Mein zauberhafter Ritter
verzweifelt, ob er irgendwann im Laufe des Tages seinen Verstand verloren hatte. Er legte eine Hand vor seine Augen, um die Vision auszublenden, und ließ rasch die Ereignisse des Tages Revue passieren. Vielleicht konnte er feststellen, wann das möglicherweise geschehen war.
Der Tag hatte sich in der Tat endlos hingezogen. Er hatte bereits vor der Dämmerung begonnen, dank Lady Gunnild, die in der letzten Minute auf einer Säuberungsaktion bestanden hatte. Das hätte ihm nicht viel ausgemacht, wenn er nicht die halbe Nacht darüber gebrütet hätte, welche Summe er für die Befestigung der Burg einkalkulieren musste. Er wollte nicht sein gesamtes Gold für Befestigungsmauern ausgeben und nichts mehr für Waffen und neue Pferde übrig haben, aber andererseits konnte er seine Burg auch nicht mit Mannen und Pferden bestücken und nicht für ausreichenden Schutz sorgen. Es würde verdammt teuer werden, aber er hatte keine andere Wahl.
Er war früher aufgestanden, als ihm lieb gewesen war, hatte ein widerwärtiges Frühstück hinuntergewürgt - er musste schnell einen Koch finden, der etwas zubereiten konnte, was nach Essen und nicht nach Schlamm aus der Sickergrube schmeckte -, bevor er sich auf den Übungsplatz begeben hatte, wo er sich am wohlsten fühlte.
Mit der Burgbesatzung ließ sich allmählich etwas anfangen. Teilweise hatte er das Everard of Chevington zu verdanken, der die fügsameren Männer im Schwertkampf unterrichtete, während Montgomery der anderen Hälfte Manieren beibrachte. Everard war vielleicht nicht der geeignetste Gefährte, wenn man sich eine zuverlässige Wachablösung wünschte, aber er hatte den Schwertkampf bei Rhys de Piaget erlernt, und das mit gutem Erfolg. Montgomery hatte sich seine Fähigkeiten gern zunutze gemacht, um ein paar seiner Waffenknechte einzuschüchtern.
Die Männer, die er selbst unter seine Fittiche genommen hatte, brauchten nicht nur Unterricht im Schwertkampf, sondern mussten auch lernen, sich anständig zu benehmen. Er machte sich keine großen Hoffnungen, dass sie beides in naher Zukunft beherrschen würden, aber er war bereit, es zu versuchen, auch wenn er sich damit aufrieb — oder sie. Es hätte ihm geholfen, wenn seine beiden Cousins zu etwas anderem fähig gewesen wären, als faul am Rand des Übungsplatzes zu stehen
und sich über die Demütigungen zu beschweren, die sie seit Montgomerys Ankunft ertragen mussten. Montgomery hatte ihnen einen Tag Zeit gelassen, um ihr Gift zu verspritzen und sich hoffentlich damit Luft zu machen, aber er hatte nicht vor, sich das noch länger anzuhören.
Der einzige Lichtblick in diesem unaufhörlichen Trübsinn war sein Verwalter Fitzpiers, der die Bücher peinlich genau geführt hatte und es geschafft hatte, anscheinend ohne das Wissen von Lord Denys, ein wenig Gold für Notzeiten zurückzulegen. Und es gab einige Einkünfte aus Pachten und mehr zur Burg gehöriges Ackerland, als Montgomery gedacht hatte. Er hatte sich nach den Namen der Leute erkundigt, damit er sich mit ihnen bekannt machen konnte. Sein Verwalter war seinem Wunsch überrascht nachgekommen. Offensichtlich war es ihm ein Rätsel, warum Montgomery darauf Wert legte. Es war noch viel zu tun, um Herzen und Gesinnungen zu gewinnen.
Später hatte er seine Privatgemächer verlassen, um sich noch unangenehmeren Dingen zu stellen, und dazu gehörte auch Gunnild, die mitten in ihren Vorbereitungen steckte. Nachdem er sich eine halbe Stunde lang ihr Gefasel darüber angehört hatte, warum sie viel besser als er geeignet war, den Haushalt der Burg zu führen, hätte er sie am liebsten postwendend zu ihrem Sohn verfrachtet, aber er hatte es dann doch gelassen. Er würde Taktgefühl und großes diplomatisches Geschick brauchen, um sie dorthin zu schicken, ohne dass sie maßlos verärgert war. Und falls das auch für ihren ältesten Sohn Arnulf galt, musste es eben sein. Er war sich nicht zu gut dafür, sie davon zu überzeugen, dass Wideton Hall viel besser geeignet war, um dort den goldenen Herbst ihres Lebens zu verbringen, und Arnulf zu überreden, dass sie eine Zierde für sein Haus sein würde.
In Wahrheit hatte er keine andere Wahl. Er war davon überzeugt, dass Gunnild ihm in den Rücken fallen würde, wenn sich ihr die Gelegenheit dazu bot.
Er hatte sich vor dem Abendessen ein Bad gegönnt und sich dann im großen Saal den Nachbarn vorgestellt. Gunnild hatte ihn ignoriert, ihn übertönt und es schließlich sogar gewagt, ihm den Stuhl des Hausherrn
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