Mein Wille geschehe
wirklich.«
»Das hätte ich nie für möglich gehalten.« Sie lä-
chelte. »Ich liebe dich, Sam«, sagte sie sanft.
»Ich weiß, dass ich es dir nicht genügend gezeigt habe, und ich weiß, dass ich etwas Furchtbares
getan habe und du jedes Recht der Welt hast, mir
dafür nie zu vergeben, aber ich liebe dich. Dum-
merweise wird mir erst jetzt bewusst, wie sehr.
Jetzt, wo es vielleicht zu spät ist.«
Er schwieg, dann hörte sie einen tiefen Seufzer.
»Ich weiß«, sagte er schließlich leise, »ich weiß.«
Um neun Uhr abends begab sich Corey im strö-
menden Regen zu Damon Fearys Haus in Woo-
dinville. Man erwartete ihn dort nicht.
»Hey, Junge, du siehst gut aus, wenn man be-
denkt, was du durchgemacht hast«, sagte Feary,
als er ihm öffnete, und grinste ihn breit an. »Ich hab von dem Urteil gehört. Du bist durch die
Schlinge geschlüpft. Prima.«
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»Ja«, sagte Corey. »Aber dir hab ich das nicht zu verdanken Du hast das wohl für eine sehr schlaue
Idee gehalten mit dem anonymen Brief.«
»Du bist dahinter gekommen, wie?«, sagte Feary
und lachte, »Naja, ist ja kein Schaden entstan-
den.« Er blieb in der Tür stehen. »Tut mir Leid,
dass ich dich jetzt enttäuschen muss, da du den
ganzen Weg gemacht hast, aber heute Abend
findet kein Treffen statt.«
»Das weiß ich«, antwortete Corey. »Ich wollte
dich sehen.«
»Ah ja?«, sagte Feary. »Ich würd dich ja gerne
hereinbitten, aber es ist ein ungünstiger Zeit-
punkt.«
Corey blickte an ihm vorbei und sah gestapelte
Umzugskisten. »Verreist du?«
»Ja«, antwortete Feary. »Meine Frau und ich ha-
ben beschlossen, dass es an der Zeit ist weiter-
zuziehen.«
»Du willst damit sagen, deine Arbeit hier ist erledigt, und ihr sucht euch eine andere Stadt mit
einer anderen Klinik und einen anderen Dum-
men?«
Feary zuckte die Achseln. »So könnte man’s se-
hen.« Ohne Vorwarnung traf Coreys Faust den
Tischler mit voller Wucht am Kinn. Es krachte,
und Feary stürzte zu Boden. »Du Dreckschwein,
du hast mich reingelegt«, schrie Corey. Feary lag auf dem Holzboden. Blut strömte aus seiner Na-se. »Wir mussten die Polizei auf eine Spur len-
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ken«, nuschelte er mit schmerzverzerrtem Ge-
sicht, »damit es einen Prozess gibt.«
Corey starrte auf ihn hinunter. »Die ganze Zeit,
die ich im Knast saß, hab ich gedacht, ich hätte
es verpfuscht. Aber ich war’s nicht, nicht wahr?
Du warst es. Du hast den Zeitzünder verstellt. Ich hab ihn auf zwei Uhr morgens gestellt, damit
niemand verletzt wird. Ich habe das dir und dei-
nen Leute, ganz deutlich gesagt. Niemand sollte
zu Schaden kommen!«
»Werd endlich erwachsen, Junge«, erwiderte der
Tischler und spuckte einen Zahn aus. »Du woll-
test doch was Großes abziehen.« Er hielt sich an
der Tür fest und zog sich hoch. »Was hast du
denn gedacht? Dass wir so was Nettes, Sauberes
veranstalten wie in Portland? Wir haben ja ge-
merkt, was das gebracht hat – ein paar Zeilen in
der Lokalzeitung. Tut mir Leid, aber diesmal
brauchten wir mehr Beachtung. Diesmal musste
es Menschenleben kosten.«
Und mit diesen Worten schlug er Corey Latham
die Tür vor der Nase zu.
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