Mein zukünftiger Ex
»Ich habe dir dieses Shirt zum Geburtstag geschenkt! Du kannst es nicht irgendeiner Frau leihen, nur weil sie die Frechheit besitzt, es von dir borgen zu wollen.«
Die Sache war die, Gabe hatte das nicht absichtlich getan. Er hatte keine Schwierigkeiten verursachen wollen, er war nur einfach gedankenlos und von Natur aus so großzügig, dass ihm nie der Gedanke kam, andere könnten seine Handlungsweise nicht zu schätzen wissen.
Kurz darauf trennte er sich von dieser Freundin, und Lola konnte von da an das T-Shirt wieder tragen. Seitdem war ein steter Strom an Freundinnen gekommen und gegangen, verzaubert von der Tatsache, dass Gabe ein unterhaltsamer, charmanter, beziehungsunfähiger Mann war. Jede von ihnen war davon überzeugt, sie wäre diejenige, die ihn zu einem Leben monogamen häuslichen Segens bekehren könnte.
Es versteht sich von selbst, dass sie allesamt falsch lagen.
Beziehungsweise war das bis vor drei Monaten der Fall gewesen. Dann hatte Gabe eine australische Rucksacktouristin namens Jaydena kennengelernt, die sich in den letzten Zügen ihrer Weltreise befand. Jaydena hatte das Muster durchbrochen. Sie war diejenige, die Gabe verließ und nach Sydney zurückkehrte, als sie sich erst zwei Wochen kannten und immer noch total verrückt nacheinander waren. Zu Hause in Australien schickte sie Gabe jeden Tag eine E-Mail, und er mailte zurück. Innerhalb weniger Wochen hatte sie ihn überredet, seinen Job hinzuschmeißen und zu ihr zu kommen.
Lola war sprachlos, als sie davon erfuhr. »Aber … warum?«
»Weil ich noch nie in Australien war und alle sagen, wie toll es dort ist. Wenn ich jetzt nicht gehe, werde ich es ewig bereuen.«
»Dann sehe ich dich vielleicht nie wieder.« Eine furchteinflößende Aussicht – Gabe nahm einen so großen Teil ihres Lebens ein. Und nicht nur in den lustigen Zeiten. Als Alex vor fünf Jahren gestorben war – urplötzlich und unfair, an einem Herzinfarkt – war Lola verzweifelt gewesen. Sie hatte einfach nicht glauben können, ihren geliebten Vater nie mehr wiederzusehen. Aber Gabe war ihr ein Felsen in der Brandung gewesen und hatte ihr durch diese schlimme Phase hindurchgeholfen. Dafür würde sie ihm immer dankbar sein.
»He, ich verkaufe meine Wohnung nicht, ich vermiete sie nur für ein Jahr. Danach komme ich vielleicht zurück.«
Lola wusste, dass sie ihn schrecklich vermissen würde, aber die Alarmglocken bimmelten aus einem anderen, weitaus weniger selbstlosen Grund. »Wie willst du einen Mieter finden? Über eine Agentur?«
»Ha!« Gabe boxte ihr schadenfroh in die Rippen. »Dann sorgst du dich also nur um dich selbst, schiebst Panik bei dem Gedanken, wer dein neuer Nachbar sein könnte.«
»Nein. Na ja, schon auch.«
»Ist bereits geklärt. Mein Kollege Marcus hat sich gerade von seiner Frau getrennt. Er wird bei mir einziehen.«
Oh. Lola entspannte sich, denn sie kannte Marcus, und er war in Ordnung, wenn auch ein wenig langweilig, außerdem redete er endlos über Motorräder. Was ein Grund sein mochte, warum es mit seiner Ehe nicht klappte.
»Also kein Grund zur Panik«, meinte Gabe. »Ich habe für alles gesorgt. Ihr beide werdet euch gut verstehen.«
»Prima.« Sie stellte sich Marcus in seinen ölbefleckten, unmodischen Klamotten vor. »Aber ich sehe mich nicht seine T-Shirts ausleihen.«
Bäh, jetzt nahm der Regen sogar noch zu. Sie wünschte, sie würde flachere Schuhe tragen. Lola eilte die Straße entlang, den Jackenkragen hochgeschlagen, dann bog sie nach links, weil man durch die Seitengasse schneller zur U-Bahn-Station kam. Sie fuhr zusammen, als ihr linker Fuß in einer Pfütze landete und …
»Lassen Sie mich! Neeeeein!«
5 . Kapitel
Lolas Kopf schoss nach oben. Ihr Herz pochte heftig in der Brust beim Anblick der gewalttätigen Szene, die sich vor ihr abspielte. Die durchdringenden Schreie der Frau hallten durch die Luft, während sie von zwei Männern aus dem Fahrersitz ihres Wagens gezerrt und grob zu Boden geworfen wurde. Einer von ihnen kniete über ihr, wollte etwas aus der Hand der Frau reißen. Sie wehrte sich, aber er schlug ihr ins Gesicht und schnauzte: »Klappe!«
Die Frau stieß einen weiteren Angstschrei aus, und er schlug sie erneut, dieses Mal härter. Ihr Kopf knallte auf das Pflaster. »Ich sagte
Klappe
! Und jetzt her mit den Ringen.«
»Nein!
Aua!
« Die Frau stöhnte, während er ihr den Arm auf den Rücken drehte.
»Lassen Sie sie in Ruhe!«, schrie Lola, tippte den Notruf in ihr Handy ein und
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