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Mein wirst du bleiben /

Mein wirst du bleiben /

Titel: Mein wirst du bleiben / Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Busch
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Problem. Danach arbeiten Sie hier weiter.«
    »Aber –«
    »Gehen Sie jetzt. Ich habe noch zu tun. Denken Sie darüber nach. Besprechen Sie sich mit einer Freundin oder Ihrer Familie. Ich gebe Ihnen das Wochenende Zeit. Und bis Montag keinen Tropfen!« Er lächelte eines seiner seltenen Lächeln. »Alkohol löst Probleme nicht. Er schafft nur zusätzliche.« Wittke griff nach dem Stift und widmete sich den Berichten. »Es ist Ihre letzte Chance.«
     
    Vor der Praxis blieb sie stehen, atmete schwer. Letzte Chance.
Besprechen Sie sich mit einer Freundin.
Wittke war großzügig. Jeder andere hätte ihr ein Kündigungsschreiben auf den Tisch geknallt.
Freundin.
Sie blickte an der Häuserzeile entlang, musterte die schmalen Balkone vor den gelben Fassaden. Bis zu Thea Roth waren es nur wenige Schritte. Es war Freitagabend. Thea würde sich doch auch nach einem schönen Start in das Wochenende sehnen! Ganz bestimmt. Und Wittke war ein Menschenkenner. Wenn der sagte, sie solle sich einer Freundin anvertrauen … Fast kicherte sie bei dem Gedanken, dass ein Besuch bei ihr ja quasi ärztlich verordnet war. Und wenn Thea bei andern mit anpackte, egal, ob bei der nuttigen jungen Mutter oder der alten Wimmer, würde sie auch für Gabi ein offenes Ohr haben. Bestimmt hatte sie sich nur deswegen nicht gemeldet, weil es ihr schlechtging. Sie konnte ja kaum böse auf sie sein. Gabi hatte ihr schließlich nichts getan.
    Entschlossen griff sie in ihre Handtasche, suchte nach einem Papiertaschentuch, um sich das verschmierte Gesicht abzuwischen. Unmöglich, so ungepflegt bei Thea aufzukreuzen. Da fühlten ihre Finger das glatte Glas der kleinen Flasche. Sie umfasste es fest, dachte an den weichen Gin, wie er ihre Kehle und Seele streicheln würde.
Bis Montag keinen Tropfen.
Sie schluckte, und das Zittern kehrte zurück, gemeinsam mit dem Schweiß auf ihrer Stirn. Ach was. Wie wollte Wittke das überhaupt kontrollieren? Ein kleiner Schluck, ein winziger Tropfen Vertrauen. Dann ein Gespräch mit Thea. Und am Montag … Sie drehte sich noch einmal zu der Praxis um. Wittkes Sprechzimmer lag nach hinten hinaus, und er würde noch länger arbeiten. Keine Gefahr. Dennoch …
    Sie ging ein paar Meter auf das Nordende des Hauses zu, wechselte dann die Straßenseite und stellte sich zwischen die Hecken und Bäume, die den Garten der hübschen Villa umgaben. Rasch nahm sie einen Schluck, einen zweiten, fühlte sich besser, leckte sich über die Lippen, und plötzlich war die Flasche leer. Sie ließ sie fallen, schob sie mit dem Fuß unter die Hecke und löste sich aus dem Gestrüpp.
    Da sah sie Thea Roths Tochter und drückte sich an die Hecke.
    Die magere Frau schleppte eine große Umhängetasche. Am Fuß des Treppenaufgangs nahm sie die Post aus dem Briefkasten, ging zwei Stufen hinauf – und blieb dann wie versteinert stehen.
    Gabriele kniff die Augen zusammen.
    Theas Tochter riss einen Umschlag auf, hielt das Blatt in der Hand, fuhr herum, bewegte hektisch den Kopf hin und her und stürzte die Treppe hinauf.
    Komischer Vogel, dachte sie und ging zum Haus hinüber. Ob Mutter und Tochter sich wirklich so gut verstanden, wie Thea einmal angedeutet hatte? Vielleicht hatte sie auch wegen der Tochter Sorgen, die war ja sowieso viel zu dünn, bestimmt magersüchtig. Nicht mal die Haustür hatte sie in ihrer Hektik geschlossen. »Du kannst dich mir anvertrauen, liebe Freundin«, sagte sie leise, folgte der Dünnen ins Haus, ging von Wohnungstür zu Wohnungstür, die Treppe hinauf, bis sie im ersten Stock das Namensschild
Roth
fand. »Einen wunderschönen guten Abend, Frau Roth«, würde sie sagen. Dass sie sie vermisst hatte. Sich sorgte. Und dass Doktor Wittke sie gebeten hatte, vorbeizuschauen. Ja, das war ein guter Plan.
    Mit dem Daumen drückte sie fest auf die Klingel.
    Innen schrammte etwas über den Boden und polterte schwer gegen die Wohnungstür.
    Erschrocken trat sie einen Schritt zurück. »Frau Roth?«, rief sie. »Thea? Alles okay? Ich bin es! Gabriele. Die Gabi aus der Praxis!«
    Erneutes Schrammen. Ein Schlag gegen das Holz. Wumm.
    Jemand rückte Möbel umher! Verbarrikadierte die Tür!
    »Wir lassen keinen rein!«, rief die Tochter, und auch Thea rief von innen: »Bitte, gehen Sie, Frau Hofmann.«
    »Aber … ich muss Ihnen etwas erzählen. Etwas sagen. Wir könnten –«
    »Gehen Sie! Ich bitte Sie. Ich will Sie nicht hier sehen!« Theas Stimme klang dumpf.
    Gabrieles Gedanken pochten gegen ihre Schläfen. Die Welt

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