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Meine geheime Autobiographie - Textedition

Meine geheime Autobiographie - Textedition

Titel: Meine geheime Autobiographie - Textedition Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Twain
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Schurken laufen.
    Hinter den Clemens von Virginia erstreckt sich eine dunkle Prozession von Vorfahren, die bis zu Noahs Zeit zurückreicht. Der Überlieferung nach waren einige von ihnen zu Elisabeths Zeiten Seeräuber und Sklavenhalter gewesen. Aber das ist keine Schande, denn Drake, Hawkins und all die anderen waren es ja auch. Damals galt dies als ein achtbares Gewerbe, und die Monarchen gaben die Geschäftspartner ab. Manchmal habe ich selbst das Verlangen verspürt, Seeräuber zu sein. Der Leser, wenn er nur tief genug in sein geheimes Herz schaut, findet dort – aber vergessen wir, was er dort finden wird. Schließlich schreibe ich nicht
seine
Autobiographie, sondern meine. Später, zur Zeit Jakobs I. oder Karls I., war der Überlieferung nacheiner der Prozessionsteilnehmer Botschafter in Spanien, heiratete dort und schickte einen Strom spanischen Blutes herüber, um uns zu wärmen. Und der Überlieferung nach war dieser oder ein anderer – Geoffrey Clement mit Namen – daran beteiligt, Karl zum Tode zu verurteilen. Ich habe diese Überlieferungen nicht eigenhändig nachgeprüft, teils weil ich träge bin, teils weil ich so damit beschäftigt war, dieses Ende der Linie zu polieren und dafür zu sorgen, dass es etwas hermacht; die anderen Clemens jedoch behaupten, sie hätten die Prüfung vorgenommen und die Überlieferungen hätten ihr standgehalten. Deshalb habe ich es stets für selbstverständlich gehalten, dass ich es war, der Karl aus seinen Schwierigkeiten half: durch einen Vorfahren. Auch meine Instinkte haben mich davon überzeugt. Wann immer wir einen starken, beharrlichen, unauslöschlichen Instinkt besitzen, können wir sicher sein, dass er nicht originär ist, sondern ererbt – ererbt aus grauer Vorzeit und verfestigt und vervollkommnet durch den versteinernden Einfluss der Zeit. Nun, ich bin schon immer und gleichbleibend bitter gegen Karl gewesen und fest davon überzeugt, dass diese Empfindung durch die Adern meiner Urahnen aus dem Herzen jenes Richters in mich hineingerieselt ist; denn es ist nicht meine Art, aus persönlichen Gründen bitter gegen Menschen zu sein. Ich bin auch gegen Jeffreys nicht bitter. Ich sollte es sein, aber ich bin es nicht. Es zeigt mir, dass meine Vorfahren aus der Zeit Jakobs II. ihm gegenüber gleichgültig waren. Ich weiß nicht, warum. Ich konnte es nie herausfinden. Aber genau das zeigt es. Auch gegen Satan war ich immer freundlich gesinnt. Natürlich ist das ebenfalls ererbt; es muss mir im Blut liegen, denn von mir selbst kann es nicht kommen.
    … Und so, bekräftigt vom Instinkt, gestützt auf die Beteuerungen der Clemens, die Akten seien geprüft, habe ich mich stets bemüßigt gefühlt, daran zu glauben, dass jener Geoffrey Clement, der einen Märtyrer schuf, mein Vorfahr war, und mich seiner mit Wohlwollen, ja mit Stolz zu erinnern. Das wirkte sich nicht gut auf mich aus, denn es hat mich eitel gemacht, und das ist ein Charakterfehler. Es hat dazu geführt, dass ich mich über Menschen erhob, die mit ihren Vorfahren weniger Glück hatten als ich, und mich gelegentlich dazu bewogen, sie auf ihren Platz zu verweisen und ihnen in Gesellschaft Kränkendes zu sagen.
    Vor mehreren Jahren trug sich in Berlin ein Fall dieser Art zu. William Walter Phelps war unser Gesandter am Hofe des Kaisers, und eines Abends lud er mich zum Dinner ein, um mich Graf S., einem Minister des Kabinetts, vorzustellen. Dieser Adlige hatte einen langen und glanzvollen Stammbaum. Natürlich wollte ich durchblicken lassen, dass auch ich etliche Vorfahren vorweisen konnte; aber ich wollte sie nicht einfach an den Ohren aus ihren Gräbern herbeiziehen, und es schien sich keine rechte Gelegenheit zu ergeben, sie auf eine Weise zu erwähnen, die hinreichend beiläufig gewirkt hätte. Ich vermute, dass Phelps in den gleichen Schwierigkeiten steckte. Tatsächlich sah er hin und wieder beunruhigt aus – so wie jemand aussieht, der rein zufällig einen Vorfahren anbringen will und dem nicht einfällt, wie er den gebührenden Anschein von Zufälligkeit erwecken kann. Endlich aber, nach dem Dinner, unternahm er einen Versuch. Er führte uns in seinem Salon umher, zeigte uns die Gemälde und blieb schließlich vor einem primitiven alten Kupferstich stehen. Es war ein Bild vom Gerichtshof, der über Karl I. verhandelte. Da war eine Pyramide von Richtern mit puritanischen Schlapphüten, darunter drei barhäuptige Sekretäre, die an einem Tisch saßen. Mr. Phelps legte seinen Finger auf einen der

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