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Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis

Titel: Mein Weg - Ein politisches Bekenntnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Chodorkowski
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Lösung für das Problem vor, wegen der konkreten Beträge würden sie sich aber selbst zusammensetzen und entscheiden. Wir haben gemeinsam überlegt, wie viel das ungefähr sein könnte. Dabei kamen wir auf rund 20 bis 25 Milliarden Dollar, unter Berücksichtigung der in den Jahren seit den Pfandauktionen gestiegenen Kapitalisierung der Unternehmen. Ich sagte, ich wäre einverstanden und würde diese Idee unterstützen. Es ging nicht um Steuern in irgendeiner Form, sondern um eine einmalige Einzahlung von Geldern in einen Sonderfonds, der für staatliche Zwecke ausgegeben wird, nicht im Rahmen des Haushalts, sondern nach Einzelentscheidungen. Chodorkowski sagte, die Unternehmer säßen gern mit im Aufsichtsrat und würden sich auch gern an den Diskussionen beteiligen und an den Entscheidungen zur Verwendung der Mittel aus dem Fonds mitwirken.
    Wir besprachen alles. Sein Papier nahm ich an mich. Alles, was dort stand, war einfach und konkret: Dass ein Fonds eingerichtet werden sollte, in den diejenigen, die an der Privatisierung beteiligt waren, Geld einzahlen würden, und dass dieses Geld für staatliche Zwecke ausgegeben werden sollte.
    Ein paar Tage später ging ich mit diesem Papier zu Putin. Das war schließlich keine rein finanzielle oder wirtschaftliche Geschichte, sondern auch eine politische Angelegenheit. Ich sagte Putin, dass ich die Idee richtig fände, dass sie gut sei, um im Land mehr Stabilität zu schaffen, mehr ausländisches Kapital anzulocken und für mehr Investitionen und einen Zuwachs an Vertrauen uns gegenüber zu sorgen. Ich sagte, es sei an der Zeit, das Thema abzuschließen und das sei eine gute Methode, es würde gutes Geld eingezahlt werden und das wäre hilfreich für die Reformen, die wir angeschoben hatten.
    Putin hörte sich das an, warf einen Blick auf das Papier und sagte: ›Na gut, ich werde mir das genau ansehen.‹ Dann zog er eine Schublade aus seinem Schreibtisch und legte das Papier hinein. Etwa einen Monat später erinnerte ich ihn an unser Gespräch. Er sagte etwas wie er habe noch keine Zeit gehabt. Da wusste ich, dass er über dieses Thema nicht reden wollte.
    Inzwischen ist mir, nach allem was danach kam, natürlich völlig klar, dass er in dieser schwebenden, ungeklärten Frage einen Mechanismus sah, um alle an der kurzen Leine zu halten. Ein Jahr später begann die Verfolgung von Chodorkowski und Yukos. Und spätestens im Herbst 2004 gab es für mich keine Zweifel mehr, dass das alles Glieder einer Kette waren, dass die einzelnen Schritte, einschließlich Chodorkowskis Verhaftung, keine spontanen Aktionen und Fehlgriffe waren, sondern dass Putins Vorgehen einer Logik folgte. Zu dieser Logik gehörte, dass alle unabhängigen politischen Kräfte aus dem politischen Raum verdrängt wurden. Ich glaube, dass er planvoll handelte und dass ihm sehr wohl bewusst war, welche Konsequenzen das von Chodorkowski vorgeschlagene Gesetz haben konnte. […] Aus meiner Sicht wären das positive Konsequenzen für das Land und für die Business-Community gewesen, aus seiner Sicht aber nicht. Sie können davon ausgehen, dass er damals seine Strategie gegenüber den Oligarchen formuliert hat: sie am Haken lassen, damit sie sich nicht rühren können, damit sie ihm für immer verpflichtet sind und für immer die Bösen bleiben.
    Natürlich hatte er Angst vor ihrem Geld, er hatte Angst, sie könnten andere politische Kräfte unterstützen, sie könnten plötzlich nicht mehr steuerbar sein – Menschen mit viel Geld, die sich nicht steuern lassen, sind eine große Gefahr für ihn.«
    Das Jahr 2002 wurde ein sehr gutes Jahr für Yukos. Ebenso gut waren die Aussichten für 2003, das Jahr, das mit den Verhandlungen über eine Fusion von Yukos und Sibneft begann.
    Michail Chodorkowski: »2002 und 2003 waren die Jahre, in denen die Erkundung und Erschließung Ostsibiriens (in Jakutien und im Ewenken-Gebiet) begannen, in denen wir nach Kasachstan und ins Schwarze Meer vorstießen, und in denen die Planungen für eine umfassende Erschließung der Erdöl- und Erdgasvorkommen in Ostsibirien und der Arktis anliefen. Wir nahmen drei neue Forschungszentren (zwei in Moskau und eines in Tomsk) und zwei Weiterbildungs- und Schulungszentren in Betrieb (ebenfalls in Moskau und Tomsk). Und vieles andere mehr.
    Es ist bitter, daran zu denken, wie brutal dieser Aufstieg abgebrochen wurde. Nicht mein eigener, sondern der eines großartigen Unternehmens.«
    149 In den Jahren 2001 und 2002. (Anm. Natalija

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