Meine Cousine Emilia: Roman (German Edition)
ihnen durchdrungen: die Regale aus schwarzem, speckigem Holz, die sich an den Wänden entlangzogen, die auf dem Boden liegenden Säcke mit großen und ungewöhnlichen Zeichen, die Porzellangefäße auf dem Ladentisch. Dahinter saß der bebrillte, weißhaarige Verkäufer. Als wir eintraten, hob er den Blick von der Zeitung, in der er gerade las. Es war eine alte und vergilbte Zeitung, und nachdem er unsere Bestellung aufgenommen hatte, wickelte er zehn kleine, harte Muskatnüsse darin ein.
»Die Straße ist gesperrt«, sagte er, »ihr müsstet einen großen Umweg machen. Besser, ihr geht hier entlang.« Und er öffnete die Hintertür. Wir gingen über den Hof, durchschnitten die Silberbänder des Mondlichts, die über die Zweige der großen Bäume fielen. Sie malten Muster in die Dunkelheit, die sich wie das Fell eines großen und warmen Tieres zwischen den Bäumen ausdehnte. Aus dem Hof hinaus gelangte man durch einen großen Vorbau, ein von Weinranken bewachsenes, überwölbtes Tor. Ich erkannte darin sofort den Hintereingang zu unserem Grundstück, und tatsächlich, kaum hatten wir zehn Schritte zurück in den Hof getan, stellten wir fest, dass wir ohne es zu bemerken durch den nur selten benutzten und fast vergessenen Seiteneingang, zu dem eine kleine Treppe emporführte, gegangen waren. Ich machte das Licht an. Der Hof um uns herum, der uns bisher völligunbekannt vorgekommen war, erhielt seine vertrauten Konturen zurück.
Meine Cousine Emilia stand verwirrt da. »Was sollen wir denn nur sagen?«, fragte sie. Ich deutete auf die in die Zeitung eingewickelten Muskatnüsse: »Die Hauptsache ist doch, dass wir die hier haben.« Während sie klingelte, warf ich einen Blick auf die Zeitung. Es war eine sehr alte Lokalzeitung, die lange vor unserer Geburt erschienen war. Auf dem vergilbten Blatt stand in großen Buchstaben eine Überschrift: »Großbrand in der Stadt«, und darunter in kleineren Buchstaben: »Wegen Straßenbauarbeiten konnte das Feuerwehrauto nicht zum Brandort gelangen«.
Meine Cousine Emilia, die mehrfach geklingelt hatte, drückte die Klinke herunter. Die Tür war nicht verschlossen. Wir gingen ins Haus und tasteten in der Dunkelheit nach den vertrauten Vorsprüngen der Möbel. In den dunklen Zimmern schliefen die Kinder, noch angezogen, die Gesichter in den Kissen vergraben. Auf dem Küchentisch stand der schon aufgegangene Teig, über dem sich Fliegen sammelten.
Aus dem Innern des Hauses war das Summen einer Unterhaltung zu hören. Wir gingen zum Wohnzimmer. Doch vor der Tür schrie meine Cousine Emilia erschrocken auf. Im Halbdunkel funkelte auf dem kleinen Tisch ein wunderbar polierter, mit rätselhaften Zeichen verzierter Feuerwehrhelm.
Wir starrten ihn verblüfft an. Die Nacht war erfüllt gewesen von überwältigenden, dunklen und unbegreiflichen Ereignissen, und das hier war zweifelsohne noch eine weitere ihrer unerwarteten Botschaften.
Im geräumigen Wohnzimmer waren die Männer in ein Dominospiel vertieft. In ihrer Mitte saß unser entfernter VerwandterPetar, ein Berufsfeuerwehrmann, in einer Uniform voller Streifen und Messingknöpfe. Die Frauen drängten sich am Fenster zusammen und erzählten einander leise etwas. Von Zeit zu Zeit brachen sie in Gekicher aus. Milena, die jüngste Tante, wurde dann immer rot. Nur ein Onkel hob den Kopf, gähnte und fragte: »Ihr seid wohl fortgewesen?«
»Es hat gebrannt«, sagte ich schnell. Bei diesen Worten sprang Petar vom Tisch auf und musterte uns streng. »Wo denn?«, fragte er. »Wie kommt es, dass ich davon nichts weiß?«
Ich versuchte, es zu erklären. Sie hörten nur mit halbem Ohr zu, und ich war noch nicht weit gekommen, als sich auf ihren Gesichtern bereits Ungeduld abzeichnete.
»Was hast du denn da in der Hand?«, fragte ein Onkel und zeigte auf die Zeitung, die ich festhielt. Und bevor ich etwas sagen konnte, hatte er sie mir schon weggenommen. Als er das Datum auf der Zeitung bemerkt und die Überschriften gelesen hatte, drehte er sich zu den anderen um und verkündete feierlich: »Er hat das alles nur in einer alten Zeitung gelesen.«
Ich schwieg. »Er hat den Großbrand in den Gewürzlagerhäusern gemeint«, fuhr er fort. Alle schrien entzückt auf. Laut rechneten sie nach, wie viele Jahre seitdem vergangen waren, und äußerten ihre Meinung zu diesem Ereignis.
»Ich habe eine Fotografie davon«, sagte Opa Simon und ging in sein Zimmer. Als er zurückkam, fuchtelte er gewichtig mit einer großen vergilbten Fotografie, die
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