Mein Weg mit Buddha
Fußangeln gibt es überall. Man tappt leicht hinein. Der Mensch neigt zu dieser speziellen Art Blindheit, denn Fallen präsentieren sich in der Regel ungeheuer attraktiv, verführerisch und prickelnd. Eines Morgens wacht man dann auf und denkt: »Hallo? Wo ist mein Leben hin? Hier läuft irgendetwas ganz eklig falsch.« Aber man klebt wie mit Superkleber an diesem sogenannten Leben fest, und das erschwert den Abflug ungemein! Dennoch ist der erste Schritt geschafft: Man ist aufgewacht (wenn auch unsanft, verkatert, mit dickem Kopf) – und in diesem Erwachen liegt der Neubeginn.
»Die Hand, die etwas loslässt, zeigt auf etwas Neues«, sagte mein lieber Freund R. in einem weniger lustigen Moment meines Lebens, ein altes chinesisches Sprichwort zitierend. Wie ermutigend, wie wahr. Und wie schwer! Loslassen, nicht mehr der kreischenden Stimme im Innenohr zuhören, die ständig plärrt: »Ich will-will-will, ich brauch-brauch-brauch, das muss-muss-muss so sein und nicht anders!«
»Lâcher prise« begegnete mir damals in Paris: »Das Genommene, Festgehaltene loslassen«. 18 Jahre habe ich gebraucht, um dieses Konzept halbwegs zu verstehen und umzusetzen.
Dabei war ich doch schon so gut unterwegs gewesen. »Warum bin ich meinen spirituellen Weg nicht unbeirrt weitergegangen? Wie konnte so etwas passieren?«, frage ich mich. Ich hatte mich doch immer ernsthaft meiner buddhistischen Praxis gewidmet. Mich um gute Ursachen bemüht. Oder? Ich denke schon. Sollte sich das dann aber nicht als positive Wirkung bemerkbar machen? Schließlich hat man mir beigebracht, dass ich durch die Beherzigung dieser Grundsätze von den positiven Kräften des Universums beschützt werde. Heißt es doch: »Die Ausübenden des Lotos-Sutra 2 werden beschützt.«
»Warum bekomme ich andauernd so viele Schwierigkeiten, obwohl ich doch chante wie verrückt?«, stand in dem Brief des Fans, einer praktizierenden Buddhistin.
Tja, vielleicht hatte ich mich selbst einfach zu sehr darauf verlassen, den Buddhismus in meinem Leben zu haben. Wie einen Knirps-Regenschirm, den man für alle Fälle in der Tasche hat. Und wenn es dann plötzlich regnet, wundert man sich, dass man nass wird. »Ich habe doch den Regenschirm dabei?« Doch es nutzt nichts, wenn man ihn in der Tasche hat. Solange wir ihn nicht aufgespannt haben, werden wir nicht beschützt. Vielleicht hatte ich in der Tiefe meines Lebens dem Schutz des aufgespannten Schirmes, sprich der Kraft des Chantens, noch nicht wirklich vertraut. Oder nicht damit gerechnet, dass ich mich in meinem Leben nicht nur in überdachten Malls bewegen würde, sondern auch Felder, Wälder und Wiesen durchqueren musste.
Im Buddhismus geht es um das Urvertrauen, dass wir siegen können, wenn wir es aus tiefstem Herzen wollen, ganz gleich, in welcher Lage wir uns gerade befinden. Das ist das universelle Geheimnis, das Gesetz des Lebens. Es geht um Sieg oder Niederlage. Wir schaffen die Basis für unzerstörbares Glück im Leben, indem wir uns den Herausforderungen stellen. Probleme und Schwierigkeiten lassen uns stark werden, je größer sie sind, umso mehr wachsen wir über uns hinaus. Widrigkeiten sind quasi das Fitnesstraining fürs Leben. Wie bei den Pflanzen, deren Wurzeln tiefer wachsen, wenn sie starkem Wind ausgesetzt sind.
»Na bravo!«, werden Sie, liebe Leser, jetzt sagen, doch ich kann es nicht ändern, es ist einfach so. Hindernisse kann man nur überwinden, nicht umgehen. Ausweichen oder Davonlaufen funktioniert nicht. Theoretisch weiß ich das seit 18 Jahren, die Umsetzung in die Praxis dauerte jedoch etwas länger als geplant. Diese Erfahrung war eine der wichtigsten, die ich machen durfte und musste. Sie war mein persönliches karmisches Thema.
Stopp. Ich stelle gerade fest, dass ich mächtig vorgreife und eigentlich zurückblättern muss. Wie war das noch? Wie fing alles an? Das, was ich heute bin, ist die Summe meiner Ursachen.
Fakt ist: Wenn du die Wirkung des Heute verstehen willst, betrachte die Ursachen, die du gestern gesetzt hast. Richte die Ursachen, die du heute setzt, danach aus, was du morgen als Wirkung erhalten willst. Jede Tat, ob gut oder böse, wird in der Tiefe des Lebens eingraviert und zeigt schließlich die entsprechende gute oder schlechte Wirkung. Der Buddhismus erklärt, dass die Taten unserer vergangenen Existenzen im gegenwärtigen Leben ihre Wirkung zeigen, während unsere gegenwärtigen Taten unsere Zukunft bestimmen. Das Leben ist ewig und das Gesetz von Ursache und
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