Mein wirst du sein
würde?
Die kurze Fahrt endete in der Innenstadt in einer ruhigen Seitenstraße der Frauenstraße. Wer hier, Auf dem Kreuz, wohnte, verfügte über Geld und guten Geschmack. Wendt hielt vor einem mehrstöckigen Neubau und stieg mit seiner Begleiterin aus. Lachend gingen sie ins Haus, während ich langsam hinterher rollte und hinter dem Mercedes zum Stehen kam. Ich wusste, dass ich hier nicht ungestraft lang stehen bleiben konnte, musste aber Gewissheit über den Verbleib der beiden bekommen, ehe ich das Wagnis eingehen konnte, einen Parkplatz zu suchen.
Ich schaltete den Motor ab, ließ das Licht aber brennen und stieg aus. Wendt und seine Begleitung waren im Inneren des Hauses verschwunden, und ich suchte die Klingelschilder ab. Im obersten Stock wohnte Dr. Daniel Schönborn.
Genug gesehen. Ich wollte nicht bis ins letzte Detail wissen, was im Inneren der Wohnung vor sich ging. Ich hatte eine Ahnung, und die reichte mir. Ich fror erbärmlich und sehnte mich nach einer heißen Dusche.
Als ich mich zum Auto umdrehte, sah ich eine Gestalt herantreten. Musste das jetzt auch noch sein? Hatte ich nicht schon genug gelitten? Eine männliche Politesse, die im Dunkeln ihr Unwesen trieb. Frauen traf man in Ulm um diese Uhrzeit nicht mehr an.
Schnell ging ich auf ihn zu und grüßte freundlich. Ein Ticket hätte mir zu meinem Glück gerade noch gefehlt.
»Entschuldigen Sie, ich musste nur eben etwas in den Briefkasten werfen, ich fahre sofort weg.«
»Sie dürfen hier nicht stehen, das ist ein Anwohnerparkbereich.«
»Das weiß ich«, antwortete ich pflichtschuldig. »Aber ich musste wirklich nur etwas in den Briefkasten werfen. Deswegen habe ich auch das Licht brennen lassen.«
Der Beamte, ein Mann Mitte 40 mit schütter werdendem Haar und spitzem Kinn wiegte den Kopf.
»Wenn das so ist, will ich es gut sein lassen. Sie können von Glück reden, dass das Licht tatsächlich brannte, als ich kam. Solche Ausreden höre ich immer wieder.«
»Es war wirklich keine Ausrede, ehrlich. Ich bin schon weg.«
Ich wünschte artig einen schönen Abend und machte, dass ich davon kam. Für heute reichte es mir.
Doch als wäre ich nicht leidgeprüft genug, klingelte auf dem Heimweg mein Handy. ›Aquarius‹. Schon wieder. Ich ging dran.
In einem Anfall geistiger Umnachtung versprach ich meiner Mutter morgen vorbeizukommen. Nur damit sie mich endlich in Ruhe ließ. Als ich aufgelegt hatte, überlegte ich mir, was mich bei dieser Zusage geritten hatte.
Direkt vor dem Mietshaus fand ich einen Parkplatz und stieg aus. Innerlich wappnete ich mich, dass Mark vor meiner Tür sitzen und mit weiteren Vorhaltungen auf mich warten würde. Doch der Flur war leer. Im ersten Moment wusste ich nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Dann beschloss ich, dass es mir egal zu sein hatte.
Doch als ich die Tür aufschließen wollte, stieg neuer Zorn in mir hoch. Ich hatte doppelt abgeschlossen, das tat ich immer. Doch die Tür war einfach nur ins Schloss gezogen.
Es war jemand in meiner Wohnung. Was hatte er neulich gesagt? Wenn er gewollt hätte, hätte er in der Wohnung auf mich gewartet. Na warte, was bildete sich dieser dreiste Mistkerl eigentlich ein?
Doch in meiner Wohnung war es dunkel, der Flur war leer. Eine dunkle Ahnung beschlich mich.
»Mark?«, rief ich und wartete auf eine Antwort. Auch in der Küche war es dunkel. »Bist du da?« Fast hoffte ich jetzt auf eine Antwort.
Ich suchte vergeblich nach einem Zeichen seiner Anwesenheit, und ein ungutes Gefühl beschlich mich. Hätte er nicht zumindest einen Zettel hinterlassen, damit ich wusste, dass er hier gewesen war? Auf den ersten Blick war nichts zu sehen.
Im Wohnzimmer stand eine Schublade meines Schreibtisches offen. Nicht weit, aber gerade so, dass ich sehen konnte, dass sie geöffnet worden war.
Ich fror. Mark hätte nicht in meinen Unterlagen gewühlt. Ich traute ihm einiges zu, auch dass er in meine Wohnung gelangt war. Das jedoch war nicht seine Art.
Im Schlafzimmer war die Schublade mit meiner Unterwäsche geöffnet, und auf meinem Bett hatte jemand gesessen.
Das konnte nicht Mark gewesen sein, dessen war ich mir sicher.
Ich suchte weiter und fand überall Spuren der Anwesenheit einer fremden Person. Es war nichts beschädigt, und soweit ich es beurteilen konnte, fehlte auch nichts. Doch es war jemand hier gewesen.
Ich versuchte, das Zittern in meinem Körper zu unterdrücken. Mich fröstelte. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn ich früher
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