Meine Freundin, der Guru und ich
richtig erkennen, aber sie kamen mir auf irgendeine Weise vertraut vor.
»Das ist wirklich komisch«, sagte Ranj.
»Ich glaube, die kenne ich.«
»Weißt du, was ein weißer Sari bedeutet?«
»Nein.«
»Das ist, wie wenn man in England Schwarz trägt.«
»Wie – du meinst, wenn man trauert?«
»Ja. Witwen müssen Weiß tragen – das ist ein Symbol für Verzicht auf weltliche Freuden und so 'n Scheiß.«
»Meinst du …?«
»Sie raucht 'n Joint. Das darf nicht wahr sein! Hat so was an – und raucht 'n Joint.«
»Ich glaub, ich kenn die wirklich.«
»Das ist voll gespenstisch. Da läuft's mir echt kalt den Buckel runter.«
»Ich schau mal nach.«
»Tu dir keinen Zwang an. Ich geh inzwischen die Schnecken auschecken.«
Als ich näher kam und die Gesichter deutlicher zu erkennen waren, stellte ich fest, daß die beiden Mädchen tatsächlich – Fee und Caz waren. Sie sahen aus wie der Tod und waren noch dünner als vorher. Ihre Haut war blaß und fleckig und die Haare fettig. Als Fee mich näher kommen sah, mußte sie erst zweimal hinschauen.
»Mein Gott«, sagte sie. »Du bist's!«
»Ja.« Sie starrte mich mit einer Mischung aus Entsetzen und Abscheu an.
»Was ist denn mit dir passiert?«
Ich wollte gerade erklären, daß ich krank geworden sei, als ich begriff, daß sie sich auf das Hawaiihemd und die zitronengelben Shorts bezog sowie auf das Cocktailglas in meiner Hand und die Schnorchelausrüstung, die ich um den Hals hängen hatte.
»Ach, na ja. Das Übliche halt«, sagte ich. Sie wußte nicht, was sie darauf erwidern sollte.
»Aber … was machst du hier?«
»Na ja, du weißt schon. Bißchen abhängen. Und du?«
»Eigentlich genau das gleiche.«
Wie mir jetzt erst auffiel, saß ihre Freundin Caz kerzengerade im Sand, starrte in die Ferne und schaukelte dabei vor und zurück wie ein autistisches Kind. Sie hatte mich bisher nicht angesehen, ja schien noch nicht einmal meine Gegenwart bemerkt zu haben.
»Geht's ihr gut?«
»Nein. Zufälligerweise nicht«, erwiderte Fee in einem Ton, der den Eindruck vermittelte, als ob das meine Schuld wäre.
»Das ist ja wirklich ein Mordszufall. Was macht ihr denn hier unten? Ich dachte, ihr wärt mit der Dings im Aschram.«
»Die Dings, wie du sie mit Recht nennst, ist bei uns nicht mehr so gut angeschrieben.«
»Was hat sie denn gemacht?«
»Ist 'ne lange Geschichte.«
»Ich hab Zeit«, sagte ich und ließ mich im Sand nieder. Wie ich registrierte, hatte Ranj sich bereits in die Gruppe der blonden Badenden eingeschleust. Caz schaukelte immer noch hin und her und starrte aufs Meer hinaus.
Ich erkannte, daß Fee total angespannt war und unter Streß stand. Und daß sie, obwohl sie es nicht zugeben wollte, froh war, mich zu sehen. Sie starrte mich eine Weile lang an und zog an ihrem Joint, bevor sie ihn mir hinhielt und zu erzählen begann.
»Letzten Endes ist das alles nur wegen diesem Typen. Er heißt Ping …«
»Ping?«
»… und ist Lehrer für Intimes Yoga in unserem Aschram. Jedenfalls – wir waren in diesem Jahr schon zweimal vorher da, und jedesmal hat sich Caz mehr reingesteigert in dieses Ding mit Ping. Jedenfalls – dieses Mal hatten wir die Dings dabei, und wir stellen sie Ping auch noch vor – und es ist ja nicht so, als ob sie nichts von dieser Sache mit Caz und Ping – und … und … ich kann nicht mehr.«
Sie verstummte und starrte mit geschürzten Lippen ins Leere.
»Was ist passiert?«
»Na gut – um's kurz zu machen: Wir waren gerade in einer Intimyoga-Sitzung, und Ping war gerade damit beschäftigt, Liz … ich meine, Dings dabei zu helfen, ihr Zentrum zu finden, als Liz mit einem Mal anfängt, auf so 'ne für einen Neuling total unmögliche Art zu stöhnen. Ich mein, die hat das ganz eindeutig nur vorgespielt. Wir waren ja erst seit einer Woche da. Jedenfalls – die Dings fängt an zu stöhnen wie so eine billige Nutte, und die beiden stehen auf und gehen Hand in Hand raus. Inzwischen hat Caz ein ziemliches Gespür für Pings Stimmung und weiß natürlich genau, was los ist. Sie wartet also ein paar Minuten und geht dann zum Einzelunterrichts-Raum. Und … und dann … ich kann einfach nicht mehr.«
Es folgte eine lange Pause.
»Und was war dann?« fragte ich schließlich.
»Na ja – stell dir Caz' Überraschung vor, als sie ihren Kopf durch die Tür steckt und entdeckt, daß … daß sie schon voll beim Tantrischen angekommen waren.«
»Wie bitte?«
»Sie waren … schon beim Tantrischen
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