Meine allererste Scheidung
verkündete Madeleine. Molly, die erwartungsvoll an der Tür gestanden hatte, kam hereingetaumelt und hielt eine dampfende Schale auf einem Tablett mit solcher Vorsicht, dass es von ihrer nervösen Energie zitterte.
»Liebe Mum«, erklärte sie inbrünstig und runzelte die Stirn, als mühe sie sich, sich an die Ansprache zu erinnern, die sie am vergangenen Abend in der Küche mit ihrer Granny und Sarah geschrieben hatte.
»Heute feiern wir, dass du bis zehn im Bett bleibst.«
Caitlin richtete sich auf und verschränkte die Arme vor ihrer spitzenbesetzten Brust. Ein Lächeln stahl sich in ihre Mundwinkel. Was sollte das Ganze? Wahrscheinlich war heute keine Schule.
»Wir werden dir nicht erlauben, das Bett zu verlassen. Heute gibt es keine Arbeit, keine Anrufe von Kevin und keine Entwicklung brillanter Ideen.«
»Es ist nur für einen einzigen Tag«, fügte Sean hinzu, um ihre Mutter wissen zu lassen, dass sie ihre Arbeit ebenso unterstützte wie ihre Auszeit.
»Wollt ihr euch selbst auch den Tag freinehmen?«, wollte Caitlin wissen, während sie sich das Haar aus dem Gesicht schob und sie fragend ansah. »Nein!«, rief Molly, die vor Aufrichtigkeit schier platzte. »Wir gehen zur Schule, und du bleibst zu Hause.«
»Machst du Witze? Ich habe einen …«
»CAITLIN! BLEIB, WO DU BIST!«, brüllte ihre Mutter und hielt ihre Tochter fest, die Anstalten machte, aufzustehen. »Was ist, wenn ich zur Toilette gehen muss?«, protestierte Caitlin.
»Oh bitte, Mum«, erwiderte Sean, die sich fragte, wie ihre Mutter die Fernsehproduzentin manchmal derart ahnungslos sein konnte. »Natürlich darfst du das. Aber wenn du etwas anderes brauchst, wie Essen oder ein Buch oder eine Zeitschrift oder Pralinen oder dass jemand deine Lieblings-CD wechselt …«
»Aber nicht Kelly Clarkson«, befahl Molly, die zu einer weiteren Mission Richtung Küche den Raum verließ. »Die ist verboten«, schleuderte sie über ihre kleine Schulter zurück.
»… dann musst du diese Glocke läuten«, beendete Sean ihre Ausführungen.
»Ähm, hört mal, ihr alle …« Caitlin hielt stirnrunzelnd inne. »Ich bin nicht krank oder so – das kapiert ihr doch, oder? Ihr wisst, dass es mir gut geht, und ich habe wirklich so viel zu tun, dass …«
»Caitlin. Dies hier ist Vergnügen, keine Strafe. Weißt du, wie viele Frauen es herrlich fänden, bis zehn im Bett liegen zu bleiben?«, warf Madeleine ein.
»Schön, ich werde es tun. Danach muss ich mir aber einen Schlachtplan zurechtlegen – erinnert ihr euch?«
»Oh, aber das ist noch nicht alles. Verstehst du, heute ist ein besonderer Tag. Du gehst nicht zur Arbeit!«
»Ich gehe überhaupt nicht mehr zur Arbeit, falls ihr euch erinnert«, murrte Caitlin. »So gesehen ist jeder Tag ein besonderer Tag!«, fügte sie hinzu und tat sich selbst leid.
»Dies ist ein Befehl. Scht, da kommt Molly. Sie ist so aufgeregt!«
Molly stellte eine dampfende Tasse Kaffee für ihre Mutter auf den Nachttisch, entrollte ein Stück Papier und räusperte sich. »Du sollst wissen, dass wir dich für die tollste Mum aller Zeiten halten. Dass du, selbst wenn du den ganzen Tag weinst, trotzdem witzig bist. Dass du uns, selbst wenn du das Gefühl hast, ganz allein zu sein, immer noch das Gefühl gibst, geliebt zu werden.«
Sean deutete auf ihre Gitarre. »Dito. Und ich habe ein Lied für dich geschrieben«, sagte sie und nahm das Instrument.
»Was? Sean, ist das dein Ernst?« Ein Teil von ihr war erschrocken. Seans Träume von selbstgeschriebenen Songs und einer Mädchenband waren ernst, das wusste sie, aber dies, dachte sie, ist der Moment, im dem man begreift, dass man mit einem Künstler zusammenlebt – der Moment, in dem das eigene Leben anfängt, zu Songs verarbeitet zu werden.
»Ja«, antwortete sie gelassen, mit diesem so typischen süßen Lächeln, das Caitlins Herz bersten ließ. Wie kam es, dass ihre Teenagertochter so selbstbewusst war und nichts von der Gehemmtheit hatte, mit der Caitlin noch immer rang?
»Granny und ich haben es tagelang geplant. Und ich habe den Song mit Luke geschrieben. Er war irgendwie … nun, er war wirklich cool, was die ganze Sache mit dir und Dad betrifft. Wie dem auch sei, dies ist der Song, den ich mit Luke geschrieben habe, für dich …«
Seans blondes Haar fiel nach vorn und bedeckte ihr Gesicht, und sie stimmte einen Mollakkord an. Dann sah sie auf, und dieser entrückte Ausdruck trat auf ihr Gesicht. Sie hat wirklich einen unverkennbaren Sound, dachte Caitlin. »Ich
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