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Meine Freundin, der Guru und ich

Meine Freundin, der Guru und ich

Titel: Meine Freundin, der Guru und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Sutcliffe
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anderes.«
    »Na ja, warum bleibst du dann nicht hier und machst einen Urlaub draus? Dann hast du wenigstens ein bißchen Spaß. Fahr in einen dieser blöden Ferienorte, wo die Leute bloß am Strand rumhängen und vergessen, daß sie in Indien sind. Warum sitzt du nicht den Rest deiner Zeit in Goa am Strand ab?«
    »Da komm ich gerade her.«
    »Es gibt noch andere Orte, die sind genauso. Du könntest nach Kovalam gehen. Oder Ajmer.«
    »Da war ich, bevor ich in Goa war.«
    »Und jetzt hast du genug von Indien?«
    »Ja.«
    »Aber es scheint nicht, daß du besonders viel davon gesehen hast.«
    »Das ist mir egal. Ich hab die Nase voll von Indien.«
    Zum ersten Mal, seit ich ihn kannte, wurde Igor ganz still.
    »Du hältst mich für blöd«, sagte ich.
    Er zuckte die Achseln.
    »Doch. Du hältst mich für blöd.«
    »Nicht für blöd. Nur für jung. Zu jung.«
    »Wofür?«
    »Für dieses Land.«
    »Es gibt Inder, die sind wesentlich jünger als ich.«
    Er lachte. »Aber die leben hier.«
    »Na und?«
    »Dave – ich muß jetzt gehen.«
    »Okay.«
    »Ich geh jetzt.«
    »Dann geh doch.«
    »Tschüs, Dave. Alles Gute.«
    »Tschüs. Und danke.«
    »Amüsier dich, ja?«
    »Ja.«
    Er ging aus dem Zimmer und schloß die Tür, ohne sich auch nur noch einmal nach mir umzudrehen. Eigentlich war es ein Jammer, sich auf diese Art und Weise zu verabschieden, aber irgendwie konnte ich nichts dagegen machen. Ich wollte einfach nicht wieder im Stich gelassen werden und fand es schwierig, in der Situation großherzig zu sein.
    Nachdem ich ein paar Stunden auf die geschlossene Tür gestarrt hatte, kam ich zu dem Ergebnis, daß die Zeit reif war, um ein bißchen die Außenwelt zu erkunden. Es dauerte eine Weile, bis ich meine Schuhe ausfindig gemacht hatte. Sie lagen neben der Toilette, wo ich sie vor einer Woche ausgezogen hatte.
    Auf wackeligen Beinen lief ich den Flur entlang, durch die Hotellobby und hinaus in die brutal helle Sonne.

Äußerst lehrreich
    Ich wankte über die Straße und war bereits nach wenigen Schritten so müde, daß ich mich auf dem Bordstein niederließ, um eine Verschnaufpause zu machen. Ein guter Platz, um die Welt an sich vorbeiziehen zu lassen. Es dauerte nicht lange, und ein älterer Herr setzte sich dazu, um mir Gesellschaft zu leisten.
    »Sie werden's kaum glauben, aber vor der Teilung waren die meisten meiner Spielkameraden britische Staatsbürger«, sagte er.
    Er sah ein bißchen wie ein langweiliger alter Trottel aus, und normalerweise hätte ich ihn wahrscheinlich ignoriert, aber diesmal war ich froh, jemand zu haben, mit dem ich reden konnte. Daher suchte ich nach einer freundlichen Antwort.
    »Ach, wirklich? Das … äh … ist ja 'n Ding.«
    »Aber gewiß doch. Johnny, Peter und Freddie – wir waren die dicksten Freunde. Natürlich haben sie nach 1947 alle das Land verlassen.«
    »Alle drei?«
    »Tja, die Teilung, mein Junge. Eine Menge feiner Kerle mußten damals recht flott ihre Zelte abbrechen.«
    »Das ist ja schrecklich. Und warum … äh … hatten Sie so viele englische Freunde?«
    »Britische, mein Junge, britische. Wir dürfen unsere kaledonischen Landsleute nicht vergessen. Sehen Sie, Freddie war zum Beispiel ein Schotte.«
    »Ah ja. Aber warum waren sie alle …?«
    »Mein lieber verstorbener Vater, Gott habe ihn selig, war eine tragende Säule der Kirche. Und ich habe meinerseits das große Glück gehabt, in seine Fußstapfen treten zu dürfen. Sind Sie Christ?«
    Ich spielte mit dem Gedanken, zu erwidern, daß ich vielmehr Arsenal-Fan sei, befand dann aber, daß es taktvoller war, zu lügen.
    »Ja.«
    »Church of England?«
    Ich wußte nicht mehr genau, welche das war, aber es war offenkundig, daß er wollte, daß ich ja sagte, also nickte ich.
    »Wunderbar. Was für eine glückliche Fügung. Erlauben Sie mir, daß ich mich vorstelle – Charles A. Tripathi junior.«
    Er schüttelte meine Hand.
    »Ich heiße Dave, David.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen. Möchten Sie etwas Tee?«
    »Ah … ja, schon.«
    »Kommen Sie doch mit zu mir nach Hause. Es ist nicht so angenehm, allein zu sein.« Ich wußte nicht, ob sich das auf ihn oder mich bezog, gehorchte aber und folgte ihm die Straße hinunter. Er bog in eine Seitenstraße, wobei er einige Schritte vor mir herlief und keinen Versuch unternahm, sich mit mir zu unterhalten.
    Gerade als ich dachte, daß ich es nicht mehr viel weiter schaffen würde, erreichten wir ein winziges Haus aus Beton. Er blieb an der Tür stehen und winkte mich

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