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Meine Frau will einen Garten

Meine Frau will einen Garten

Titel: Meine Frau will einen Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Matzing
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Rauchglastisch der Diagnose-Lounge. Sie lächelt mit ihren grünen Katzenaugen ein schönes, aber auch verdammt siegessicheres Lächeln. Wir fahren in unsere Wohnung zurück. In unsere tolle Wohnung, von der ich annehme, dass sie nicht mehr lange unsere tolle Wohnung sein wird.

    Abends kochen wir zusammen. Zur Feier meiner Knoten, die sich als harmlos herausgestellt haben, mache ich Wiener Schnitzel und Kartoffeln vom Blech. Das gibt es auch deshalb, weil sich Julia, Anton und Max bisher auf kein anderes akzeptables Essen einigen konnten. Sie sind nicht gerade Kulinariker oder brennend interessiert an exotischen Gerichten.
    Pia, begeistert von der seelischen Trendwende meinerseits, die so offensichtlich in der Diagnoseklinik eingeläutet wurde, drückt mir nach dem Essen noch ein paar Architekturmagazine aus ihrer Agentur in die Hand und sagt: »Dann kann es endlich losgehen.« Pia hat’s mit der Kultur. Sie hat Kunstgeschichte studiert und macht jetzt PR für Architekten, Designer und Künstler. Das hat uns viele nette Abende eingebracht mit unterhaltsamen und sympathischen Leuten, die ich in aller Regel wahnsinnig nett, extrem kreativ und total unzurechnungsfähig finde.
    Ich habe es mehr mit den Fakten. Ich bin Journalist bei einer Zeitung in München. Dort habe ich ein Büro in einem Hochhaus neben der Autobahn. Vom Hochhaus kann ich morgens und abends Leute sehen, die aus den Vororten kommen oder in die Vororte fahren. Von meinem Büro aus erinnern die Pendler an eine fahrende Lichterkette.
    Auf keinen Fall hätte ich mich, begreife ich jetzt, mit dem »Großen Bauherrentest« und in beinahe tadelloser Gesundheit erwischen lassen dürfen. Pia hat eindeutig Oberwasser.

    Die Zeitschriftenlektüre ist anregend. So viele schöne Häuser, aber keines davon ist in der Stadt. Ich schlafe spät ein und werde schon wieder früh wach. Ich wälze mich im Bett herum. Einerseits bin ich glücklich wegen meiner harmlosen Knoten, die ich seit Monaten für Todesboten gehalten habe, andererseits steht jetzt, da ich so gesund bin, das Hausthema neben mir am Bettrand wie ein großer schwarzer Schatten. Dass man den Tag aber auch nie ohne die Nacht haben kann. Mir kommt ein Song der Talking Heads in den Sinn, der genauso heißt wie eine frühere Fernsehserie über die Familie Semmeling, in der sich eine Familie ein Häuschen baut, wobei alles schiefgeht, was nur schiefgehen kann. »Einmal im Leben« heißt der Mehrteiler aus den siebziger Jahren. Und »Once In A Lifetime« heißt der Song der Talking Heads. Aus den achtziger Jahren.

    Ich stamme rein biografisch aus den sechziger Jahren, fernsehmäßig aus den Siebzigern, popkulturell aus den Achtzigern, und jetzt, zu Beginn des neuen Jahrtausends, mitten in einer Weltwirtschaftskrise, die sich gewaschen hat, in einer Ära, die gerade an der Mindesthaltbarkeitsgrenze ankommt, um schon bald bei Aldi oder Lidl preisreduziert angeboten zu werden, ausgerechnet jetzt soll ich ein Haus bauen. Und es sieht sehr danach aus, als wäre dieses Haus mein Einmal-im-Leben-Ding.
    Deshalb mache ich mir Sorgen. Ich vermute, dass ich überhaupt kein Bauherrentyp bin. Ich bin der Miettyp.
Aber den großen Miettyptest bieten die Zeitschriften, die Träume verkaufen, nicht an.
    Dinge, die sich dreißigtausendmal im Leben ereignen, das tägliche Aufstehen eines Mannes zum Beispiel, gehen einem irgendwann leichter von der Hand als Einmal-im-Leben-Phänomene. Selbst heiraten kann man beliebig oft. Theoretisch. Wenn man die Nerven hat und nicht katholisch ist. Und Kinder kann man dutzendweise haben. Theoretisch. Wenn man die Nerven hat und nicht in der Single-Welthauptstadt München lebt. Wie ich und Pia, die katholisch ist (ich nicht). Unsere Kinder sind übrigens auch katholisch. Die mächtigen Katholiken in unserer Familie wollen ein Haus und einen Garten. Ich nicht.
    Pia will ein Haus, weil das praktisch ist. Sie will einen Garten, weil man sich dann bei schönem Wetter nicht fragen muss, wohin man denn jetzt schon wieder fahren könnte. Weil man dann keinen Parkplatz suchen muss. Weil man dann keine Einkaufstüten viele Treppen hoch- und Altglas viele Treppen runterschleppen muss. Weil jedes Kind ein Zimmer haben könnte. Weil man statt der horrenden Miete auch ganz gut die Kreditzinsen und die Tilgung für das eigene Haus bezahlen kann. »Ein Haus ist die perfekte Altersvorsorge«, sagt Pia.
    My home is my castle, mein Heim ist meine Burg, daheim bin ich König, trautes Heim, Glück allein: Das

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