Mein wirst du sein
so.«
Ich öffnete die Tür und ging hinein.
»Cool«, hörte ich ihn hinter mir murmeln und konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.
Achtlos warf ich meinen Lederbeutel in den Flur und die Schlüssel auf das Schuhschränkchen. Ich verstaute die eingekauften Sachen, schob eine Pizza in den Ofen und setzte mich mit einer Flasche Wasser und den Antworten auf die Kontaktanzeigen an den Küchentisch.
Sonne fiel durch das Fenster, auf dessen Sims ein vertrockneter Kaktus sein trauriges Dasein fristete. Ich sollte ihn endlich wegwerfen.
Während die Pizza im Ofen brutzelte, las ich die Briefe durch, die Marina Waldner mir mitgegeben hatte. Auf den ersten Blick konnte ich nichts Besonderes entdecken.
Ich fertigte für jeden der Kandidaten ein Blatt an, auf das ich alles schrieb, was ich von ihm wusste. Viel war es nicht.
Daniel Schönborn war 38 Jahre alt und von Beruf Arzt. Susanne hatte ihn so sympathisch gefunden, dass sie ihn noch einmal treffen wollte, wie ich von Frau Waldner wusste.
Tobias Goldmann war 32 Jahre alt. Er hatte keinen Beruf angegeben, doch er hatte ein Foto beigelegt. Unwillkürlich pfiff ich bei seinem Anblick durch die Zähne. Er sah nicht schlecht aus. Fast wie ein Model für Aftershave oder Gesichtscremes. Vielleicht ein bisschen zu glatt und lackiert, aber sehr ansprechend. Das zumindest würde ein optisches Highlight werden.
Rafael Winter war mit 39 Jahren der älteste. Er war ausgebildeter Sozialpädagoge und arbeitete als Streetworker. Kein Foto. Schade. Andererseits konnte ich mir dann selbst ein Bild machen.
Die drei Blätter waren bis jetzt nur dünn beschrieben, und ich konnte nur hoffen, in Kürze einiges hinzufügen zu können.
Insgesamt waren die potenziellen Flirtkandidaten ein illustrer Haufen. Unterschiedlicher hätte die Mischung nicht sein können. Das versprach interessant zu werden.
Fest stand, dass ich mich mit allen treffen musste, um mir ein Bild zu machen.
Allerdings durfte ich mich nicht nur darauf verlassen, dass Susannes Verschwinden mit den Kontaktanzeigen zu tun hatte, auch wenn Marina da einen Zusammenhang vermutete. Ich musste in sämtliche Richtungen ermitteln.
Vielleicht hatte die Vermisste doch Selbstmord begangen? Menschen litten unter Depressionen, ohne dass ihr Umfeld davon wusste. Oder Frau Dauber war verunglückt und lag hilflos irgendwo in einem Wald, abseits des Weges, und niemand hörte ihre Rufe. Unwahrscheinlich. Wieso war sie zu Fuß nach Hause gegangen? Ihr Auto hatte noch im Parkhaus gestanden.
Und dann bestand noch immer die Möglichkeit, dass sie hatte verschwinden wollen. Vielleicht war sie mit ihrem Leben unzufrieden gewesen und hatte einen Neubeginn gestartet. Und nicht zuletzt konnte es sein, dass sie schlicht mit einem Liebhaber durchgebrannt war. Vielleicht machten sie Urlaub in Südspanien und wollten nicht mehr zurückkommen.
Es gab eine Vielzahl von Möglichkeiten, die ich eine nach der anderen ausschließen musste.
Und auch den ominösen Erich musste ich unter die Lupe nehmen.
Ich sann darüber nach, dass ich eigentlich Urlaub hatte. Aber Freunde ließ man nicht im Stich. Auch wenn sie gelegentlich nervten. Und Lou hatte mich in einer schweren Zeit aufgefangen und mir eine Familie geboten, als ich beinahe auf dem Nullpunkt angelangt war. Ich hatte ihm viel zu verdanken. Und das würde ich ihm nicht vergessen.
Als die Pizza fertig war, schubste ich sie auf einen Teller, teilte sie mit einem Messer in acht Stücke und begann, aus der Hand zu essen. Ich wusste, dass das ungesund war. Erst kürzlich hatte ich in einer Zeitschrift gelesen, dass der Körper das Essen nicht als Mahlzeit registrierte, wenn es im Stehen verzehrt wurde, und man aß deutlich mehr, bis ein Sättigungsgefühl eintrat.
Die Pizza hätte ich auch im Sitzen ganz aufgegessen.
Ich holte das Telefon und versuchte mein Glück bei den Kontaktanzeigen. Leider erreichte ich nur Rafael Winter, der sich mit sanfter, beinahe einschläfernder Stimme bereit erklärte, sich mit mir zu treffen. Wir verabredeten uns im Café Si in der Innenstadt für den heutigen Abend. Ich hatte ein komisches Gefühl.
Die anderen waren vermutlich bei der Arbeit. Ich würde es später noch einmal versuchen müssen und mich stattdessen mit Herrn Dauber treffen. Hoffentlich wiederholte sich der Reinfall von heute Morgen nicht.
Der kleine Junge stand noch immer draußen und drückte sich bei seinem Fahrrad herum. Diesmal änderte ich die Strategie. Ich sagte nichts und ging wie
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