Meine allererste Scheidung
Sie. Es ist eine Schande, dass das vor dem Gesetz bedeutungslos ist.«
Caitlin sog scharf die Luft ein und hatte das Gefühl, als sei sie geohrfeigt worden.
»Für viele Frauen ist es ein Schlag ins Gesicht«, sagte Tina. (Sie war keine Gedankenleserin. Sie hatte nur schon viele Frauen in der gleichen Situation erlebt.) »Sie fühlen sich doppelt betrogen.«
Caitlin biss sich auf die Unterlippe, um nicht laut aufzuschreien.
»Häufig sind es nur reiche Männer, von denen man liest, dass sie ihre Frauen auszahlen müssen. Nun …«
»Heutzutage ist das nicht mehr so«, warf Charlie ein und sah sie seelenvoll an. Tina nippte noch einmal an ihrem Whisky und rieb sich ihre Augen, die rotgerändert und angestrengt waren von zu vielen Stunden Aktenlektüre, die Unglück, gerechten Zorn und Enttäuschung dokumentierten.
»Bei einer Scheidung geht es um Unzufriedenheit und Unglück«, dozierte Tina laut und fuhr sich durchs Haar. »Väter, die glauben, nicht genug Zeit mit ihren Kindern verbringen zu dürfen; Männer, die glauben, sie hätten zu viel gezahlt … und Ehefrauen, die glauben, sie hätten zu viel gezahlt.« Sie schüttelte den Kopf, als fragte sie sich, wie sie mitten in dem ganzen Schlamassel gelandet war.
»Die Zeit ist um«, sagte Charlie und warf einen widerstrebenden Blick auf seine Armbanduhr.
»Caitlin – genug von mir – von uns«, fügte Tina mit einer Hand auf Charlies Arm hinzu, um ihn daran zu erinnern, dass er sich zurücklehnen und aufhören sollte zu keuchen. »Erzählen Sie uns Ihre Geschichte.«
Caitlin holte tief Luft. Sie fasste sich, öffnete ihren Aktenordner, der von all ihren Notizen überquoll, von den Stapeln mit Dokumenten, allem, was sie brauchte, einschließlich der Ratschläge ihrer Anwältin und Fragen, die Myra ihr nahegelegt hatte. Sie wusste, dass sie die Geschichte noch einmal erzählen musste und nicht zum letzten Mal, aber dennoch überschwemmte sie eine Woge der Wut, dass es notwendig war, den Verrat ihres Mannes und ihre Demütigung vor aller Augen auszubreiten. Sie schämte sich.
Aber sie erzählte es ihnen, ging schnell die Details durch und versuchte, ihren Verstand, ihre Stimme und die verschiedenen Gefühle zu trennen, die in ihr aufstiegen, als sie das Ende ihrer Ehe beschrieb. Sie wappnete sich und umriss in Kürze ihr Leben, wobei sie mit leiser, fester, ruhiger Stimme sprach, die einen leichten Anflug von Hysterie verbarg.
Tina machte sich Notizen. Charlie ebenfalls. Tina kritzelte. Charlie krakelte, dann kringelte er kunstvolle Herzchen um seine Notizen.
»Also, das war’s«, kam Cait zum Ende. »Ist das … alles, was Sie brauchen?«
»In Ordnung«, unterbrach Tina. »Hat er überhaupt irgendetwas bezahlt?«
»Natürlich«, antwortete Caitlin defensiv und zwang sich, bei der Wahrheit zu bleiben. »Manche Sachen schon.«
Caitlin hatte das sehr deutliche Gefühl, dass ihr ein kolossaler Schnitzer unterlaufen war, aber sie hatte noch immer nicht den blassesten Schimmer, worin er bestand. Es war so, dachte sie, als schreie man unter Wasser und erwarte, deutlich gehört zu werden.
»Es wird Zeit, mit Ihrem Mann zu sprechen.«
Cait stand auf, strich ihren Rock glatt, zupfte so diskret sie konnte ihre Unterwäsche zurecht und verließ den Raum. Draußen kam sie sich vor wie in einer anderen Welt. Wenn dies doch nur alles vorbei wäre, dachte sie, während Max sich erhob, um hineinzugehen.
»Du bist dran«, sagte sie, ohne ihn anzusehen. Max ging auf Zehenspitzen um sie herum und machte einen großen Bogen um sie. Sie setzte sich auf einen Plastikstuhl, atmete tief durch, zwang sich zur Ruhe und versuchte, das Gespräch zu belauschen, das auf der anderen Seite der Tür stattfand. Dann versuchte sie, nicht zu lauschen. Dann versuchte sie, doch zu lauschen. Dann stand sie einfach auf und ging weg.
Ein wenig Bewegung würde den Schmerz lindern. Während sie umherging, konnte sie sehen, dass andere Paare während der Prozedur zusammengebrochen waren. Männer und Frauen säumten den Gang wie in einem Krankenhausflur.
Sie holte sich einen Plastikbecher, füllte ihn mit Wasser aus dem Wasserkühler an der Rezeption und suchte sich einen Stuhl, der so weit entfernt war, dass sie tun konnte, als schere es sie nicht, was er zu Tina und Charlie sagte. Sie schloss die Augen, rieb sie heftig, dann machte sie kreisende Bewegungen mit dem Kopf, um die verkrampften Muskelstränge zu entspannen. Sie befahl sich, ruhig und konzentriert zu bleiben. Sich ihre Ziele zu
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