Meine allererste Scheidung
grinsten.
In ihrem Kopf lief ein ganz anderer Dialog ab. Er hätte sich ungefähr so angehört:
Caitlin: Ich weiß, dass du mich im Augenblick hasst.
Sarah:(gekränkter, verletzter Blick)
Caitlin: Ich kann dir keinen Vorwurf daraus machen.
Sarah: (immer noch verletzt)
Caitlin: Also gut. Ich gewöhne mich langsam an die Vorstellung, dass du Geheimnisse vor mir hast … und eine Freundin. Es wird aber ein paar Tage dauern.
Sarah: lächelnd, weniger verletzt, immer noch gekränkt)
»Also. Was liegt jetzt an?«, unterbrach Myra sie lachend und schüttelte den Kopf über Caitlin und Sarah. »Abgesehen davon, dass du dich mit jedem verbündest, Sarah, und Caitlin einen Mord begeht?«
»Wir spielen Led Zeppelin und packen aus«, antwortete Madeleine aus der Behaglichkeit ihres Doppelbetts, wo sie Maischips knabberte.
»Können wir nicht einfach schon mal Wein trinken?«
»Nein. Dies ist eine heilende und transformierende Reise«, erklärte Sarah in einem Tonfall, als sei sie das Oberhaupt einer Besserungsanstalt für Frauen. »Ich trinke keinen Alkohol. Der senkt meine Schwingungen«, fügte sie bedeutungsschwanger hinzu. »Eigentlich sollte keine von uns auch nur einen Tropfen trinken.«
»Verdammt«, murrte Myra und dachte an die fünf Weinflaschen, die sie unter dem Teppich im Kofferraum verstaut hatte.
»Oh, ich liebe unsere Hütte«, rief Madeleine, die sich jetzt unter die Decken des einzigen Doppelbetts kuschelte. »Sie ist so romantisch. Hoffentlich spukt es hier! Sarah, kannst du das sehen?«
»Nein«, antwortete Sarah. Sie ging zum Kühlschrank und räumte ihre Vorräte ein. Tofu. Spinat. Sojamilch.
Kein Kaffee, dachte Myra genau im selben Augenblick, in dem Caitlin – viel zu spät – bemerkte, dass es ausschließlich grünen Tee gab.
»Roman könnte es, wenn sie hier wäre«, sagte Sarah. »Aber ich durfte sie nicht mitbringen«, fügte sie geheimnisvoll hinzu.
»Meinst du mich? Ich habe nie gesagt, dass du sie nicht mitbringen sollst. Sie hätte mich interessiert«, protestierte Caitlin.
»Und wie«, ergänzte Myra.
Caitlin warf ihr einen Blick zu. (Anscheinend war es ein Tag für Blicke statt Worte.)
»Es wäre eine Folter für sie beide gewesen. Vor uns hungrigen Schakalen all die kleinen Momente junger Liebe zu erleben …« Caitlin schauderte. »Ich hätte es schrecklich gern beobachtet, aber weil ich Sarah aufrichtig liebe, bin ich froh, dass sie sich das nicht angetan hat.«
Es folgte eine Pause. Und plötzlich fiel ihr siedend heiß eine Bemerkung von Sarah ein.
»Moment mal! Du gehst mit einer von diesen Verrückten? Das hast du mir gar nicht erzählt!«, rief sie, nun ihrerseits gekränkt. Sarah hatte bisher praktisch nichts über ihre neue Liebe mit dem charismatischen Namen Roman preisgegeben. Jede neue Information war pures Gold.
»Sie ist ein Medium. Und sei nicht unhöflich, Caitlin. Sie ist meine Geliebte.«
»Oh nein!«
»Wirklich? Wie wunderbar! Ich bin davon überzeugt, dass sie bei mir Unmengen Arbeit finden könnte. Bei uns gibt es so viele Spukhäuser, weil früher so viel in der Gegend passiert ist«, sagte Madeleine. »Du und Roman, ihr müsst einmal raufkommen und euch umsehen.« Sie verbündeten sich wieder einmal.
»Ich glaube nicht, dass sie das macht … Manchmal sind es Erdgeister.«
»Natürlich. Diese Naturgeister kann man nicht fortschicken … Manche Geisterbeschwörer haben aber auch absolut keinen Schimmer«, bemerkte Madeleine aufbrausend, als sei sie die Expertin. (Das war ja typisch für sie.)
(Nadia war bei Myra und band sich gerade ein Tuch in ihr langes, schwarzes Haar. Sie stand vor einem bodenlangen Spiegel in einem improvisierten Neohippie-Bohemien-Outfit. Stilberater schlafen nie. Sie dachte sogar daran, Purpur zu tragen.)
»Ich mache einen Spaziergang. Ich werde mich mal mit Cassandra unterhalten.«
»Es fängt an zu regnen … Nimm einen Regenschirm mit«, befahl Madeleine.
»Ich mag den Regen«, erwiderte Caitlin, griff sich ihre Kameratasche und ging zur Tür.
»Nimm einen Regenschirm mit! So kannst du nicht rumlaufen.«
»Mum«, sagte Caitlin und trat hinaus. »Ich habe tagelang mehr Tränen vergossen, als jetzt Tropfen vom Himmel fallen.«
Der sanfte Regen war wunderschön, dachte sie und atmete den Duft von Blüten bei Sonnenuntergang ein. Sie kam sich fürchterlich albern vor, gleichzeitig genoss sie es ungemein. In den dunkelgoldenen Lichtstrahlen tanzten Schmetterlinge, die in den hohen Bäumen Zuflucht vor dem Regen suchten.
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