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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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hässlichen Grabsteinen die immer gleichen Formen wiederholt – im Wesentlichen Engel mit der robusten Physiognomie von Preisboxern.
    Die Figur und der Sockel, die Gerhardt anfertigte, waren eine weniger knauserige Summe, als das Parlament ausgelobt hatte, anständigere Mitbewerber und ein saubereres und intelligenteres Komitee wert.
    Nach Ansicht von William C. Prime und Charles D. Warner stellte Gerhardts Standbild ein herausragendes Kunstwerk dar, und beide hätten nicht gezögert, den Auftrag an Gerhardt zu vergeben. Der Gouverneur besah sich die drei Modelle und sagte, soweit er es beurteilen könne, sei Gerhardts Entwurf den anderen vorzuziehen. Mr. Coit war derselben Auffassung. Doch erwies es sich als unmöglich, den betagten Barnard zu bewegen, sich Gerhardts Modell auch nur anzusehen. Er brachte mehrere Ausreden vor, unter anderem dass er das Standbild nicht bei jemandem in Auftrag geben wolle, der sich erst noch einen Namen machen müsse – das Standbild solle von einem anerkannten Künstler angefertigt werden. Auf die Frage, welcher Künstler von anerkanntem Ruf ein Standbild für $ 5000 anfertigen würde, wusste er keine Antwort. Es war nicht ganz leicht, den wahren Grund für die Hinhaltetaktik des alten Mannes herauszufinden, schließlich aber zeigte sich, dass Mrs. Colts Geld und Einfluss dahintersteckten. Ihr war sehr daran gelegen, dass der Auftrag ihrem Küster zugeschanzt wurde. Sie schrieb dem Gouverneur einen Brief, in dem sie für den Küster plädierte, und es wurde offenkundig, dass sich der Gouverneur in einer unbequemen Lage befand, hatte er doch den Versuch des Küsters als überaus armselig und geschmacklos charakterisiert und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er von den drei Modellen Gerhardts bevorzuge und bereit sei, dementsprechend zu votieren.
    Dieser unglaubliche Waschlappen beschrieb dem Küster doch tatsächlich Gerhardts Entwurf und riet ihm, einen neuen Entwurf einzureichen – was er auch tat, unter Verwendung von Gerhardts Entwurf! Und dann besaß der Gouverneur auch noch die Unverfrorenheit, Gerhardt davon zu erzählen. Betrachtet man die Angelegenheit von allen Seiten, war es der komischste Wettbewerb um ein Standbild, den dieses Land je gesehen hat. Es war so lachhaft und erbärmlich – in jeder Hinsicht verachtenswert –, dass ich Gerhardt zu überreden versuchte, von dem Wettbewerb zurückzutreten und für mich eine Gruppe mit dem Titel »Standbildkomitee« anzufertigen, Porträts dieser Rindviecher und Mäusefänger über einem Tonbildnis. Ich sagte, ich würde dazu eine Geschichte über das Nathan-Hale-Komitee beisteuern und sei der Meinung, er solle sofort mit der Arbeit beginnen und könne einigesGeld damit machen. Er aber wollte seine Kunst nicht dafür verwenden, seinen Groll zu befriedigen, und lehnte ab.
    Meines Wissens ist es üblich, dass ein solches Komitee eine Einsendefrist festlegt und ein Datum nennt, wann die Entscheidung über die Entwürfe fällt, dieses Komitee aber setzte keine Frist – zumindest nicht schriftlich. Seine Politik bestand offenkundig darin, Mrs. Colts Küster genügend Zeit zu geben, damit er mit einem befriedigenden Vorschlag aufwarten konnte – gleichgültig, wie lange es dauern mochte –, und dann den Auftrag an ihn zu vergeben.
    Waller wurde als Gouverneur nicht wiedergewählt, stattdessen zum Generalkonsul in London ernannt, und am 10. Mai segelte er ab, ohne dass über Nathan Hales Standbild entschieden worden wäre; da er indes einen Freund von Gerhardt um einen persönlichen Gefallen bitten musste, versprach er kurz vor seiner Abreise: »Tun Sie mir diesen Gefallen, und ich gebe Ihnen mein Wort, dass die Nathan-Hale-Angelegenheit geregelt ist, bevor ich abreise.«
    Gerhardt hielt derweil sein Tonbildnis feucht, wartete drei, vier Monate und ließ es dann zerbröseln, schienen doch die Aussichten für seinen Entwurf wie eh und je in weiter Ferne.
    Über General Grants Memoiren
    1885 (Frühling)
    Ich möchte so etwas wie die Geschichte der Memoiren General Grants niederschreiben.
    Zur Einleitung werde ich ein, zwei Bemerkungen machen, die indirekt damit zu tun haben.
    Während Garfields Wahlkampf setzte General Grant das ganze Gewicht seines Einflusses und seiner Tatkraft für den Triumph der Republikanischen Partei ein. Er unternahm eine Tour durch zahlreiche Bundesstaaten, vorzugsweise die unentschiedenen, und von Anfang bis Ende war diese Tour Tag und Nacht eine einzige Ovation. Überall wurde er von einer

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