, dass ich hier war«, sagte
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