Meine geheime Autobiographie - Textedition
balgen, und die Windstöße sie schüttelten und herunterrissen. Ich weiß noch, wie hübsch die Flecken waren, die die Brombeeren hinterließen, wie wenig sich die Flecken, die die Walnussschalen hinterließen, aus Seife und Wasser machten und wie widerstrebend sie beides über sich ergehen ließen. Ich kenne den Geschmack des Ahornsafts, weiß, wann man ihn zapfen muss, wie man die Tröge und Bottiche aufstellt, den Saft einkocht und den gewonnenen Zucker stibitzt; auch um wie viel besser stibitzter Zucker schmeckt als ehrlich ergatterter, was immer die Frömmler dazu meinen. Ich weiß, wie eine vorzügliche Wassermelone aussieht, wenn sie zwischen Kürbisreben und Squashgemüse ihr pralles Rund sonnt; ich weiß, wie man feststellt, ob sie reif ist, ohne sie anzuschneiden; ich weiß, wie einladend sie aussieht, wenn sie sich in einem Kübel Wasser unter dem Bett abkühlt und wartet; ich weiß, wie sie aussieht, wenn sie auf dem großen geschützten Gang zwischen Haus und Küche auf dem Tisch liegt, wenn die Kinder sich um das Schlachtopfer drängen und ihnen das Wasser im Munde zusammenläuft; ich weiß noch das knackende Geräusch, das sie macht, wenn das Vorlegemesser an einem Ende hineinfährt, und sehe noch vor mir, wie der Riss vor der Klinge entlangläuft, wenn das Messer sie bis zum anderen Ende spaltet; ich sehe noch, wie die Hälften auseinanderfallen, das üppige rote Fruchtfleisch und die schwarzen Kerne zutage treten und das Herz sich offenbart, ein Leckerbissen für die Auserwählten; ich weiß, wie ein Junge hinter einem meterlangen Stück dieser Melone aussieht, und weiß, wie er sich fühlt, denn ich bin dabei gewesen. Ich kenne den Geschmack der ehrlich ergatterten Wassermelone und den Geschmack der mit List ergaunerten Wassermelone. Beide schmecken gut, aber die Erfahrenen wissen, welche besser schmeckt. Ich kenne den Anblick der grünen Äpfel, Pfirsiche und Birnen an den Bäumen und wie unterhaltsam sie sind, wenn sie im Bauch eines Menschen rumoren. Ich weiß, wie die reifen aussehen, wenn sie unter den Bäumen zu Pyramiden gestapelt liegen, und wie hübsch sie sind und wie leuchtend ihre Farben. Ich weiß, wie ein gefrorener Winterapfel in einer Kiste im Fasskeller aussieht, wie schwer man hineinbeißen kann, wie einem vor Kälte die Zähneweh tun und wie gut er trotz allem schmeckt. Ich kenne die Neigung älterer Leute, die fleckigen Äpfel den Kindern zu geben, und früher wusste ich, wie man sie mit ihren eigenen Waffen schlägt. Ich kenne den Anblick eines Apfels, der an einem Winterabend zischend auf dem Herd brät, und weiß, wie tröstlich es ist, ihn heiß zu essen mit etwas Zucker und reichlich Sahne. Ich weiß von der heiklen und geheimen Kunst, Hickorynüsse und Walnüsse auf einem Bügeleisen mit dem Hammer so aufzubrechen, dass die Kerne unversehrt bleiben, und weiß, wie die Nüsse in Verbindung mit Winteräpfeln, Cider und Doughnuts die alten Geschichten und die alten Scherze der alten Leute neu und kurzweilig und bezaubernd klingen lassen und den Abend vertreiben, ehe man sich’s versieht. Ich erinnere mich an den Anblick von Onkel Dan’ls Küche an ganz besonderen Abenden meiner Kindheit und sehe die um den Herd gescharten weißen und schwarzen Kinder, während der Feuerschein auf ihren Gesichtern spielt und die Schatten an den Wänden in Richtung der höhlenartigen Düsternis des hinteren Teils zucken, und ich höre, wie Onkel Dan’l die unsterblichen Geschichten erzählt, die Onkel Remus Harris bald darauf in seinem Buch versammeln sollte, um die Welt damit zu begeistern; und ich spüre die gruselige Freude, die mich durchfuhr, wenn die Zeit gekommen war, um die Gespenstergeschichte vom »Goldenen Arm« zu hören – und auch das Bedauern, das mich überfiel, denn sie war stets die letzte Geschichte des Abends, und danach kam nichts mehr außer dem unwillkommenen Bett.
Ich erinnere mich an die nackte Holztreppe im Haus meines Onkels, an die Linkskurve am Treppenabsatz und an die Balken und die Dachschräge über meinem Bett, an die Quadrate aus Mondschein auf dem Fußboden und an die weiße kalte Schneewelt, die sich draußen vor dem vorhanglosen Fenster bot. Ich erinnere mich an das Heulen des Windes und an das Beben des Hauses in stürmischen Nächten, wie geborgen und behaglich man sich fühlte, wenn man lauschend unter den Decken lag, und wie der pulvrige Schnee durch die Fensterritzen hereinrieselte und sich in kleinen Häufchen auf dem Fußboden sammelte und das
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