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Meine 500 besten Freunde

Meine 500 besten Freunde

Titel: Meine 500 besten Freunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Adorján
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waren diese nur dumpf zu hören. »Sei halt mal ruhig«, sagte er. Er zwängte eine Hand zwischen ihre Beine. Sie wand sich unter ihm, aber er blieb auf ihr liegen. Er hätte gerne seine Hose ausgezogen, aber dafür hätte er sich aufrichten und sein Gewicht von Sarah nehmen müssen. Er zog ihr den Pullover mit einer Hand nach oben. Sie trug keinen BH.
    Als er das nächste Mal zum Wecker sah, war es 4:41 Uhr. Sarah bewegte sich nicht, als er sein Gewicht von ihr nahm. Felix zog sich seine Unterhose und seine Jeans hoch, klopfte prüfend die Taschen ab, Portemonnaie, Telefon, alles noch da. Dann rutschte er zum Ende des Bettes und ließ die Füße auf den Boden. Seine Schuhe hatte er noch an. Er sah sich nach Sarah um. Ihre Unterhose hing auf Höhe ihrer Knie, der Pullover war bis unter die Schultern hochgeschoben. Sie hatte sich auf die Seite gedreht, Beine angezogen, den Kopf immer noch unter dem Kissen vergraben. Er fragte sich, ob sie weinte. »Hey«, sagte er. Es kam keine Antwort. »Sarah«, sagte er. Keine Antwort. »Ist doch gar nichts passiert«, sagte er. Es war ja wirklich nichts passiert, dachte er, dachte er nochmals, und fand diesen Gedanken unendlich beruhigend. Dann fiel ihm auf einmal der Name der Ente wieder ein: Duffy. Duffy Duck. Er strich sich durch die Haare und stand auf. Sein Kopf tat weh, und er hatte Durst. Im Gehen knöpfte er sich die Jeans zu. Leise schloss er die Tür hinter sich.
    Die nächste Stunde bei Frau Weber begann wie immer. Felix trank einen Schluck von dem eiskalten Wasser, stellte das Glas wieder ab, rückte sich das Kissen im Rücken zurecht, lehnte sich zurück, schlug ein Bein über das andere und wartete einen Augenblick ab, ob sie nicht doch einmal als Erste etwas sagen würde, was sie nicht tat. »Ja, also eigentlich ist alles ganz gut …« Frau Weber sah ihn an, freundlich oder ausdruckslos, das konnte er nie mit Bestimmtheit sagen, vielleicht nickte sie ihm sogar zu, er meinte, eine unbestimmte Bewegung ihres Kinns zu sehen. »Viel ist nicht passiert«, fuhr er fort. Was sollte er erzählen? Dass er, seitdem sie sich zuletzt gesehen hatten, drei Nächte hintereinander gar nicht geschlafen hatte und danach nie länger als fünf Stunden am Stück? Dass er Jorge beklaut hatte? Er hatte einen 500-Euro-Schein in dessen Schreibtischschublade gefunden. Er hatte in einem Umschlag gesteckt, weit unten, wo Felix ihn auch wieder hingelegt hatte, nachdem er das Geld herausgenommen hatte, das er noch am selben Abend für KurAbend fokain ausgab. Dass er um ein Haar ein Mädchen vergewaltigt hätte. Dass er nichts fühlte. Nichts. Dass er darüber nachgedacht hatte, in eine Suchtklinik zu gehen, den Gedanken dann aber wieder verworfen hatte, weil ihm der Gedanke, keine Drogen mehr zu nehmen, noch mehr Angst einjagte als alles sonst. Felix sagte nichts. Er sagte so lange nichts, bis Frau Weber etwas sagte.
    »Wie geht es Ihrer Stiefmutter?«
    Ildikó. Die hatte Felix ja vollkommen vergessen.
    »Ganz gut. Also, den Umständen entsprechend«, sagte er.
    Frau Weber nickte. Weil sie aber nichts sagte und Felix die Pause unerträglich lang vorkam, korrigierte er sich. »Nein, eigentlich geht es ihr nicht gut. Sie ist immer noch im Krankenhaus, aber …«
    Frau Weber sah ihn erwartungsvoll an. Oder vielleicht sah sie ihn einfach nur so an, mit einem neutralen Gesichtsausdruck, in den der Patient ein Gefühl seiner Wahl hineininterpretieren konnte. Ja, vielleicht sah sie ihn einfach nur an.
    Wieder überkam ihn der Wunsch, sich einfach hinzulegen, die Augen zu schließen und lange nicht mehr aufzumachen.
    »Ich möchte in eine Klinik«, sagte er leise.
    Frau Weber nickte. Warum nickte sie? Wusste sie am Ende die ganze Zeit Bescheid?
    »Ich möchte in eine Klinik und ich möchte mehrere Monate dort bleiben«, sagte Felix.
    Frau Weber nickte wieder.
    »Oder für immer. Ja, von mir aus auch gerne für immer. Können Sie mich einweisen oder irgendwie so? Ein Überweisungsschein, ich würde gerne so schnell wie möglich …«
    Frau Weber sah ihn an und er meinte jetzt, eine leichte Sorgenfalte auf ihrer Stirn auszumachen.
    »Ich habe gelogen«, sagte Felix, den Blick nun fest auf den blauen Teppich geheftet. »Ich nehme noch Drogen, die ganze Zeit …«
    »Welche Drogen nehmen Sie?«, fragte Frau Weber.
    »Kokain … MDMA … Eigentlich alles außer Heroin. Vor allem Kokain.«
    »Wie finanzieren Sie Ihre Sucht?«
    Frau Weber schien durch seine Mitteilung keineswegs aus der Ruhe gebracht, in

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