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Meine allererste Scheidung

Meine allererste Scheidung

Titel: Meine allererste Scheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheryn George
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vermieden. Es sah ein wenig wie eine sehr vornehme Irrenanstalt aus den Vierzigern aus, dachte Cait und fragte sich, ob wohl die ein oder andere durchgedrehte Schauspielerin auftauchen würde. Aber nein. Niemand, der auch nur im Entferntesten berühmt oder glamourös war. Lediglich jede Menge niedergeschlagene Menschen, die allesamt den Eindruck machten, als wären sie überall lieber als bei dieser Beratungsstelle.
    Bis auf ihren Exmann natürlich. Sie sah ihn mit hoch erhobenem Kopf direkt an, ohne zu ahnen, dass sie die einzige Person im Raum war, die freiwillig da zu sein schien. Und ein konkretes Ziel verfolgte. Sie spürte, wie sich die feinen Härchen auf ihren Armen aufstellten, und ein kleiner Schauder durchlief sie, vom Nacken bis in die Zehenspitzen. Adrenalin, dachte sie vage, während sie spürte, wie das Kribbeln ihre Kopfhaut erreicht hatte. Halbherzig griff sie sich an den Kopf. Kämpfen oder fliehen. Und sie war definitiv hier, um zu kämpfen, sagte sie sich, schob eine verirrte rote Locke in ihren bronzefarbenen Clip zurück und hielt den Blick ihrer grünen Augen auf ihren künftigen Exmann gerichtet.
    In der Zwischenzeit lebte Max in seliger Ahnungslosigkeit, was die Musterung seiner zukünftigen Exfrau betraf.
    Er saß mitten auf der hässlichen Couch im Empfangsbereich und war tief in die Seiten eines Filmmagazins versunken, das ihn mit den Geschichten über die schwierige Produktion von Mel Gibsons neuem religiösem Epos ungemein ergötzte. Sie beobachtete, wie er ein- oder zweimal laut auflachte, und registrierte die schmerzhafte Vertrautheit seiner Bewegungen. Sein Mund, seine blendend weißen Zähne, die tiefen Linien, die von seinen Augenwinkeln bis hinab zu seinem ausgeprägten Kinn verliefen. Er schlug ein langes, schlankes Bein über das andere, wie sie es schon eine Million Mal bei ihm gesehen hatte. Sie schüttelte leicht den Kopf, verblüfft darüber, wie gut sie ihn kannte und dass sie sein Mienenspiel so gut vorausahnen konnte. Sie kannte die Farbe seiner Wimpern und die Art, wie die Härchen an seinen Armen sprossen. Sie wusste alles über ihn. Und jetzt waren sie hier.
    Sie wünschte sich, nie erfahren zu haben, wie sein Körper sich bewegte oder wie er aussah, wenn er Ich liebe dich sagte, oder wie seine Augen die Farbe wechselten, wenn er wütend war. Sie wünschte, sie hätte vergessen können, dass er geschworen hatte, sie niemals zu verlassen.
    Sie wünschte, sie hätte vergessen können, wie geliebt sie sich gefühlt hatte. Wie sicher sie sich gewähnt hatte.
    Und, rief sie sich ins Gedächtnis, es war nicht so, als hätte er tatsächlich sie verlassen. Streng genommen hatte sie ihn hinausgeworfen – weil er es ihr unmöglich gemacht hatte, mit ihm weiterzuleben. Verdammt unmöglich.
    Sie seufzte, während ihr schwer ums Herz wurde. Das hier ist einmalig. Wie der eigene Hochzeitstag ist dies eine Ausnahmesituation, überlegte sie verzweifelt, während Niedergeschlagenheit ihren adrenalingesteuerten Kampfgeist verdrängte. Wie soll ich das nur schaffen? Ich habe mehr Zeit damit verbracht, ihn zu lieben, als ihn zu hassen. Sie dachte an all die Male, da sie ihn auf diese Weise Filmmagazine hatte durchblättern sehen, in Cafés, im Bett, auf der (sehr hübschen und definitiv nicht fadenscheinigen oder tabakfarbenen) Couch zu Hause … und dass sie nie daran gedacht hatte, dass sie sich in einer solchen Situation wiederfinden könnten. Er hätte nachdenken können. Über den Schlamassel, den er angerichtet hatte. Vielleicht hätte er mit dem Kopf in die Hände oder auf die Knie gestützt dasitzen können, bereit, sie anzuflehen, es sich noch einmal zu überlegen. Oder vielleicht hätte er einfach ein wenig schlaflos und traurig aussehen können. Ein wenig Bedauern schien ihr nicht zu viel verlangt zu sein.
    Sie nahm bedächtig und mit großer Würde neben ihm Platz und wandte den Körper leicht ab, um ihrer Abneigung gegen diesen Termin Ausdruck zu verleihen. Als er sie immer noch nicht zu bemerken schien, sah sie ihn wieder an und gab ein leises Humph der Missbilligung von sich. Es war töricht, das wusste sie, und kindisch. Aber sie konnte sich nicht beherrschen. Jedenfalls war ihr verdammt noch mal nicht danach zumute, sich länger gut zu benehmen.
    Er zuckte leicht zusammen, als er sie an seiner Seite bemerkte, und seine Augen verdunkelten sich; für einen Moment wirkte er ertappt. Sie hob das Kinn und nickte ihm langsam und kalt zu, prallte aber vor Schreck um ein Haar

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