Meine beste Feindin
gekostet.
Die neue Gus wollte auch endlich diese blöden Möbel loswerden, und das konnte sie nicht alleine, Superheldenfantasien hin oder her. Sie hatte auch wenige Möglichkeiten, Freunde zu Hilfe zu rufen, denn Amy Lee konnte man natürlich vergessen, und bei Georgia ging nur die Mailbox ran.
»Das wäre wirklich nett«, sagte ich mit einem breiten Lächeln und bat Erwin herein.
Mit Erwins Hilfe (in Wirklichkeit hieß er Steve, wie ich nun erfuhr, aber die Umstellung fiel mir schwer) schleppte ich alle Möbel, die ich seit dem College zusammengeklaubt hatte, die Treppe hinunter und ließ sie auf dem Bürgersteig stehen, damit der nächste Besitzer sich an ihnen erfreuen mochte. Irgendwie schien sich damit der Kreis zu schließen - vom Bürgersteig bist du gekommen, auf den Bürgersteig kehrst du zurück. Ich war davon überzeugt, dass Bostons Studentenschaft sich noch vor Einbruch der Dunkelheit daran gütlich tun würde.
Erwin/Steve entpuppte sich als geschickter Handwerker, und im Nu säumten einheitliche, zueinander passende Bücherregale die Wände in meinem Wohn- und Schlafzimmer - und zwar solche, die nicht aus traurigem Sperrholz gemacht waren und die meinen Büchern ein Zuhause boten, ohne auf dem Fußboden Platz wegzunehmen. Danach stellte ich fest, dass meine Wohnung wesentlich größer war, als ich angenommen hatte - denn einige Regionen des Fußbodens hatte ich seit meinem Einzug nicht mehr zu Gesicht bekommen.
Es stellte sich ebenfalls heraus, dass Erwin/Steve viel netter war als vermutet. Er schrieb Artikel für Zeitschriften und lebte von Abgabetermin zu Abgabetermin, ständig auf Koffein und Adrenalin. Was auch erklärte, warum er jedes Mal völlig ausgeflippt war, wenn ich seine Routine mit zahlreichen Unterbrechungen durcheinandergebracht hatte. Er war darüber hinaus Besitzer eines Pick-up-Trucks, und so fuhren mein neuer Freund und ich am nächsten Tag zu einem Möbelhaus in der Nähe des Copley Square, und ich investierte einen Großteil meiner Ersparnisse in ein dick gepolstertes Sofa, einen Sessel und einen Hocker, alle in dunklem Burgunderrot und mit vielen dazu passenden Kissen. Diese Möbel machten mich glücklich, wenn ich sie nur ansah. Erwin half mir dabei, mein neues, erwachsenes Mobiliar in meine Wohnung hochzuschleppen, und dann bestellte ich uns zur Feier des Tages eine Pizza.
Schließlich zog er sich zurück, um an dem nächsten Artikel mit bedrohlich näher rückendem Abgabedatum zu arbeiten, und ich saß still in meinem neuen, veredelten Apartment und war glücklich mit dem, was ich sah.
Innerhalb weniger Tage hatte sich meine Wohnung von einer traurigen, jämmerlichen College-Bude in ein anheimelndes, gemütliches Zuhause verwandelt, und ich war nicht sicher, ob ich hier je wieder wegwollte. Klar, hier und da war noch etwas zu tun, aber zum ersten Mal war das Apartment wirklich wohnlich. Ein Ort, um zu entspannen, zu lesen und, da war ich mir sicher, um erwachsen zu werden. Das musste man in so einer Umgebung einfach. Sie verlangte ja geradezu danach.
Und wenn ich eine solche Veränderung in meinem Apartment herbeiführen konnte - dem Inbegriff ewigen Wohnheimelends, wie Amy Lee es einst genannt hatte -, dann konnte es ja wohl auch nicht schwierig sein, bei mir selbst ein wenig Großreinemachen zu betreiben. Ein neues Jahr stand vor der Tür. In zwei Tagen würde ich dreißig werden, und es war höchste Zeit, dass ich der Welt die neue, veredelte Gus vorstellte. An den Details würde ich noch etwas feilen müssen, aber der grobe Entwurf stand inzwischen. Ich wusste, wie ich sein wollte , jetzt musste ich nur noch einfach so sein , wie ich es wollte.
Vorher hatte ich ja schon einmal gedacht, dass ich mir alles ganz genau überlegt hatte. Mein Plan war perfekt gewesen. Ich wollte die Schwelle zur Dreißig mit der dreizackigen Krone überschreiten: eine feste Beziehung, ein guter Job, fantastische Freundinnen. Aber dann hatte Nate sich nicht an den Plan gehalten. Und ich wusste nicht so recht, was mit meinen Freundinnen eigentlich los war. Ich war auch nicht sicher, ob ich die Sache mit ihnen wieder hinbiegen konnte. Aber wenigstens blieb mir noch meine Arbeit, der Punkt ging also an mich.
Vielleicht musste ich auch einfach akzeptieren, dass sich bis zu meinem Dreißigsten nicht alle Fragen klären würden. Vielleicht sollte ich einfach nur an mir arbeiten, und der Rest würde ganz von selbst passieren.
Ich war mir ziemlich sicher, dass man dieses Vorgehen im
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