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Mein Vater der Kater

Mein Vater der Kater

Titel: Mein Vater der Kater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Slesar
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dienen.
    »Hubert!« rief Lady Ortinby bei seinem Anblick. »Du bist mir gefolgt!«
    »Ja«, bellte er und schien im Begriff, mit diesem Knüppel von einem Spazierstock auf ihre zerbrechliche weiße Stirn einzuschlagen. »Das also ist deine Freundin, mit der du dich heute nachmittag treffen wolltest!«
    Ich trat schnell zwischen die beiden.
    »Sie tun Ihrer Frau Unrecht, Lord Ortinby. Wenn sie Sie angelogen hat, dann nur aus Angst davor, Ihr Mißfallen zu erregen. Was sie zu mir gerührt hat, ist rein geschäftlicher Natur.«
    »Geschäftlich!« brüllte er, und seine Hängebacken liefen puterrot an. »Ich werde Ihnen was husten, von wegen geschäftlich, Sie Schakal! Ich lasse Sie einsperren –«
    »Sie werden nichts dergleichen tun!«
    Der schneidende Ton meiner Worte brachte ihn zur Vernunft, und sein Zorn legte sich.
    »Nein, Lord Ortinby«, sagte ich eisig, »Sie werden Ihr Amt als stellvertretender Chef des Yard nicht noch einmal mißbrauchen. Sie haben genug Schaden angerichtet.«
    »Amt mißbraucht?« sagte er barsch. »Sir, Sie wagen es –«
    »Was wollen Sie damit sagen?« stieß Lady Ortinby hervor.
    »Das ist alles sehr einfach, meine Verehrteste. Ein Blick auf den Umschlag hat mir sofort die trostlose Wahrheit verraten. Er trägt einen Datumsstempel, wie ihn im allgemeinen die Mitarbeiter des Yard benutzen, wenn sie Beweismaterial zugeschickt bekommen haben. Dieser Brief ist Ihnen durch die Polizei zugestellt worden.«
    »Aber das ist doch ganz unmöglich!«
    »Leider nein. Der Yard hat offensichtlich einen Burschen inhaftiert, in dessen Besitz sich diese Briefe befanden. Im Verlauf der Untersuchungen landeten diese dann auf dem Schreibtisch Ihres Gatten. Seine krankhafte Eifersucht hat ihn dazu getrieben, Sie mit den Briefen zu quälen. Lady Ortinby, Ihr Erpresser steht dort vor Ihnen.«
    »Sie Teufel!« schrie Lord Ortinby. Der löwenköpfige Stock blitzte auf und fuhr in silbernem Bogen durch die Luft. Ich konnte dem mörderischen Hieb, der mein Schlüsselbein traf und es zweifellos zertrümmerte, nicht ausweichen. Ich sah in die Augen eines Berserkers, als Lord Ortinby den Stock erneut hob und auf meinen Schädel niedersausen ließ. Obwohl ich schon das Bewußtsein zu verlieren begann, wußte ich, daß dieser Verrückte erst Ruhe geben würde, wenn er auch noch die letzte Lebensregung aus meinem Körper geprügelt hatte.
    Ich sah die Zimmerdecke und wußte, daß ich auf meinem Sofa lag. Lord und Lady Ortinby waren fort. Ich versuchte, aus dem Zustand des Zimmers auf das zu schließen, was vorgefallen war. Ich registrierte, daß ich ganz und gar unfähig war, irgendeine intelligente Überlegung anzustellen, und dann fiel mir auch wieder ein, daß ich ein zu hundert Prozent in New Jersey geborener Amerikaner war – wieso, zum Teufel, dachte ich mit englischem Akzent? Ich schob mich in eine sitzende Stellung hoch und entdeckte, daß mir ein Amboß in den Kopf implantiert worden war. Trotzdem stand ich auf und ging zum Schreibtisch. Zum Glück fand ich meinen Notizblock aufgeschlagen und den Bogen mit Franks krakeliger, netter Schrift vollgeschrieben.
    Hai,
    kam um 9.20 Uhr und fand dich im Schreibtischstuhl sitzend offensichtlich im Koma. Nach Lektüre deiner Notizen habe ich versucht dich mit einer Meprobamate-Spritze wieder zu dir zu bringen, weil ich mich entsann, daß es bei anderen Halluzigenen als Gegenmittel sehr wirksam gewesen war – aber Ergebnis negativ. Hai was für ein verrückter Kraftakt! Du mußt die Gefahr der Droge doch gekannt haben, nach dem Tod der Hamster. Wie konntest du nur so blöd sein?! Bin ins Labor, um zu versuchen irgendwas Wirksames zu finden. Wenn du es schaffst, ruf mich dort an.
    Frank
    Die Finger meiner rechten Hand fühlten sich an, als wären sie aus Blei, aber es gelang mir am Ende doch, die Nummer zu wählen. Es dauerte eine Weile, bis Frank abhob, und ich wußte, daß er auf konzentrierteste Weise mit Retorten und Mikroskop beschäftigt gewesen war. Dann sprach er, aber statt der Erleichterung, die ich in seiner Stimme zu hören gehofft hatte, war da nur Angst, j a, sogar Hysterie.
    »Hai!« sagte er. »Dem Himmel sei Dank... ich hatte gehofft –« Er gab ein Geräusch von sich, als schnappe er nach Luft. »Du mußt unbedingt sofort herkommen, Hai. Dieser gelbe Pilz –«
    »Der was? Was ist los, Frank?«
    »Der Pilz ist von dem Meteoriten abgeschabt worden. Er breitet sich aus, Hai. Hängt sich... an alles! Jetzt an meine Beine... meinen Arm...

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