Mein zauberhafter Ritter
Wirklich praktisch.
Erst als Peaches zum zweiten Mal ihren Namen sagte, bemerkte sie, dass sie offenbar eine Frage ihrer Schwester nicht beantwortet hatte. Allmählich wurde es zur schlechten
Angewohnheit, ausgerechnet die Dinge auszublenden, die sich genau vor ihrer Nase abspielten.
Eine Nebenwirkung des Zeitreisens, wie es schien.
Was sie natürlich niemals wiederholen würde. Sie war doch so glücklich, glücklich, glücklich, zurück im 21. Jahrhundert zu sein - mit all seinem Lärm, den Fertiggerichten und unbegrenzten Mengen heißen Wassers, das nicht zuerst von Dienstboten aufgewärmt werden musste.
»Pippa«, begann Peaches in demselben Tonfall, den sie benutzte, wenn sie sich anschickte, ihre Klienten zum Entsorgen ihrer Chaosberge zu überreden. »Ich glaube, du würdest dich gleich viel besser fühlen, wenn du jetzt endlich duschst, findest du nicht?«
Mit einem benommenen Nicken warf Pippa einen Blick auf das Wasser, das Peaches gerade aufgedreht hatte. »Ich wüsste nicht, was ich lieber täte.«
»Pippa«, fuhr Peaches zögernd fort. »Ist dir klar, dass du Französisch sprichst? Nun, mehr oder weniger. Dein Akzent ist nämlich zum Fürchten.«
Pippa lachte leise auf, riss sich aber sofort zusammen. Sie klang, als sei sie im Begriff, den Verstand zu verlieren. Und das war doch albern, wenn man bedachte, wie absolut glücklich sie war. Bis auf kalte Finger und Zehen war ihr nichts passiert, und während Montgomery das graue Mäuschen heiratete, mit dem er verlobt war, würde sie sich wie Godzilla aus dem Meer erheben und sämtliche Konkurrenz an New Yorks Modemeile in den Boden stampfen. Der Ausflug ins Mittelalter, so kurz er auch gewesen sein mochte, hatte ihr gutgetan, denn nun fühlte sie sich unschlagbar.
»Soll ich hier bleiben?«
Pippa schüttelte den Kopf und bemühte sich um die richtigen englischen Wörter. »Alles in Ordnung, Peaches.«
»Du siehst aber nicht so aus.«
»Ich war beim Camping.«
»Laut Cindi warst du im Feenreich gefangen.«
»Cindi war die ganze Zeit über auf Valium«, entgegnete Pippa. »Mir geht es gut.«
Peaches setzte sich auf den Toilettendeckel. »Ich warte hier, nur sicherheitshalber.«
Da Pippa keinen Weg sah, ihre Schwester von ihrem Beobachtungsposten zu verscheuchen, zog sie sich aus, stieg in die Wanne und schloss den Duschvorhang, damit Peaches nicht mitbekam, wie unbändig sie sich darüber freute, wieder dort zu sein, wo sie hingehörte. Sie konnte es kaum erwarten, in ihr altes Leben einzutauchen. Dass es ihr gelang, beim Weinen keinen Mucks von sich zu geben, war doch ein eindeutiger Beweis dafür — und ein gewaltiger Fortschritt im Vergleich zu den Geräuschen von vorhin.
Als sie endlich das Wasser abdrehte, war ihr noch immer alles andere als warm.
Peaches wartete, bis sie sich abgetrocknet hatte, und wickelte sie dann in einen flauschigen, offenbar vor dem Kamin aufgewärmten Bademantel. Dann folgte Pippa ihrer Schwester in ein Zimmer, das zu ihrer Erleichterung nicht das von Montgomery war, und setzte sich, worauf ihre Schwester ihr das Haar auskämmte und sie in eine ebenfalls aufgewärmte Decke hüllte.
Im nächsten Moment stellte sie erschrocken fest, dass ihr Haar fast getrocknet war und dass ihre Schwestern neben ihr in zwei Sesseln saßen. Außerdem hielt sie keine dampfende Teetasse in der Hand; die Tasse, deren Inhalt inzwischen kalt geworden war, stand auf einem Tisch neben ihrem Sessel. Pippa sah Peaches und Tess an.
»Bin ich eingeschlafen?«
Tess schüttelte den Kopf und machte dabei ein so ernstes Gesicht, wie Pippa es noch nie bei ihr erlebt hatte.
»Du warst ganz weit weg«, sagte Tess leise.
»Ich kann mich nicht erinnern«, antwortete Pippa mit schwacher Stimme. »Es ist, als würde mir die Zeit einfach durch die Finger rinnen.« Beinahe hätte sie aufgelacht. Das war noch stark untertrieben, allerdings vielleicht kein Thema, das sie im Moment näher ausführen sollte.
»Möchtest du uns keine Einzelheiten erzählen?«, forderte Peaches sie sanft auf.
Pippa schüttelte den Kopf. Das war unmöglich. Zuerst musste sie zum Tor zurückkehren, um sich wenigstens richtig zu verabschieden, bevor sie ihren Schwestern alles schildern konnte.
»Vielleicht bessert sich deine Stimmung ja, wenn du hörst, dass ich deinen USB-Stick in meinem Zimmer habe«, meinte Tess unvermittelt. »Cindi hat gebeichtet, dass sie ihn versteckt hat.«
Pippa wurde klar, dass ihre Schwester nicht einfach unzusammenhängende Sätze von sich
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