Mein verruchter Marquess
einem der Dienstboten schicken. Er soll dir Tee bringen."
„Sie sind alle zu nichts nütze." Penelope schniefte. „Na schön."
Daphne erkannte, dass ihr Vater jeden Augenblick das Zimmer verlassen konnte, und huschte in ihr eigenes ein paar Türen weiter. Es war ihr peinlich, das Gespräch mitangehört zu haben, und sie wartete, bis er vorbeigegangen war. Schließlich wollte sie sich nicht vorwerfen lassen, spioniert zu haben.
Dann lehnte sie die Stirn an die geschlossene Tür und überlegte, was von Penelopes Behauptungen zu halten war, dass ihnen das Geld knapp wurde.
Sie wusste, dass ihr Vater Geld verloren hatte bei dem großen Börsenkrach, der London nach der Schlacht bei Waterloo überrascht hatte, aber er wurde nicht müde zu beteuern, dass alles in Ordnung sei. Warum also fühlte sie sich schuldig?
Wenn ihr Vater seiner Familie die Lage nicht ehrlich schilderte, was sollte sie dann tun? Seine Gedanken lesen? Er war ihr Vater, und sie war dazu erzogen worden, sein Wort als Gesetz anzusehen. Wenn er sagte, alles sei in Ordnung, dann würde sie ihm das glauben.
Falls es nicht stimmte und es ein Problem gab, dann sollte er das offen aussprechen. Er weiß, dass ich solche Spiele nicht spiele.
Jedenfalls war es kein großes Geheimnis, wen sie zu heiraten beabsichtigte - Jonathon White, ihren besten Freund -
, sobald sie dazu bereit war, doch keinen Augenblick früher.
Jono und sie waren von Kindesbeinen an so unzertrennlich wie die beiden Willies. Nun, da sie beide erwachsen waren, stellte sich zwar heraus, dass Jono sich ein bisschen zu sehr für Mode interessierte und vermutlich selbst zu seiner eigenen Hinrichtung noch zu spät kommen würde, aber er war immer umgänglich, ein gut aussehender Bursche mit hervorragenden Manieren und einem sicheren Gefühl für Stil. Genau wie Daphnes Vater würde er sich niemals duellieren.
Darüber hinaus war er viel zu klug, um auch nur zu versuchen, Daphne Starling vorzuschreiben, was sie tun sollte.
Im Gegenteil, er war immer damit zufrieden gewesen, auf sie zu hören und ihren weitaus klügeren Anweisungen zu folgen, seit sie fünf Jahre alt gewesen waren.
Und vor allem wusste Jono, anders als Albert, dass sie ein menschliches Wesen war. Er behandelte sie mit Respekt, und als Gegenleistung vertraute sie ihm vollkommen. Sie waren wie Pech und Schwefel.
In der letzten Zeit allerdings hatte sie etwas Abstand zu Jono gehalten, damit er nicht in die Schussbahn der Gebrüder Carew geriet.
Seufzend drehte sie sich um und lehnte sich mit dem Rücken an die Tür. Sofort fiel ihr Blick auf ihr prächtiges neues Ballkleid, das an der gegenüberliegenden Wand an ihrer Schranktür hing.
Sie sah es eine ganze Weile an.
Das Kleid war gerade mit den letzten Änderungen aus dem Laden der Modistin gekommen. Der Anblick erinnerte sie sofort an die bevorstehende Konfrontation mit Albert.
Beim Edgecombe-Ball am nächsten Tag würden sie sich zum ersten Mal, nachdem sie seinen Antrag abgelehnt hatte, wieder öffentlich gegenübertreten.
Sie wusste aus sicherer Quelle, dass er dort sein würde. Daphne hatte vor, ein Wörtchen mit ihm zu reden und hoffentlich damit unterbinden zu können, dass er gegen ihren guten Namen vorging. Darauf freute sie sich nicht gerade.
Es war nicht ihre Art, sich in hässliche öffentliche Auseinandersetzungen mit irgendwem verwickeln zu lassen, aber was zu viel war, war zu viel.
Er machte sich dabei selbst zum Narren, und wie sollte sie sich seiner Meinung nach denn verhalten?
Sie hatte ihr Bestes versucht, die Enttäuschung für ihn erträglich zu machen. Aus reiner Höflichkeit und Zurückhaltung war sie zwei Wochen lang nicht in der Gesellschaft erschienen nach seinem überaus peinlichen Antrag.
Der abscheuliche Kerl hatte sie während der ganzen Zeit kein einziges Mal angesehen, sondern sich selbst in dem Spiegel beobachtet, der hinter dem Sofa hing, auf dem sie saß, und sich zugelächelt, ihm, dem goldhaarigen Schönling.
Als er versucht hatte, sie zu küssen, wäre es Daphne um ein Haar übel geworden, aber irgendwie war es ihr gelungen, die Worte zu finden, mit denen sie diese große Ehre ablehnte. Er hatte es nicht gut aufgenommen.
Vielmehr hatte er gesagt, sie würde es noch bereuen, ehe er hinausstürmte.
Danach hatte sie es vermieden, ihm in der Stadt über den Weg zu laufen. Aber jetzt würde sie nicht länger hinnehmen, dass er alles daransetzte, die Leute gegen sie aufzustacheln.
Und falls der kommende Abend zu einem Kampf
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