Mein zukünftiger Ex
mittlerweile im ganzen Laden herumgesprochen hatte. Pat war nirgends zu sehen. Andere Mitarbeiter beobachteten sie heimlich aus der Ferne. Der junge Bursche an der Kasse rechnete Lolas Einkäufe zusammen und tat sein Möglichstes, nicht auf ihre Beine zu starren.
»Könnte ich bitte den Geschäftsführer sprechen?«, verlangte Lola.
Er nickte, griff zum Telefon und sprach ein paar Worte.
Lola wartete.
Schließlich öffnete sich eine Hintertür, und eine schlanke Frau in den Vierzigern trat heraus.
Es war wie bei einer Schießerei in einem Western.
Die Frau kam auf Lola zu. »Die Sache mit Pat tut mir leid, sie hat mir gerade erzählt, was geschehen ist, und ich möchte mich im Namen von Kingsley bei Ihnen entschuldigen. Es ist so, Pat geht in sechs Wochen in Ruhestand, und wenn Sie sich offiziell über sie beschweren, dann fällt ein Schatten auf ihren Abgang.«
»Ich …«
»Wahrscheinlich sollte ich Ihnen das gar nicht erzählen, aber sie flippt völlig aus, wenn es um, äh, gewerbetreibende Frauen geht.« Die Geschäftsführerin senkte ihre Stimme und flüsterte: »Wissen Sie, ihr Ehemann ist mit einer davongelaufen und Pat war außer sich, vor allem als sie herausfand, dass sie früher mal ein Mann war. Die Prostituierte, meine ich. Nicht Pat. Die Arme, sie war am Boden zerstört. Darum hat sie überreagiert. Es tut mir wirklich sehr leid. Ich habe mit ihr gesprochen, und das wird nicht noch einmal vorkommen.«
»Tja, das ist gut«, meinte Lola. »Freut mich zu hören.«
Die Geschäftsführerin wirkte hoffnungsvoll. »Heißt das, dass alles in Ordnung ist? Sie werden keine offizielle Beschwerde einreichen?«
»Nein, werde ich nicht.«
»Oh, ich danke Ihnen. Ich danke Ihnen wirklich sehr.« Sie ergriff Lolas Hand. »Das ist sehr nett von Ihnen. Die arme, alte Pat. Ich weiß, sie hätte so entsetzliche Dinge nicht sagen dürfen, aber sie hatte es so schwer, und auf gewisse Weise können Sie sicher verstehen, warum sie …«
»Ich bin keine Prostituierte«, erklärte Lola.
Die Geschäftsführerin hielt abrupt inne.
»Oh!« Sie versuchte, ihre Überraschung zu verbergen, und machte hastig einen Rückzieher. »Natürlich nicht! So wollte ich auf keinen Fall klingen! Meine Güte, das habe ich natürlich nicht gedacht!«
Lola grinste, weil ein Outfit, das in Alcudia keinen zweiten Blick auf sich gezogen hatte, in einer Londoner Buchhandlung im kalten November solche Assoziationen hervorrief. Vielleicht war allmählich die Zeit gekommen, ihre Kleidung etwas zu modifizieren.
»Es kam mir so vor. Aber machen Sie sich keine Sorgen. Und Sie haben mich noch nicht gefragt, warum ich Sie sprechen wollte.«
Die Frau wirkte ziemlich durch den Wind. »Genau, tut mir leid, jetzt bin ich ein wenig durcheinander. Warum wollten Sie mich sprechen?«
»Deshalb.« Lola klopfte auf ein Schild auf der Theke, identisch mit dem, das sie zuvor im Schaufenster gesehen hatte. »Hier steht, dass Sie eine Verkäuferin suchen.«
»Das tun wir. Um Pat zu ersetzen, sobald sie uns verlässt.«
Es wurde immer besser.
»Braucht man besondere Qualifikationen dafür?«
»Man muss Bücher lieben.«
»Ich liebe Bücher«, erklärte Lola.
Die Geschäftsführerin wirkte fassungslos. »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten Interesse? An diesem Job?« Offenbar fand sie dieses Ansinnen höchst außergewöhnlich.
»Tut mir leid, wäre es mir nicht gestattet, hier zu arbeiten?«
»Das ist es nicht! Mir war nur so, als hätte Pat erzählt, dass Sie im Ausland leben.«
Lola schenkte der Frau ein Lächeln. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich wieder hierher ziehe.«
4 . Kapitel
Heute
»Wo arbeitest du? In einem Bumslokal?«
»In einem Buchladen.« Noch während sie die Worte über die schmetternde Musik hinwegbrüllte, fragte sich Lola, warum sie sich überhaupt die Mühe machte. »Bei Kingsley. Ich leite die Filiale in der Regent Street.«
»O Mann. Na, besser du als ich. Bücher sind langweilig.« Der junge Mann zwinkerte und schaute Lola über den Rand seines Bierglases lüstern an. Offenbar war er von seiner eigenen Unwiderstehlichkeit überzeugt. Er hatte super-gegeltes Haar und trug ein wissendes Grinsen im Gesicht. Nachdem er sie langsam und abschätzend gemustert hatte, sagte er: »Nee, du verarschst mich doch. Du siehst nicht aus wie eine, die eine Buchhandlung leitet.«
Sie hätte darauf antworten können: ›Tja, du siehst auch nicht aus wie ein Depp, aber du bist eindeutig einer.‹
Doch sie erwiderte geduldig:
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