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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Parkgarten ein Stall gebaut. In großen Gärten fällt das nicht auf. Mit meinem Schwiegervater könnte ich Golf spielen in seinem Garten. In dem Garten, der zum Reihenhaus meiner Familie gehörte, musste man sich dagegen entscheiden: Wenn der Hamsterkäfig mal in den Garten gesetzt wurde, hatten wir selbst nicht mehr viel Platz.
    Deshalb liebe ich Altbauwohnungen und habe Angst vor Doppelhaushälften, Reihenendhäusern und auch vor Grillfesten. Pia ahnt nichts von meinen Ängsten, ein Kleinbürger zu sein. Und wenn doch, dann ist sie so fein, es mich nicht merken zu lassen.
    Ich habe also nicht so sehr Angst vor einem Leben mit Haus und Garten, sondern davor, meine städtische, urbane, metropolitane, also ganz und gar unspießige Identität zu verlieren, auch wenn es nur eine gemietete ist.
    Es gab mal eine Werbung für eine Bausparkasse im Fernsehen. Die ging so: Ein Mädchen sitzt mit seinem Vater vor einer Art Jute-statt-Plastik-Wohnwagen. Das Mädchen sieht aus, als trage sie ein Katzenfell mit Batikmuster als Pullover. Und ihr Vater sieht aus, als hielte er den Vietnam-Krieg für ein akutes Problem, wogegen man schleunigst rebellieren müsste - wenn man nur nicht so bekifft wäre. Das ganze Wohnwagencamp sieht aus, als habe jemand einen Cannabis-Blumentopf
und die Attac-Gründungsurkunde zu einem Reservat für plakatives Unangepasstsein zusammengeschraubt. Im Hintergrund will eine Frau, die Anzeichen einer Feng-Shui-Überdosis zeigt, ihre Unterwäsche artgerecht zum Trocknen aufhängen. Ein Mann spielt Bongo.
    Das Mädchen, es heißt Lena, erzählt von einer Familie, die in einem Eigenheim vor der Stadt lebe. Der Vater, Horst, sagt: »Das sind doch Spießer.« Dann erzählt das Mädchen von einer schönen Stadtwohnung. Der Vater sagt: »Auch Spießer.« Und das Mädchen sagt: »Papa, wenn ich groß bin, dann will ich auch mal Spießer werden.« Ein schöner Werbespot von irgendeiner Bausparkasse. Pia mag diese Werbung, weil sie mich und meine extrem spießige Spießerangst vor einem Spießerdasein geradezu ins Herz trifft.
    Vor allem wird mir durch diese Werbung die Basis meines klar definierten Lebensgefühls entzogen, weil ein Haus vor der Stadt und eine Wohnung in der Stadt, wenn man es mal nüchtern wie Lena betrachtet, eigentlich gleich spießig oder gleich cool sein müssten. Es ist aber schlimm, wenn sich gute alte Feindbilder verabschieden.
    Haus oder nicht Haus, das ist hier die Frage. Ich bin Hamlet und kann nun auch deshalb nicht mehr schlafen. Ich sehe mich zwar nicht mit Totenkopf in der Hand, aber dafür mit einem Bausparkassen-Hausmodell aus Plastik mit putzigem Ziegeldach. Daher wackle ich mit den Zehen im Takt zu »Einmal im Leben« in
der Version einer Achtziger-Jahre-Band. Mit den Zehen wackeln, weil man nicht mehr schlafen kann, aber trotzdem zu müde ist, um aufzustehen: Das ist ein Zeichen. Man muss es ernst nehmen. Hühner picken nach Körnern oder erkunden den Hühnerstallboden, wenn sie nicht wissen, was sie tun sollen. Männer, vor allem jene in der Mitte des Lebens, picken nicht nach Körnern. Aber manche wackeln mit den Zehen. Man könnte glauben, sie erkunden in Ermangelung eines Hühnerstallbodens den Sinn ihres Lebens.
    Frühmorgens schlaflos im Bett: Dort kann es einem schon mal so vorkommen, als sei der Unterschied zwischen Popsong, Leben und Hühnerstallboden nur marginal.

2. Kapitel, in welchem sich Waschbär und Halbesel gute Nacht sagen, während ein CIA-Agent, der wie Harrison Ford aussieht, genau das gleiche Problem hat, das ich auch habe: eine Frau, die einen Garten will.
    Pia ruft mich im Büro an, es geht um Kleinigkeiten, ums Abendessen, um Julias Handy, das peinlich ist, weil es die Größe eines Schokoriegels hat und aus der Antike der Handykultur stammt, also zwei Jahre alt ist, es geht um eine Verabredung mit Freunden am Wochenende, um Anton, der nicht mehr zum Fußballtraining will. Solche Sachen.
    In letzter Zeit verstummen meine beiden Kollegen in der Redaktion, die sich mit mir das resopalgraue Büro teilen, sobald Pia anruft. Gespräche, in denen die Worte »Haus«, »Makler« oder »Kredit« fallen, finden Oli und der Lange immer interessant. Sie sind auch Mitte vierzig und haben Frauen.
    Dann geht es am Telefon plötzlich um den Garten, also um alles. Der Ton wird rauer. Pia ist gerade 36 geworden und findet: Gartenmäßig läuft jetzt ihre biologische Uhr ab.
    Es gibt, das weiß ich aus dem Zoo, eine Halbeselart, bei der zeichnen sich die Hengste dadurch

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