Mein Vater der Kater
wuchert...«
Es gab ein Gepolter und eine Folge von bedeutungslosen – nein, Gott steh mir bei, nur zu bedeutungsvollen – Geräuschen. Der stille, sanfte Frank, der nie die Stimme erhob, schrie. Er schrie!
Ich warf den Hörer auf die Gabel und schnappte mir meinen Mantel. Einem Impuls folgend, holte ich den Armeerevolver, den ich unberührt in einer Schreibtischschublade liegen hatte, und schob ihn mir in den Hosenbund. Dann lief ich los.
Als ich auf die Straße hinaus kam, verbreitete die Untertasse, die seit elf Tagen über der Stadt schwebte, eine Dunkelheit, die meine düstere Stimmung und das Gefühl drohenden Unheils noch verstärkte. Es erschien mir jetzt seltsam, daß Frank und ich den Meteoriten nie mit diesem bedrohlichen Schatten in Verbindung gebracht hatten. Als er am Himmel erschienen war und bei der Bevölkerung unvernünftige Panik und wilde Spekulationen über einen russischen Angriff, eine Invasion aus dem All und dergleichen ausgelöst hatte, waren wir wie alle wissenschaftlich geschulten Skeptiker der Ansicht gewesen, daß es sich lediglich um ein meteorologisches Phänomen, um eine Art atmosphärischer Spiegelung handele. Teleskope hatten das Geheimnis nicht zu lüften vermocht, und Flugzeuge, die für große Höhen ausgelegt waren, hatten es nicht erreichen können. Dann hatte man den seltsamen, wie ein geschliffener Diamant geformten Meteoriten entdeckt, und Frank war fest entschlossen gewesen, dessen gelben Pilz zu erforschen. War ihm das gelungen? Und vielleicht viel zu gut?
Ich winkte ein Taxi heran und nannte dem Fahrer kurz Straße und Hausnummer. Wir waren gerade erst ein paar hundert Meter weit gekommen, da bog er plötzlich in eine Straße ab, in der es der Schatten der Untertasse fast Nacht sein ließ.
»He!« rief ich. »Hier geht es nicht zur Fourth Street –«
»Mister, ich –« Der Fahrer wandte sich mit gequältem Gesichtsausdruck zu mir um, und seine Finger am Steuer waren ganz weiß. »Ich kann nichts dafür. Ich habe keine Kontrolle mehr über diese Karre.«
Ich hörte das Gejaule des Taxifahrers, als er vergeblich versuchte, sein dahinrasendes Fahrzeug anzuhalten, und machte mich auf einen Zusammenstoß gefaßt. Mit dem, was dann folgte, hätte ich nie gerechnet. Das Taxi hob vom Boden ab! Es wurde wie von einer Riesenhand – und von einer unachtsamen obendrein – in die Luft gehoben. Ich wurde zur Seite geschleudert, der Taxifahrer ebenfalls zur anderen, aber meine Tür hielt stand, seine nicht. Ich hörte seinen Angstschrei, als er sich am Türgriff festklammerte, aber der Riese, der uns im Griff hatte, schüttelte ihn herunter und ins Nichts, während er gleichzeitig mich in die Bewußtlosigkeit hämmerte.
Als ich die Augen wieder öffnete, wünschte ich, es unterlassen zu haben. Ich hatte einen schwebenden Fleischballon vor mir, dessen Anblick mir fast den Magen umdrehte und den Verstand raubte. Er pendelte hypnotisierend hin und her, wobei mich sein einziges rotgeädertes und lidloses Auge mit starrem Blick fixierte und die faserigen, leberfarbenen Anhängsel wie von einer Brise bewegt von dem Ding herabbaumelten. Ich wandte mich ab und erblickte jetzt die funkelnde Vielzahl kompliziert aussehender Apparate. Ich versuchte, mich zu bewegen, und mußte feststellen, daß ich in einer Art Stuhl aus irgendeiner schwammigen Substanz gefangen saß. Nur meine Hände waren frei. Ohne lange nachdenken zu müssen, wußte ich, wo ich war und was mir bevorstand. Ich befand mich im Inneren des Raumschiffs, das die Erde verdunkelte, und ich saß dem Sprecher der fremden Rasse gegenüber, die das Schiff dorthin manövriert hatte.
»Sprich«, sagte eine Stimme in meinem Kopf. »Ich werde dich verstehen. Ich bin Juschru, der Aufseher. Dein Kopf steckt voller Fragen, und es ist mein Wille, sie zu beantworten.«
»Mein Freund!« keuchte ich, irgendwie sicher, daß dem Wesen Franks Schicksal bekannt war. »Was ist aus ihm geworden?«
»Das Flikkari hat ihn bedeckt«, sagte die Stimme, »wie das Flikkari bald alles bedecken wird. Wir schätzen, etwa in zwei Lunarperioden. Ich sehe deine nächste Frage voraus. Was ist das Flikkari?«
»Ja«, sagte ich und bemühte mich, an nichts zu denken – nicht an Frank, nicht an die Erde, an gar nichts.
»Das Flikkari ist ein Enzym«, beantwortete Juschru, der Aufseher, meine unausgesprochene Frage. »Es ist das Reinigungsmittel, mit dem wir euren Planeten von seinem unerwünschten Leben und Blattwerk säubern und befreien werden.
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