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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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riesigenMenschenmenge begeistert empfangen, und es ist kaum übertrieben, wenn ich sage, dass man den Landesteil, in dem der General sich gerade aufhielt, an dem roten Widerschein hätte erkennen können, den Fackelumzüge und Feuerwerke am Himmel verursachten.
    Von Boston aus sollte er Hartford besuchen, und ich war Mitglied des Komitees, das nach Boston entsandt wurde, um ihn hierherzubegleiten. Außerdem war ich beauftragt, ihn den Einwohnern von Hartford vorzustellen, wenn die Bevölkerung und die Soldaten vor ihm defilierten. Auf unserer Fahrt von Boston begann ich in der Staatskarosse eine Unterhaltung mit Grants ältestem Sohn Colonel Fred Grant, den ich sehr gut kannte, und im Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass der General weit davon entfernt war, ein reicher Mann zu sein, wie gewöhnlich angenommen wurde, und nicht einmal über genügend Einkünfte verfügte, um auch nur so zu leben wie ein drittklassiger Arzt.
    Colonel Grant erzählte mir, der General habe das Weiße Haus am Ende seiner zweiten Amtszeit als armer Mann verlassen, und ich glaube, er sagte auch, dass er verschuldet sei, aber da bin ich mir nicht ganz sicher. (Er sagte, am Ende
einer
seiner Amtsperioden habe er Schulden von $ 45   000 gehabt.) Freunde des Generals hätten ihm zwei Wohnhäuser geschenkt, aber er sei nicht in der Lage, sie zu unterhalten oder in einem davon zu wohnen. Das alles war so beschämend und eine solche Schande für den Kongress, dass ich vorschlug, die beengten Lebensumstände des Generals, wenn ich ihn den Einwohnern von Hartford vorstellte, zum Thema meiner Rede zu machen.
    Wenn diese Nation, die sich täglich erhob, um den ersten Bürger im Staat beispiellos zu ehren, die Angelegenheit mit ihrer Wahlstimme entscheiden könnte, würde sie seine Armut im Nu in unvorstellbaren Reichtum verwandeln, das wusste ich. Daher lag die Schande nicht beim Volk, sondern bei seinen politischen Vertretern im Kongress, und das Volk würde ich mit meiner Rede nicht beleidigen.
    Ich hielt an meinem Plan fest, und als ich den General vorstellte, kam ich auf die Würden und Vergütungen zu sprechen, mit denen England den Duke of Wellington überhäufte, und verglich dieses Verhalten mit unserer feineren und erhabeneren Art, den Retter unseres Landes zu behandeln –nämlich ihn einfach nur in unseren Herzen zu tragen, ohne ihm etwas aufzubürden, wovon er leben könnte.
    In seiner Erwiderung sagte der General natürlich, sein Land habe ihn mehr als reichlich belohnt und er sei vollauf zufrieden.
    Was sollte er auch anderes sagen.
    Wenige Monate später hätte ich eine solche Rede nicht mehr halten können, denn zu diesem Zeitpunkt hatten gewisse wohlhabende Bürger eine Viertelmillion Dollar für den General gesammelt und das Geld so investiert, dass er weder durch eigenen Mangel an Klugheit noch durch die Schurkerei anderer darum gebracht werden konnte.
    Noch etwas später wurde in der Wall Street Nummer 2, New York City, die Firma Grant & Ward, Börsenmakler und Effektenhändler, gegründet.
    Diese Firma bestand aus General Grants Söhnen und einem lebhaften jungen Mann namens Ferdinand Ward. Auf gewisse Weise war auch der General Teilhaber, allerdings war er in die Geschäfte des Hauses nicht aktiv involviert.
    In kurzer Zeit war die Firma zu einer solchen Größe angewachsen, dass sie anscheinend nicht nur Gewinn, sondern außerordentlichen Gewinn abwarf.
    In Wahrheit aber verübte Ward Betrug an den Grants und allen anderen, die er in die Finger bekam, und die Firma erwirtschaftete keinen Penny.
    Der General war arglos und glaubte, eine Unmenge Geld zu verdienen, während er das wenige, das er besaß, in Wirklichkeit verlor, denn das riss Ward an sich.
    Um den 5. Mai herum, ich glaube, es war 1884, kam der Zusammenbruch, und die verschiedenen Familien Grant waren mittellos.
    Sogar die Zinsen aus der Viertelmillion Dollar der Grant-Stiftung, die ein, zwei Tage vor dem Konkurs fällig waren, hatte Ward in seinen Besitz gebracht.
    General Grant erzählte mir, in jenem Monat habe er seine Haushaltsrechnungen
zum ersten Mal in seinem Leben mit Schecks
bezahlt. Sie erwiesen sich als ungedeckt und kamen zurück. Er erzählte mir, Ward habe niemanden verschont, der auch nur entfernt mit dem Namen Grant in Verbindung stand – er habe alles genommen, was der General hätte zusammenkratzenkönnen, dazu $ 45   000, die Grant auf das Haus seiner Frau in New York aufgenommen hatte; er habe $ 65   000 genommen – die Summe, für

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