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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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Bürgermeister gewählt. Bald darauf erwirkte eine
schwerreiche mächtige Eisenbahngesellschaft eine Verordnung der Stadtverwaltung, deren Zweck es war,
einen bestimmten Bezirk der Stadt in Besitz zu nehmen, der von den Armen, Hilflosen und Namenlosen
bewohnt wurde, und diese Menschen daraus zu vertreiben. Mr. Cleveland legte sein Veto gegen die
Verordnung ein. Die anderen Mitglieder seiner Kanzlei waren empört und auch erschrocken. In ihren
Augen würde sich sein Veto verheerend auf ihre Geschäfte auswirken. Sie machten ihm ihre Aufwartung
und baten ihn, seine Entscheidung zu überdenken. Er weigerte sich. Sie ließen sich nicht davon
abbringen. Er weigerte sich noch immer. Er sagte, seine offizielle Stellung erlege ihm eine Pflicht
auf, der er sich nicht ohne Ehrverlust entziehen könne; daher werde er sie wahrnehmen; dass die
hilflose Lage dieser namenlosen Bürger es ihm zur Pflicht mache, ihnen Beistand und Freund zu sein,
da sie keinen anderen hätten; dass es ihm leidtue, falls sein Verhalten Unheil über die Kanzlei
bringe, ihm bleibe aber keine andere Wahl; seine Pflicht sei eindeutig und er werde an der Position,
die er bezogen habe, festhalten. Sie ließen durchblicken, dass es ihn seinen Platz in der Kanzlei
kosten werde. Er entgegnete, er wolle der Sozietät nicht schaden, daher möge man seinen Namen
entfernen, was er keinem verübeln werde.
    Als wir 70 und 71 in Buffalo wohnten, war Mr. Cleveland Sheriff,
aber ich machte nie seine Bekanntschaft und bekam ihn nicht einmal zu Gesicht. Eigentlich nehme ich
sogar an, dass ich mir nicht einmal seiner Existenz bewusst war. Vierzehn Jahre später wurde er der
wichtigste Mann im Bundesstaat. Damals lebte ich nicht dort. Er war Gouverneur und stand kurz davor,
Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Zu der Zeit beging ich Wegelagerei in Begleitung eines
anderen Banditen, George W. Cable. Wir raubten vier Monate lang die Öffentlichkeit mittels Lesungen
aus unseren Werken aus – und im Laufe der Reise kamen wir nach Albany, um auch dort Tribut zu
fordern, und ich sagte: »Wir sollten dem Gouverneur unsere Aufwartung machen.«
    So gingen Cable und ich zum
majestätischen Staatskapitol und nanntenunser Begehr. Wir wurden in das
Privatbüro des Gouverneurs geleitet, wo ich Mr. Cleveland zum ersten Mal sah. Plaudernd standen wir
drei beisammen. Ich bin faul geboren und behalf mir damit, eine Tischecke in eine Art Sitz
umzuwandeln. Gleich darauf sagte der Gouverneur:
    »Mr. Clemens, vor vielen Monaten, es ist eine gute Weile her, war
ich Ihr Mitbürger in Buffalo, und während dieser Monate brachten Sie es nach lang anhaltender und
zweifellos verdienter Unbekanntheit plötzlich zu gewaltigem Ruhm – ich dagegen war ein Niemand, und
Sie würdigten mich keines Blickes und wollten mit mir nichts zu tun haben. Aber jetzt, da ich ein
Jemand geworden bin, haben Sie Ihre Einstellung geändert und kommen hierher, um mir die Hand zu
schütteln und sich gesellig zu zeigen. Wie erklären Sie sich ein solches Verhalten?«
    »Oh«, sagte ich, »das ist sehr einfach,
Eure Exzellenz. In Buffalo waren Sie nichts weiter als der Sheriff. Ich gehörte zur besseren
Gesellschaft. Ich konnte es mir nicht leisten, Umgang mit Sheriffs zu pflegen. Aber jetzt sind Sie
Gouverneur und auf dem besten Weg, Präsident zu werden. Das ist ein großer Unterschied, und jetzt
sind Sie der Mühe wert.«
    In dem
geräumigen Zimmer schien es an die sechzehn Türen zu geben. Plötzlich trat aus jeder Tür ein junger
Mann, und die sechzehn reihten sich auf, rückten vor und blieben mit einer Miene achtungsvoller
Erwartung vor dem Gouverneur stehen. Einen Augenblick lang schwiegen alle. Dann sagte der
Gouverneur:
    »Sie sind entlassen,
Gentlemen. Ihre Dienste werden nicht benötigt. Mr. Clemens sitzt auf den Klingeln.«
    Auf einer Ecke des Tisches befand sich
ein Nest von Klingelknöpfen; die Proportionen meines Hinterns reichten eben aus, das ganze Nest auf
einmal zu bedecken, und so war es mir gelungen, die sechzehn Sekretäre aus den Türen schlüpfen zu
lassen.
    Apropos, als wir den
letzten Sommer im Landesinneren verbrachten, in jener unvergleichlichen Gegend, die einen so
vollendeten Zauber, Charme und Liebreiz aufweist, wie er sich nirgendwo sonst auf dem Planeten
findet – in den Bergen von New Hampshire –, waren unsere unmittelbaren Nachbarn die Abbott Thayers,
eine Familie talentierter Künstler, alte Freunde vonmir. Sie wohnten eine
viertel oder halbe Meile entfernt hügelabwärts auf

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