Meine beste Feindin
war.«
Georgia betrachtete Linus, der auf der Schwelle zwischen Wohnzimmer und Küche ausgestreckt dalag und mit seinem buschigen Schwanz rhythmisch auf den Boden klopfte. Als er merkte, dass es um ihn ging, sprang er auf und kam zappelnd und schlabbernd zu uns herüber.
Georgia befreite sich von meinem Hund und sah mich an.
»Du willst, dass ich mein Hotelzimmer mit einem Tier teile?«, stieß sie hervor.
Ich öffnete den Mund, um mit der perfekten Bemerkung zu antworten, aber sie hob die Hand.
»Wage es nicht!«, warnte sie.
»Du weißt doch gar nicht, was ich sagen wollte.«
»Dass ich schon mit weitaus abstoßenderen Tieren mein Hotelzimmer geteilt habe?« Georgia schnaubte, während ich versuchte, unschuldig dreinzublicken. »Ja, das dachte ich mir.«
»In letzter Zeit hat er wirklich eine besonders gehorsame Phase«, log ich. »Ich wette, es macht dir sogar Spaß.«
Georgia blickte gen Himmel und seufzte dann schwer.
»Wenn ich je herausfinde, dass du das mit Absicht eingefädelt hast, dann werde ich dir den Rest des Lebens zur Qual machen«, versprach sie.
»Sehr beeindruckend, Georgia«, gab ich zurück. »Aber vielleicht solltest du irgendwas mit deinen Haaren machen, bevor du das nächste Mal so eine Drohung ausstößt. Niemand nimmt Struwwelpeter ernst.«
Georgia fasste sich an den Kopf und zog an einer der rebellischen Strähnen, die sich aus ihrem Haarknoten gelöst hatte.
»Also wirklich«, stöhnte sie, »diese Haare sind der Fluch meines Daseins. Sie fallen mir immer in den Rücken. Du hättest dich vor Angst im Staub wälzen sollen. Vielleicht sogar in Tränen ausbrechen. Ich war so gut.«
»Wie auch immer, Struwwelpeter«, sagte ich und schwang meine Tasche über die Schulter. »Auf geht’s.«
Kapitel 20
Der winzige Mietwagen sah eher aus wie ein Spielzeug. Linus belegte bereits die gesamte Rückbank, als Georgia sich hinter das Steuer klemmte. Es faszinierte mich, dass ihre langen Beine dort überhaupt Platz fanden.
»Wo hast du bloß diese Karre aufgetrieben?«, fragte ich. »Und warum nicht gleich ein Matchboxauto, wenn du schon mal dabei warst?«
»Das war der einzige günstige Wagen, den ich über Silvester noch kriegen konnte«, erklärte Georgia. »Du kannst froh sein, dass wir nicht mit dem Bus fahren müssen. Das ist Amy Lees Schuld - eigentlich sollten wir mit ihr fahren.«
Wir schwiegen, bis wir uns bei Starbucks für die Fahrt eingedeckt hatten - becherweise Latte und das eine oder andere aus der Backabteilung, denn offensichtlich verlangte dieser Morgen danach. Wir verließen die Stadt, und sobald wir endlich auf der Interstate 93 Richtung Südosten waren, rückte Georgia ihre Sonnenbrille zurecht und räusperte sich.
Es wirkte so formell, dass ich augenblicklich meine Betrachtungen der kargen Winterlandschaft unterbrach, die ich melodramatisch mit meinem Gefühlsleben verglich, und sie ansah.
»Es gibt Neuigkeiten«, seufzte ich glücklich, nachdem ich ihren Gesichtsausdruck gedeutet hatte. »Ich wusste es!«
Dann lehnte ich mich zufrieden zurück und lauschte ihren Ausführungen.
Mit Chris Starling war die Situation, wie zu erwarten, äußerst peinlich gewesen.
»Am besten halten wir Beruf und Privates ganz klar auseinander«, hatte er ihr gesagt, als sie sich das nächste Mal im Büro trafen. Direkt nach dem Vorfall mit der Sheraton-Hure. »Was in Scranton passiert ist, bleibt auch da. Wir sind schließlich beide Profis.«
»Und das meinte er ernst«, erklärte sie düster. »Plötzlich verwandelte er sich in Mister Firmenteilhaber. Er nannte mich nicht mehr beim Vornamen, alles war plötzlich ganz formell. Er hat mich nicht mal mehr selbst angerufen, immer war seine Sekretärin am Apparat.« Sie schüttelte den Kopf. »Im Grunde genommen hörte er einfach auf, mich zu belästigen, und in genau diesem Augenblick - in dem Moment, in dem er sich in den seriösen Anwalt verwandelte, den ich mir immer als Kollegen gewünscht hatte -, da fand ich es plötzlich ganz schrecklich.«
Sie hatten an einigen besonders unangenehmen Verhandlungen in Seattle teilgenommen. Georgia hatte nur zwei Tage freibekommen, um ihre Familie zu sehen. Was problematisch war, weil ihre Mutter, wie ich mir nur allzu lebhaft vorstellen konnte, sich so gar nicht von einer beruflichen Karriere beeindrucken ließ, aufgrund derer Georgia bislang noch immer Single ohne Aussichten auf eine Hochzeit war und die sie daran hinderte, an Weihnachten mehr Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, wie es
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