Mein wildes rotes Herz
packte sie, küsste sie hart auf den Mund, sagte etwas in seiner Muttersprache und griff nach dem Paddel. »Jetzt, Edward.«
Es ging so schnell, dass Caroline sich nicht erinnerte, wie sie aus dem Kanu geklettert war. Eben griff sie noch nach Wolf, gleich darauflag sie flach hinter einem Felsen, und er war verschwunden.
»Lieg still«, sagte ihr Bruder, aber dennoch hob sie den Kopf und sah die Kanus, die Wolf verfolgten. Sie waren anscheinend auf seinen Trick hereingefallen, denn keiner warf auch nur einen Blick zu ihnen ans Ufer. Beide Kanus folgten weiter Wolf.
»Wo willst du hin?« Edward ergriff ihr Handgelenk und riss sie zurück. »Raff hat gesagt, wir sollen hier bleiben, bis es dunkel wird.«
Caroline riss sich los. »Ich sitze nicht hier, während sie ihn fangen. Sie sind ihm dicht auf den Fersen, weil er uns gerettet hat.«
»Aber er hat gesagt -«
»Es ist mir egal, was er gesagt hat. Ich folge ihm.« Sie stand auf. »Du kannst ja hier bleiben, wenn du willst. Ich glaube, du findest von hier zum Fort.« Ohne auf seine Antwort zu warten, hob sie die Böcke und rannte am Ufer entlang. Erst als sie Geräusche hörte, wusste sie, dass ihr Bruder ihr folgte.
»Ich gehe nicht zurück!«, rief sie, ohne sich umzudrehen.
»Darum bitte ich dich auch gar nicht!« Edward holte sie ein. »Sag mir nur, was zum Teufel wir tun sollen, falls wir ihn einholen?«
»Ich weiß es nicht, Neddy.« Caroline wischte sich das Haar aus dem Gesicht. »Ich weiß es nicht.«
Kurz vor dem Dunkelwerden sah sie den Rauch über den Bäumen. Wortlos gab sie Ned ein Zeichen.
»Was glaubst du hat das zu bedeuten?«, flüsterte Ned. Er beugte sich vor und schöpfte Atem.
»Ich weiß, dass das nicht Raff ist. Er würde sich nie auf diese Weise verraten.«
»Dann denkst du, dass es die Cherokesen sind?«
Ned richtete sich auf und sah seine Schwester gespannt an.
»Das werden wir herausfinden.«
»Himmel, Caro.« Edward eilte hinter ihr her. »Was nützt es Raff... oder uns, wenn du in ihr Lager gehst ? Wir haben keine Waffen.« Verzweifelt warf er die Hände in die Luft. »Wir haben gar nichts.«
»Ich habe nicht gesagt, dass wir in ihr Lager gehen. Aber sie werden nur deshalb Feuer machen, weil sie Raff gefangen haben. Wegen der Waffen ...« Sie schwieg unentschieden. »Uns wird schon etwas einfallen«, sagte sie dann, während sie unbeirrt weiter auf den Rauch zuging.
»Das ist verrückt.«
»Schsch.« Caroline sah zu Edward hinüber und legte den Finger auf die Lippen, als sie sich nahe des Lagers hinter ein paar Steine duckten. Sie waren weit genug weg, um im Schatten zu verschwinden ... hoffte sie. Sie hoffte auch, dass die Indianer nicht damit rechneten, dass sie sich an sie heranschlichen. Sie hatten keine Wachen gesehen, außer der, die den Gefangenen bewachte.
Sie hatten Wolf an eine Birke gebunden. Im Feuerschein sah Caroline, dass sie die Rinde abgezogen und den Baum schwarz und rot bemalt hatten, was einen unheimlichen Hintergrund für den Gefangenen abgab. Wolf war mit den Händen an den Baum gefesselt und trug Fußfesseln. Bis auf seinen Lendenschurz war er nackt.
»Er ist verletzt.«
»Ich weiß«, flüsterte Caroline. Das hatte sie sofort voller Schmerz gesehen.
»Was sollen wir tun?«
Caroline holte tief Luft. »Lass mich überlegen.«
»Na, wie fühlst du dich jetzt, Wa'ya? Du bist alleine, ohne deine englischen Wachhunde und im Angesicht des Todes.«
Wolf sah Tal-tsuska an, sagte aber nichts. Wenn er sterben sollte, dann wenigstens stolz.
»Na, nichts zu sagen? Wo du doch vor dem Rat immer so beredt warst? So um einen Kompromiss bemüht?« Tal-tsuska wölbte die Brust und schritt vor Wolf auf und ab. Auch er trug trotz der Kälte nur einen Lendenschurz. Sein Gesicht war mit Farbe bemalt.
»Dieser Krieg wird den Cherokesen nichts Gutes bringen«, erklärte Wolf. »Am Anfang gewinnt ihr vielleicht, aber dann werdet ihr zerstört werden.«
»Wie du prophezeit hast ... oder gehofft?« Tal-tsuska kam näher und sah Wolf an.
»Das weißt du besser«, gab Wolf zurück und hielt dem Blick stand, bis Tal-tsuska seinen senkte.
»Die Engländer sind Gift, sie sind gekommen, um uns mit ihrer Gier und ihren Krankheiten zu vernichten.«
»Die Gier ist ohne Zweifel da ...«
»Und die Krankheiten! Denk an meine Frau und meine Kinder ...« Er zog ein Messer. »Sieh mich an!« Er hielt das Messer drohend nahe an Wolfs Gesicht und schnitt sich dann damit selbst in den Daumen. Eine dünne rote Linie
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