Meine geheime Autobiographie - Textedition
Zimmer am Morgen eisig kalt aussah und das ungestüme Verlangen aufzustehen – falls es überhaupt vorhanden war – zügelte. Ich erinnere mich, wie düster das Zimmer im Dunkel desMondes war und wie angefüllt mit gespenstischer Stille, wenn man mitten in der Nacht zufällig erwachte und aus den geheimen Kammern der Erinnerung vergessene Sünden strömten und gehört werden wollten; und wie schlecht gewählt die Stunde für derlei Geschäfte schien; wie trostlos das Rufen der Eule und das Heulen des Wolfes waren, wehklagend vom Nachtwind herübergetragen.
Ich erinnere mich an das Wüten des Regens auf dem Dach in Sommernächten und wie angenehm es war, dazuliegen, zu lauschen und sich über die weiße Pracht der Blitze und das majestätische Dröhnen und Krachen des Donners zu freuen. Es war ein äußerst zufriedenstellendes Zimmer; es gab einen Blitzableiter, den man vom Fenster aus erreichte, ein bezauberndes und flatterhaftes Ding, an dem man in Sommernächten hinab- und heraufklettern konnte, wenn Pflichten anfielen, die Ungestörtheit wünschenswert machten.
Ich erinnere mich an die nächtlichen Waschbären- und Beutelrattenjagden mit den Negern, an die langen Märsche durch die schwarze Finsternis der Wälder und an die Aufregung, die einen jeden befeuerte, wenn das ferne Gebell eines erfahrenen Hundes meldete, dass die Beute auf einen Baum getrieben worden war; dann das wilde Gekraxel und Gestolper durch Gestrüpp und Gebüsch und über Wurzeln, um die Stelle zu erreichen; danach das Anzünden eines Feuers und das Fällen des Baumes, der Freudentaumel der Hunde und der Neger und die seltsame Szenerie, zu der sich das alles im roten Feuerschein fügte – ich erinnere mich gut an all das und an das Vergnügen, dass jeder Einzelne daran fand mit Ausnahme des Waschbären.
Ich erinnere mich an die Taubenzeit, wenn die Vögel zu Millionen herbeigeflogen kamen, die Bäume bedeckten und mit ihrem Gewicht die Zweige brachen. Sie wurden mit Stöcken erschlagen; Feuerwaffen wurden weder benötigt noch benutzt. Ich erinnere mich an die Eichhörnchenjagden und an die Präriehühnerjagden und an die Truthahnjagden und all das; wie wir morgens, wenn es noch dunkel war, aufstanden, um diese Expeditionen zu unternehmen, und wie kalt und trübe es war und wie oft ich bedauerte, dass ich gesund genug war, um mitzumachen. Wenn das Blechhorn ertönte, kamendoppelt so viele Hunde angelaufen wie benötigt wurden, und in ihrer Fröhlichkeit jagten und tollten sie umher, stießen manch einen um und machten unentwegt überflüssigen Lärm. Auf einen Befehl hin verschwanden sie in Richtung der Wälder, und wir stapften durch die schwermütige Düsternis stumm hinter ihnen her. Doch bald darauf stahl sich das Morgengrauen über die Welt, die Vögel meldeten sich zu Wort, dann ging die Sonne auf und übergoss alles mit Licht und Trost, ein jedes Ding war taufrisch und duftig und das Leben wieder eine Wohltat. Nach dreistündigem Umherstreifen kehrten wir angenehm erschöpft zurück, überladen mit Jagdwild, ausgehungert und gerade rechtzeitig zum Frühstück.
Kapitel
Mein Onkel und seine großen Jungen jagten mit dem Gewehr, der Jüngste und ich mit einer Schrotflinte – einer kleinen einläufigen Schrotflinte, die unserer Kraft und Größe angemessen war, nicht viel schwerer als ein Besen. Wir trugen sie abwechselnd jeder immer eine halbe Stunde. Ich war nicht in der Lage, damit etwas zu treffen, probierte es aber gern. Fred und ich jagten kleineres Wildgeflügel, die anderen jagten Rotwild, Eichhörnchen, wilde Truthähne und dergleichen. Jim und sein Vater waren die besten Schützen. Sie erlegten Habichte und Wildgänse und ähnliche Tiere im Flug; Eichhörnchen verwundeten oder töteten sie nicht, sie
betäubten
sie. Wenn die Hunde ein Eichhörnchen auf einen Baum trieben, huschte es hinauf, sprang auf einen Ast und drückte sich flach dagegen in der Hoffnung, sich auf diese Weise unsichtbar zu machen – was ihm aber nicht gelang. Man konnte seine abstehenden kleinen Ohren sehen. Seine Nase konnte man zwar nicht sehen, man wusste aber, wo sie sich befand. Dann erhob sich derjenige Jäger, der seinem Gewehr keine Ruhe gönnen wollte, zielte lässig auf den Ast und versenkte eine Kugel direkt unterhalb der Nase des Eichhörnchens, und schon fiel das Tier herab, unverletzt, aber bewusstlos; die Hunde schüttelten es, es war tot. Manchmal, wenn die Entfernung zu groß und der Wind nicht richtig berechnet war, durchschlug die
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