Mein zauberhafter Ritter
... Ich weiß nicht, wie ich das ausdrücken soll.«
»Sie ist unvermeidlich«, stellte Montgomery fest. »Und leider nötig.«
Nicholas legte seine Hand kurz auf Montgomerys Schulter. »Es tut mir leid, Bruder. Wirklich. Warum kommst du nicht nach Wyckham, wenn du deine Schützlinge sicher in ihre Zeit gebracht hast? Jenner und die Jungs würden sich freuen, dich zu sehen.«
Montgomery nickte. Er war dankbarer für diese Einladung, als er zeigen wollte. Ja, er würde nach Wyckham reisen, sobald er seine Aufgabe erledigt hatte.
Es würde ihn zerstreuen, ein oder zwei Tage mit seinen Verwandten zu verbringen, und seine Gedanken davon ablenken, dass er gerade etwas verloren hatte.
Drei Stunden später war Cinderella wieder bei Bewusstsein, und er hatte gefunden, was sein Bruder ihm zu suchen geraten hatte. Er war nicht sicher, wie er Pippa und ihre Schwester nach Hause schicken sollte, wenn seine Leibwache und sein Knappe ihn dabei beobachteten, also hatte er seine Männer zurückgeschickt und ihnen befohlen, auf ihn zu warten. Die Ausrede, dass die Verwandten der Schwestern sich vor bewaffneten Männern erschrecken könnten, schien ihm eine passable Lüge zu sein, obwohl er damit ebenso wenig glücklich war wie mit all den anderen, die er in den vergangenen zwei Wochen erzählt hatte.
Er wartete, bis er mit Pippa und Cinderella allein war, zog dann sein Messer hervor und schnitt zuerst den Knebel von Cinderellas Mund und dann die Stofffetzen von ihren Armgelenken und Knöcheln, mit denen Nicholas’ Männer sie offensichtlich festgebunden hatten.
Cinderella setzte sich auf und sah sich benommen um. »Wo sind wir?«
»Auf dem Weg nach Hause«, erklärte Pippa barsch. »Benimm dich, während ich mich umziehe ...«
»Nicht nötig«, warf Montgomery rasch ein. Er nahm an, es würde sich dumm anhören, wenn er ihr sagte, dass er es beruhigend fände, wenn sie in der Zukunft etwas von ihm bei sich hätte, also fuhr er schnell fort. »Euer Kleid liegt im Wagen. Nehmt es einfach mit.«
Pippa sah ihn ernst an und nickte, bevor sie zu dem Karren hinüberging, um ihre Kleidung zu holen. Sie schüttelte das Kleid aus und fuhr dann mit der Hand erst in die eine und dann in die andere Tasche.
Ihr wich das Blut aus dem Gesicht. Er wäre am liebsten zu ihr gegangen, um ihr zu helfen, aber sie durchsuchte so hektisch den Wagen, dass er es nicht wagte, sie zu stören. Er warf Cinderella einen Blick zu und sah, dass sie ihre Schwester mit strahlender Miene beobachtete. Ihr Gesichtsaudruck wirkte nicht sehr freundlich, und er fragte sich, was sie im Schilde führte. Er behielt Cinderella im Auge, für den Fall, dass sie plötzlich Reißaus nehmen wollte, und ging zu Pippa hinüber, die sich inzwischen an den Wagen gelehnt hatte.
»Was ist los?«, fragte er leise.
»Ich hatte etwas in der Tasche meines Kleides«, erwiderte sie mit schwacher Stimme.
Montgomery sah, dass Cinderella grinste, als würde sie irgendetwas sehr amüsant finden. Pippa stieß sich von dem Wagen ab und ging zu ihr hinüber.
»Was hast du damit gemacht?«, fragte sie fordernd.
Cinderella warf ihr Haar über die Schulter. »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
Montgomery hörte zu, wie sich die beiden im modernen Englisch der Zukunft unterhielten, und bemerkte, dass der Tonfall immer härter wurde.
»Cindi, wo ist mein USB-Stick?«
»Du hast meine Tabletten versteckt«, keifte Cinderella. »Also habe ich deinen kleinen USB-Stick versteckt.«
»Ich habe dir deine Tabletten nicht weggenommen«, stieß Pippa mit zusammengebissenen Zähnen hervor. »Du hast sie alle geschluckt. Sag mir, wo du meinen Stick versteckt hast!«
»Vielleicht solltest du in die Burg zurückreiten und dort nachschauen.«
Pippa erstarrte. »Hast du ihn dort versteckt?«
»Ich schätze, das wirst du selbst herausfinden müssen.«
Montgomery beobachtete, wie Pippa sich umdrehte und davonging. Cinderella schlenderte an ihm vorbei, setzte sich hinten auf den Wagen, als hätte sie nichts Besseres zu tun und grinste triumphierend. Er ließ sie dort sitzen und lief rasch Pippa hinterher.
»Wartet«, sagte er und streckte die Hand nach ihrem Arm aus.
Sie blieb stehen und wandte sich ihm zu. »Wisst Ihr«, begann sie. »Ich habe meine Schwester schon immer für nicht ganz so klug gehalten, dass sie mich in allen Dingen in den Schatten stellen kann. Aber jetzt bin ich der Meinung, dass sie das in all den Jahren mit Absicht getan hat.«
Montgomery bezweifelte das nicht.
Weitere Kostenlose Bücher