Mein zauberhafter Ritter
rasch aus ihren Gedanken.
»Halt meine Schleppe«, befahl Cindi. »Du bist meine Zofe. Schon vergessen?«
Pippa hätte ihrer Schwester am liebsten gesagt, dass sie sie gernhaben konnte, aber zehn Augenpaare von sechsjährigen Mädchen waren auf sie gerichtet. Ihr blieb nichts anderes übrig, als ihre Rolle zu spielen.
Sie nickte ehrerbietig und hob die Schleppe von Cindis Kleid an. Anscheinend war es unverzeihlich, dass sie den Kristallen und Spitzen mehr Aufmerksamkeit schenkte als dem Boden unter ihren Füßen. Sie stieß gegen Cindis Rücken, und ihre Schwester verpasste ihr sofort einen unnötig harten Schlag mit ihrem Zauberstab. Sie biss sich auf die Zunge, weil leicht beeinflussbare Kinder nicht hören sollten, wie sie ihre Schwester anschrie. Als Cindi sich heroisch bemühte, jedes Kind der Fürsorge seiner Eltern zuzuführen, war Pippa von ihren Pflichten befreit. Sie wollte eigentlich nicht nachsichtig mit ihrer Schwester sein - um so schwerer würde es später werden, ihr ordentlich die Meinung zu sagen aber sie hatte keine andere Wahl. Wenn Cindi in Fahrt war, war sie nicht zu bremsen.
Mit ein wenig Glück würde Pippa sie früher oder später in ein Flugzeug verfrachten und sich dann um ihre eigenen Belange kümmern können.
Sie stand am Rand der Brücke und beobachtete die Szene, bis sie feststellte, dass sie nicht allein war. Stephen hatte sich neben sie gestellt. Es dämmerte bereits, aber sie konnte sein Gesicht noch gut sehen; es hatte einen nachdenklichen Ausdruck angenommen.
»Ihre Flügel sind ein wenig unaufdringlicher als ihre«, begann er.
»Ich bin sonst nicht für Glitzer, aber ich muss gestehen, dass ich ein paar von den Dingern aufgesammelt habe, die im Laufe des Abends von Cindis Kleid gefallen sind.« Sie klopfte besitzergreifend auf ihre Rocktasche. »Wahrscheinlich könnte ich sie verkaufen und damit ein Vermögen machen.«
Er lächelte. Pippa fragte sich, warum Tess ihn sich nicht schnappte. Vielleicht könnte sie ihn heiraten, die beiden könnten sie adoptieren, und dann könnte sie den Rest ihres Lebens hier in Tess’ märchenhafter Burg verbringen und sich von den sie umgebenden Mauern inspirieren lassen.
»Ihre Familientreffen sind sicher immer recht interessant«, meinte er.
»Wir versetzen unsere Eltern in Angst und Schrecken«, verriet sie. »Da aus uns keine Blumenkinder geworden sind, sind wir alle eine große Enttäuschung für sie.«
»Das verstehe ich«, erwiderte er mit einem ironischen Lächeln. »Mein Vater und mein jüngerer Bruder sagen mir ständig, dass ich im falschen Jahrhundert geboren sei, weil ich zu wenig Interesse am gesellschaftlichen Leben zeige. Aber ich nehme an, dass Sie und ich eben in dieses Zeitalter geworfen wurden.« Er warf einen Blick auf Tess. »Ich glaube, Ihre Schwester mit ihrer Liebe zu den Sitten und Gebräuchen des Mittelalters wäre vielleicht in einem anderen Abschnitt der Geschichte zufriedener gewesen.«
Pippa wollte ihrer Schwester diese Sache nicht verderben, also verkniff sie sich eine Bemerkung über diese Schwertgeschichte. Leider war Stephen de Piaget nicht der richtige Mann für Tess, wenn er so gern mit Schwertern spielte. Ihre Schwester brauchte einen Adligen mit viel Geld, einem Schrank voller Tweedjacketts und einer Pfeife, die er nur in seiner Bibliothek außerhalb der Schlossmauern rauchte, damit Tess den Qualm nicht einatmen musste. Und wahrscheinlich müsste er einen Volvo fahren.
Er wandte sich ihr wieder zu. »Ich bin allerdings neugierig zu erfahren, was Sie dazu inspiriert hat, Ihre Kollektion zu entwerfen«, fuhr er fort. »Ihre Kleider besitzen einen Hauch von ... Nun, was immer es sein mag, es ist genau richtig dosiert.« Er zuckte unbeholfen die Schultern. »Ich würde sagen, es ist ein Hauch von Magie, aber ich glaube nicht an Magie.«
»Ich auch nicht.«
Und das stimmte. Normalerweise. Im Augenblick fühlte sie sich jedoch in Versuchung geführt.
Neben einem umwerfend gut aussehenden Mann zu stehen und vor sich die mit Sicherheit romantischste Burg Englands zu sehen rief ein gewisses Wunschdenken hervor. Oder einfach nur eigene Wünsche. Sie war nicht sicher, worum es sich handelte, aber als sie im schwindenden Zwielicht nach oben zu den Sternen schaute, die auf eine gewisse magische Weise funkelten, konnte sie einen persönlichen Wunsch nicht unterdrücken.
Sie wünschte sich einen galanten Mann, der eine zweite Verabredung mit ihr haben wollte.
Sie fröstelte und war sich ziemlich sicher,
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