Mein Weg zum Herzkind
Sanft streicht sie ihrer Tochter über den Kopf, nimmt sie auf den Arm und herzt sie liebevoll. »Alles Gute zum Geburtstag – kleiner Engel!« Kaum hat Nikita wieder festen Boden unter den Füßen, nimmt sie Nancy bei der Hand, um sie in den Garten zu ziehen. »Mama, Mama, schau mal, hier ist die Nancy gekommen. Sie hat bestimmt noch ein Geschenk für mich.« Natürlich hat sie das. Nancy bringt immer Geschenke mit, wenn sie ihre Tochter besucht. Schließlich liebt sie ihr Kind auf eine ganz eigene Weise.
Als die junge Frau mit Nikita ungewollt von einem »One-Night-Stand« schwanger wird, weiß sie bereits, dass das nicht hätte passieren dürfen. Nancy trägt eine schwere Krankheit in sich. Wie lange sie noch zu leben hat, war nicht klar. Drei Jahre oder zehn – mehr geben ihr die Ärzte auf keinen Fall. Dennoch will Nancy das Kind nicht abtreiben. Sie lässt sich beraten und wählt den Weg der Adoption. Sie wünscht sich aber den Kontakt zu ihrem Kind. Durch die besonders aufgeschlossene Art von Lena und Armin kommt das Jugendamt zu dem Entschluss, die perfekten Eltern für Nikita und die außergewöhnliche Situation
Nancys gefunden zu haben. Bereits in der Schwangerschaft lernen sich die drei kennen. Lena begleitet Nancy sogar zur Entbindung ihrer Tochter und ist zutiefst dankbar für das Vertrauen, das Nancy ihr schenkt. Sie sind Freundinnen geworden.
Nikita wächst mit der Wahrheit auf. Sie wird spielerisch und altersgerecht über ihre Geschichte aufgeklärt und positioniert sich und ihre Familie schon ganz schön alleine. »Lena ist die Mama, und bei Nancy war sie mal im Bauch, weil Mama keine Kinder im Bauch wachsen haben kann.« Nikita hat Nancy lieb und freut sich immer, wenn sie auch mal was mit ihr alleine machen kann. In den Zoo gehen oder auf den Spielplatz. Dass Nancy vielleicht bald schon nicht mehr zu Besuch kommen kann, weiß Nikita noch nicht. Noch kein Thema für ein kleines Mädchen und außerdem macht das die Großen schon traurig genug.
Mehr als nur »inkognito«
Welche Form der Adoption können Sie sich vorstellen? Für Sie als angehende Adoptiveltern eine entscheidende Frage auf dem Weg zu Ihrem Kind.
Die meisten Adoptiveltern wünschen sich von Herzen ein Kind und wollen einfach ein ganz normales Familienleben führen. So wie sie es eben von Freunden und Bekannten, aus der Familie und von Eltern leiblicher Kinder kennen. Machen Sie sich bitte von vornherein klar, dass Sie als Adoptiveltern einen genauso besonderen Status haben wie Ihr Kind. Das heißt nicht zwangsläufig, dass nicht auch ganz normales Familienleben stattfinden
wird. Und es muss auch nicht immer alles analysiert und therapiert werden, aber zu Ihrer Geschichte wird auch immer die Herkunftsfamilie Ihres Kindes gehören. Gemeinsam sind Sie etwas Besonderes.
Für die Antwort auf die Frage nach der Adoptionsform spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Auch die Frage, wie offen Sie mit Ihrer Besonderheit umgehen können und wollen. Wie offen wollen Sie damit Ihrem Kind und Ihrer Umwelt gegenüber sein? Interesse an seinen Wurzeln, an seiner Herkunft wird Ihr Kind auch bei völligem Verschweigen seiner Geschichte bekommen. Da sind einfach unerklärbare Energien und Verbindungen vorhanden, die niemand totschweigen darf. Ich kenne Fälle, da fühlten sich Kinder falsch in ihren Familien, fehl am Platz, obwohl die Adoptiveltern alles Erdenkliche für ihr Kind taten – außer ihm die Wahrheit über seine Herkunft zu erzählen. Da gab es Identitätskrisen und die Suche nach dem eigenen Ich, obwohl die Kinder wohlbehütet in ihrer neuen Familie lebten – bis eben dann die Wahrheit ans Licht kam. Das sorgt natürlich erst mal für Entzweiung und Distanz, aber am Ende führt es hoffentlich zu einem »Sich finden«. Eine Lebenslüge sollten Sie Ihrem Kind nicht antun, wenn Sie es lieben. Lassen Sie es mit der Wahrheit heranwachsen, dann gehört die Herkunftsfamilie mit zur Normalität. Inwieweit Sie einen Kontakt zur abgebenden Seite zulassen wollen, liegt an Ihnen. Wie bereits oben erwähnt, spielen auch andere Faktoren dabei eine Rolle. Es liegt nicht nur in Ihrer Toleranz und Nächstenliebe. Manchmal möchte eine leibliche Mutter vergessen, möchte sich vom Schmerz distanzieren, kann aus persönlichen Gründen den Kontakt zum Kind nicht pflegen. Manchmal braucht es einfach Zeit. Jede Adoption hat
ihre eigene Geschichte. Hier geht es um Menschen, Gefühle und Schicksale, die zusammenfließen. Es gibt Fälle, in denen eine
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