Meine allererste Scheidung
vergegenwärtigen. Sich zu überlegen, was sie akzeptieren konnte und wozu sie Nein sagen müsste.
Es ist wie jede andere Besprechung, sagte sie sich. Es geht darum zu wissen, wann man nachgeben und wann man sich durchsetzen muss.
Dann holte sie zur Abwechslung ihr Telefon aus ihrer Handtasche. Zwei Nachrichten. Sie klappte den Apparat auf und rief die Nachrichten auf.
»Ich bin’s, Sarah«, erklang Sarahs Stimme verschwörerisch. »Hör mal, ich weiß, du bist mit Max zusammen und du willst wahrscheinlich nicht, dass er davon erfährt, aber dieser Junge, der Snowboarder, hat wegen des Dinners angerufen. Nur um den Termin zu bestätigen. Er schickt dir eine E-Mail mit allen Einzelheiten«, sagte Sarah fröhlich. »Also, ich will nicht zu viel von deiner Zeit beanspruchen. Ich hoffe, es läuft großartig – und he, zumindest hast du etwas, worauf du dich freuen kannst!«
Es war noch eine weitere Nachricht auf dem Handy, von einer Nummer, die sie nicht erkannte. Dafür war später noch Zeit, dachte sie.
Caitlin klappte das Telefon zu, dann rieb sie sich erschöpft die Schläfen. Ich bin viel zu alt für Dates, dachte sie. Am liebsten wäre sie auf der Stelle eingeschlafen. Ich bin viel zu alt, um mit Yoga anzufangen. Ich bin viel zu alt, um mit Freundinnen einkaufen zu gehen. Sie schloss die Augen, atmete vorsichtig durch und wandte sich wieder der Meditationstechnik zu, die Cassandra sie gelehrt hatte.
Caitlin atmete tief ein und aus, und ihre drohende Angstattacke wegen ihrer Scheidung und des bevorstehenden Dates verebbte.
In der Zwischenzeit stolperte Max durch seine Ansicht der Geschichte. Tina Glass hatte ihn aufgefordert, die gleiche Geschichte wie Caitlin zu erzählen oder zumindest zu umreißen, was er als Unterhaltszahlung verlangen würde. Es erschien ihr nur fair zu sein. Aber sie hatte nicht die leiseste Chance. Sie bekam kein Wort dazwischen.
Charlie, erleichtert darüber, sich Tinas Ansprache nicht anhören zu müssen, fragte sich, wie lange dieses Paar brauchen würde, um zusammenzubrechen, wenn sie endlich zusammen im selben Raum waren. Menschen waren getrennt immer beeindruckend, dachte er, während er Max leidenschaftslos musterte. Gut aussehend. Charmant. Aufrichtig. Er liebte sie offenkundig. Hatte all das Gebaren eines netten Burschen. Wirkte vertrauenswürdig. Es war traurig, dachte er bei sich. Sie machten beide den Eindruck von netten, vernünftigen Menschen.
Erst wenn sie zusammenkamen, schmolz das alles weg und wurde hässlich.
Sehr hässlich, dachte er mit einem Prickeln der Erregung, bevor er auf seinem Platz hin und her rutschte und seine Aufmerksamkeit wieder auf Max richtete.
»Was wir für gewöhnlich feststellen, ist Folgendes«, erklärte Tina, als Max zum Ende gekommen war. »Sobald die Vermittlung wirklich anfängt, wird jede Person in ihrer Version der Geschichte etwas weniger … scharf. Und da in Australien die Schuldfrage nicht gestellt wird, werden wir nicht auf das Thema Schuld zu sprechen kommen.«
»Schuld?«, fragte Max verwirrt.
»Anders als in England zum Beispiel«, erklärte sie und beobachtete, wie er sich auf sie konzentrierte. Ohne Pause fuhr sie fort: »Nehmen Sie Paul McCartney und …« Sie verstummte ratlos. (Oder benebelt vom Whisky.) »Sie wissen schon«, sagte sie und wandte sich an Charlie. »Wie heißt sie noch gleich?«
»Heather Mills«, antwortete Charlie, dessen Miene sich aufhellte. Er war ein eifriger Leser der Regenbogenpresse.
»In England kann man Schuld anführen, emotionalen Schaden, seelische Grausamkeit und so weiter – deshalb erlebt man dort so viel … Bitterkeit und so viele hässliche Geschichten. Aber hier machen wir das nicht so«, erklärte sie.
»Manchmal frage ich mich, ob das fair ist«, sagte sie halblaut.
»Nun, was immer es wert ist, ich denke, dass könnte sehr zerstörerisch für die Kinder sein«, erwiderte Max.
»Ja. Die Gerichte sehen das genauso«, sagte sie und lächelte zurück, ebenso aufrichtig. »Wie dem auch sei. In Ihrem Fall könnte das System tatsächlich zu Ihren Gunsten arbeiten«, bemerkte sie mit hochgezogenen Augenbrauen und einem schwachen Lächeln, während sie sich fragte, was er dazu sagen würde. Sie provozierte ihn bewusst, das war ihr klar.
Eigentlich sollte sie unparteiisch sein. Aber sie konnte die Dinge gerade ein klein wenig drehen. Nur um zu sehen, in welche Richtung der Wurm sich wohl wenden würde.
Er lächelte zurück, verwirrt von der Wendung, die die Fragen nahmen, und er
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