Meine allererste Scheidung
und hager und das Bein ein wenig nachziehend. Ein Cowboy, der der Sonne entgegengeht, dachte sie. Nette Aufnahme. Netter Moment. Netter Bursche.
Nur sein Haarschnitt war verbesserungswürdig.
Und aus dem Busch trat, leiser als eine Frau dieses Umfangs es vermuten ließ, Cassandra.
»Wow. Du bist sehr …«
»Im Busch bin ich leise. Ah, ich sehe, du hast unseren Schamanen kennengelernt. Den Cowboy.«
»Oh, der ist das also. Sarah hat mir von ihm erzählt. Was für ein Zufall«, fügte sie hinzu und spürte ein Kribbeln auf ihrem Rücken.
»Es gibt keine Zufälle, Caitlin. Euch beiden war es offensichtlich bestimmt, euch kennenzulernen.«
Eine Woge der Erregung stieg in Caitlin auf, aber sie konnte nicht umhin zu protestieren. »Unsinn.«
»Oh doch«, sagte Cassandra in einem so entschiedenen Tonfall, dass Caitlin nicht wagte, weiter zu protestieren. In Wirklichkeit war sie entzückt.
Beruhige dich, Caitlin, sagte sie sich. Sie hat die Begegnung eingefädelt – sie hat uns beide hier heruntergeschickt! Natürlich weiß sie alles. Gleich siehst du noch Feen. Reiß dich einfach zusammen und mach deinen Job.
»Hmm. Ein ungewöhnlicher Mann. Sehr maskulin. Sehr sanft.« Als Caitlin nicht reagierte, sah Cassandra ihr direkt in die Augen. »Einige Frauen«, bemerkte sie, »finden ihn sehr attraktiv.«
Sie mussten diesen Haarschnitt mögen, dachte sie, bevor sie innehielt. Er ist attraktiv, ging es ihr durch den Kopf. Warum kann ich es nicht zugeben? Bin ich etwa kein Single? Auch wenn ich verheiratet bin. Cassandra sagte nichts weiter, daher machte Caitlin sich wieder an die Arbeit.
»Dann wollen wir der Welt mal etwas über deine wunderbare Person erzählen«, schlug Caitlin vor und nahm die Kamera hoch.
Cassandra deutete auf zwei Bäume in der Nähe. »Lass uns dort hingehen. Manchmal sieht man dort in der untergehenden Sonne das Grüne Leuchten.«
Was immer das ist, dachte Caitlin, sagte jedoch nichts. Sie würde sich gern bei laufender Kamera über alles Mögliche unterhalten. »Klingt toll«, stimmte sie zu.
Eine halbe Stunde später schmerzte Caitlins Schulter von der schweren Kamera, aber sie hatte einige großartige Bilder eingefangen. Das Licht war wunderschön gewesen. Sie hatte Cassandra unten am Fluss gefilmt, wo das Wasser sich pink gefärbt hatte, und zwischen den Bäumen, durch die das goldrote Licht fiel. Es hatte nur zwanzig Minuten gedauert, aber das Lachen, die Wärme und die unglaubliche Herzlichkeit würden auf dem Bildschirm gut rüberkommen. Cassandra hatte keine Angst vor Kameras – man konnte es an ihren Augen sehen. Manche Menschen wurden ängstlich oder hatten keine Ausstrahlung mehr. Cassandra war warm und liebevoll und leidenschaftlich und witzig. Sie konnte wunderbar erzählen. Von ihrem Leben, über das Heilen – Caitlin sah sie im Fernsehen direkt vor sich. Sie hatte bereits genug Material für die erste Folge, eine Charakterskizze und beschloss, am Schluss ein paar Details zu bringen.
»Was würden Sie als Ihre besondere Stärke bezeichnen?«
»Meine Stärke ist Energie«, antwortete Cassandra kryptisch.
»Das klingt ziemlich vage und allgemein. Können Sie es näher erklären?«
»Möchtest du vielleicht vorher die Kamera ausschalten?«
»Nein, das ist in Ordnung so«, sagte sie und fragte sich, was um alles in der Welt die Frau meinte.
»Wie du willst. Nehmen wir dich zum Beispiel. Um dein Herz sehe ich einen großen Schmerz. Dunkle Flecken. Leid. Wunden. Und es hat etwas mit einem Mann zu tun, der nichts hiermit zu tun hat«, fügte sie hinzu und deutete mit weit ausladender Geste erst auf sich und dann auf die Kamera. »Jedenfalls nicht so viel, wie er gern hätte.«
Sie hat offensichtlich mit Sarah gesprochen, überlegte Caitlin. Jetzt weiß ich, an wen sie mich erinnert. Sie ist wie Mum. Nur nicht so aufreizend. Und Mum würde niemals purpurfarbenen Knittersamt tragen.
»Alles in Ordnung mit dir? Ja? Dann lass dir von mir etwas sagen. Erstens, die Kleine wird zurechtkommmen. Keine von ihnen wird viel Zeit mit deinem Ex verbringen wollen. Sie lieben ihn, aber sie vertrauen ihm nicht, und es verwirrt sie. Und die andere Kleine macht eine schwere Zeit durch – sie steht kurz vor ihrer ersten Beziehung – und sie ist so voller Hass auf ihren Vater, dass das diese Erfahrung verderben könnte. Sie wird Musik mit diesem Jungen schreiben – er heißt Luke …«
Caitlin starrte sie an.
»Und du hast Angst in Menschenmengen. Du leidest unter Panikattacken. Ganz
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