Meine geheime Autobiographie - Textedition
Stühle, Sofas usw., gepolstert mit
verschlissenen schadhaften Fetzen in düster-schwermütiger Farbe, die das Grab
suggeriert und den Wunsch nahelegt, sich für immer dorthin zurückzuziehen.
Eigentlich ist die durchschnittliche Villa ein Krankenhaus für sieche und greise
Möbel. Schon in ihren besten Tagen waren diese Möbel weder schön noch anmutig noch
attraktiv noch bequem. Wann diese besten Tage waren, ist zu lange her, als dass
jemand sie jetzt noch datieren könnte.
Jedes Mal, wenn ich von einer meiner Erkundungen
zurückgekehrt bin, musste ich mir eingestehen, dass der Aufstand der Farben in der
Villa di Quarto nach allem, worüber ich in den anderen Villen geseufzt und geklagt
hatte, eine Erholung fürs Auge ist und dass diese Villa, soweit ich weiß, die
einzige auf dem Markt ist, die genügend Möbel für die Bedürfnisse ihrer Bewohner
beherbergt.
Ich
will auch einräumen, dass ich mich geirrt habe, als ich glaubte, diese Villa sei
bettelarm an Annehmlichkeiten, ist sie doch im Vergleich zu den anderen geradezu
reich an solchen.
Vor einiger Zeit erzählte mir eine Dame, sie sei soeben von
einem Besuch auf dem Landsitz einer Prinzessin zurückgekehrt, einem riesigen Gebäude
inmitten eines großen, schönen, gepflegten Blumengartens; der Garten wiederum liege
in einem großen, schönen privaten Park. Sie sei von einer herrlichen Erscheinung aus
der Gattung der Lakaien begrüßt worden, die sie in eine hohe, weitläufige
Eingangshalle geleitet habe, reich verziert mit Statuen, Bildnissen und anderem
schönen und kostbaren Schmuck, und von dort durch einen unendlich langen Gang, der
von ähnlich prächtigem und prunkvollem Zierrat in höchstem Grade glänzte; und am
Ende dieser bezaubernden Reise sei sie im Schlafgemach der Prinzessin abgeliefert
und von dieser empfangen worden, die leicht kränkelte und das Bett hütete. Das
Zimmer sei sehr klein gewesen, ohne Schnickschnack oder Hübschigkeiten zur Tröstung
für Auge und Geist, ein eisernes Bettgestell, zwei Holzstühle, ein kleiner Tisch und
in der Ecke ein eiserner Dreifuß, auf dem eine gewöhnliche weiße Waschschüssel
stand. Die kostspieligen Herrlichkeiten des Hauses dienten nur dem Protz, während
auf den Komfort der Hausherrin kein Geld verschwendet worden sei. Ich hatte meine
Zweifel an dieser Geschichte, als ich sie hörte, inzwischen bin ich
gutgläubiger.
Noch
ein, zwei Worte zur Einrichtung der Villa di Quarto. Im Durchschnitt enthält jedes
Zimmer vier Bilder, sagen wir, zwei Fotos oder Kupferstiche und zwei Ölgemälde oder
Aquarelle von der üblichen Farbdruckqualität. Eine Reihe dieser Gemälde, von denen
etliche von einem bescheidenen Talent zeugen, stammen von der Hand der Gräfin. Eine
ihrer Arbeiten ist das offenbar nach einem Foto gefertigte Porträt jenes Mannes aus
Philadelphia, dessen vertrauter Umgang mit ihr dem ersten Ehemann ermöglichte, sich
ihrer Gesellschaft durch Scheidung zu entledigen. Diese geschiedene Dame firmierte
unter ihrem Mädchennamen Paxton, als sie in Philadelphia dem Grafen angetraut wurde.
In Amerika ist sie eine verheiratete Frau, in Italien nicht.
Sie hat Kunst studiert.
Fünfundzwanzig oder dreißig Zeichnungen polstern die Wände eines Zimmers im Norden
des Hauses, das ihr Atelier gewesen sein muss. Diese männlichen und weiblichen Akte
sind von jener detaillierten und umstandslosen Nacktheit, die das bevorzugte Produkt
desZeichenunterrichts an Kunstakademien ist. Wenn ich die
Gräfin richtig deute, ist es ihr schwergefallen, sie nicht im Salon
aufzuhängen.
Hoch
oben an den Wänden der großen Eingangshalle hängen mehrere dieser kleinen,
glänzenden weißen Putten, die man mit dem Namen Della Robbia in Verbindung bringt.
Ferner sind die Wände dieser Eingangshalle mit den üblichen großen ungerahmten
ovalen Ölporträts längst verstorbener Aristokraten, die man gewöhnlich in
florentinischen Villen ausgestellt findet, geschmückt oder zumindest kaschiert. Im
vorliegenden Fall wurden die Porträts von Künstlern gemalt, die, bis auf eines, das
Niveau gewöhnlicher Farbdrucke erreichen. Da ich nie in Kunst unterwiesen worden
bin, kann ich nicht entscheiden, was nach den geltenden Maßstäben ein gutes und was
ein schlechtes Bild ist; ich muss mich auf meine eigenen naiven Maßstäbe verlassen.
Diesen zufolge zeigt das Bild, das ich gerade betrachte, ein äußerst edles, ernstes
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