Meine geheime Autobiographie - Textedition
Seidenstuhl, zwei
gewöhnliche Holzstühle und ein ausgestopfter Sessel, dessen Polsterung von mir
unbekannter Art, aber diabolisch ist; in der Ecke ein gewöhnlicher dünnbeiniger
Küchentisch; an der einen Wand ein Kleiderschrank und ein Frisiertisch; an der
gegenüberliegenden eine wacklige Kommode aus schwarz gestrichenem Strobenholz,
verziert mit Griffen aus Messingimitat; ein Doppelbett aus Messing. Man wird mir
beipflichten müssen, dass sich dieses Zimmer seiner Möbel nicht eben schämt. Gottlob
sind die beiden bereits angesprochenenBrettertüren mit bunten
Behängen unbekannter Herkunft verhüllt, die drei anderen bereits erwähnten Türen von
langen Vorhängen verdeckt, die bis auf den Fußboden reichen und in der Mitte gerafft
sind, um das Hindurchströmen von Menschen und Licht zu ermöglichen. Diese Vorhänge
haben ein stolzes und prahlerisches Aussehen, das niemanden täuscht, da es auf einer
Seidenmischung beruht, deren Hauptbestandteil Baumwolle ist. Die Farbe ist ein
solides Gelb und tiefer als das Gelb der hinteren Wandhälften, und hier geschieht
etwas Seltsames: Man kann von einer dieser Farben fünfzigmal zu der anderen blicken,
und jedes Mal wird man diejenige für die hässlichste halten, auf die man gerade
blickt. Es ist ein höchst kurioser und interessanter Effekt. Ich glaube, wenn man
sich so weit beruhigen könnte, dass man diese Vorhänge ohne Leidenschaft betrachtet,
würde man dahin kommen, dass es beide braucht, um die hässlichste Farbe in der Welt
der Kunst zu ergeben.
Wir haben diese beiden Gelbtöne betrachtet, aber
damit ist die Angelegenheit nicht erschöpft, denn es gibt in dem Zimmer noch einen
dritten. Das ist ein prächtiger hoher Baldachin über dem Messingbett, gefertigt aus
einem glänzenden, glitzernden und gleißenden Satin in Zitronengelb – echtem Satin,
dem nahezu einzigen echten Stück im ganzen Raum. Er gehört zum Adel, er gehört zur
Aristokratie, er gehört zu den majestätischen weißen Säulen und dem zierlichen alten
Marmorkamin; alle übrigen Einrichtungsgegenstände im Zimmer sind zutiefst
plebejisch, beklagenswerte Exilanten, die aus ihrem rechtmäßigen Heim verstoßen
wurden, dem Armenhaus.
An der Wand am vorderen Ende hängen in großen
Rahmen Fotos des Paares, das für die Anwesenheit der Gräfin in dieser Welt
verantwortlich ist. Es wäre geschmackvoller, wenn die beiden weniger erfreut darüber
wirkten. An der abschließenden Wand in der gelben Zimmerhälfte hängen zwei gerahmte
Kupferstiche, weibliche Engel, wie üblich damit beschäftigt, Verstorbene über die
ferne Ansicht einer Stadt, einer Ebene und eines Gebirges hinweg in den Himmel zu
befördern.
Die
Dissonanzen dieses Zimmers, was Farben, demütige Armut und prahlerische wie
selbstgefällige Prätention betrifft, wiederholen sich, wo immer man hingeht in
diesem riesigen Haus.
Ich bin es leid, weitere
Einzelheiten aufzuzählen. Man könnte auf jeder Seite des Hauses sechzig Meter weit
laufen, durch ein sinnloses Gewirr unnützer kleiner Empfangszimmer und protziger
Korridore, und würde, bis man das Speisezimmer am Ende erreicht, nichts Vernünftiges
oder Anheimelndes finden.
Im nächsten Stockwerk, über der
Blackwood-Bibliothek, gibt es ein feines, wohleingerichtetes Schlafzimmer mit einem
ausgezeichneten Steinbalkon und dem bereits erwähnten großartigen Ausblick, aber
vergrößert und verbessert. Von dort sechzig Meter nach Norden, und alles ist genauso
unordentlich zerstückelt wie im Erdgeschoss. In der Mitte jedoch befindet sich ein
großer Salon von zwölf Metern im Quadrat und vielleicht ebensolcher Höhe, großzügig
und geschmackvoll mit Brokatseide ausgekleidet und mit sehr schönen Deckenfresken
verziert. Aber das Zimmer macht einen fast wütenden Eindruck, denn wo man hinsieht,
sind Diwane und Sofas und Sessel und hohe Fenstervorhänge aus demselben grimmigen
zitronengelben Satin, der schon beim Baldachin des Messingbetts im Erdgeschoss
erwähnt wurde. Betritt man an einem herrlichen Florentiner Tag unversehens diesen
großen Saal, ist es, als betrete man die Hölle an einem Sonntagmorgen, wenn die
Schwefelfeuer am grellsten und am gelbsten lodern.
Ich glaube, ich habe schon gesagt, dass das oberste
Stockwerk aus zwanzig Zimmern besteht. Sie sind nicht möbliert, sie sind geräumig
und gewähren eine weite bezaubernde Aussicht. Richtig möbliert, wären sie
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