Meine geordnete Welt oder Der Tag an dem alles auf den Kopf gestellt wurde
FF-Atemzug machen, als ich sah, wie er alles durcheinanderbrachte. Onkel Dal fuhr fort: »Aber wenn du keine Lust hast, mitten in der Nacht aufzustehen, dann kannst du dir immer noch den Baum des Konquistadors ansehen.«
»Ich hab in meinem Leben schon ein paar Bäume gesehen, Onkel Dal«, entgegnete Biswick, indem er eines von Onkel Dals wertvollen Reibeisen vom Tisch nahm. Er verzog ächzend das Gesicht und ließ das Eisen fallen, das nur knapp seinen Fuß verfehlte.
»Das ist ein ganz besonderer Baum, Bis«, begann Onkel Dal. Ich zuckte zusammen, als ich den Kosenamen hörte. »Ein Konquistador hat ihn einst aus Spanien mitgebracht und einen Schatz darunter vergraben.«
»Ist der Schatz später gefunden worden?«, fragte Biswick mit großen Augen.
Onkel Dal wandte den Blick nicht von der Statue ab, während er sprach: »Ein Ziegenhirte hat einmal versucht, ihn zu finden - und sein Leben verloren.«
»Sein Leben verloren?«, wiederholte Biswick.
Ich verdrehte die Augen. Wir alle sind mit der Legende des Ziegenhirten aufgewachsen. Ein Haufen Blödsinn, nichts weiter.
»Sein Name war Jonah. Er hütete seine Ziegen auf den Hängen des Cathedral Mountain, immer auf der Suche nach dem Baum des Konquistadors. Eines Tages ging eine seiner Ziegen
verloren, und der Hirte musste sich hoch ins Gebirge vorwagen, so hoch wie nie zuvor. Nur mit größter Mühe gelang ihm am nächsten Tag der Abstieg. Zu Hause erzählte er seiner Frau, immer noch zitternd und bleich, er habe die Irrlichter gesehen, die ihn weiter nach oben locken wollten. Aber der Weg sei für einen einfachen Ziegenhirten einfach zu steil und gefährlich gewesen. ›Geh zurück!‹, forderte seine Frau ihn auf. ›Sie werden dir den Weg zum Baum des Konquistadors zeigen und dann werden wir reich.‹<
›Ich will aber nicht zurückgehen‹, entgegnete er. ›Ich will das Schicksal nicht herausfordern. Ich bin froh, dass ich noch am Leben bin.‹ Doch sie brachte ihn dazu, sich abermals auf den Weg zu machen, und seine Ziegenherde folgte ihm den Berg hinauf.«
»Und, hat er ihn gefunden?«, fragte Biswick mit großen Augen, während er das Reibeisen unter seinem Fuß hin und her rollte, als wäre es ein Rundholz. Das Geräusch schmerzte in meinen Ohren.
»Er ist nie wieder zurückgekehrt«, antwortete Onkel Dal, indem er sich in seinen Sessel sinken ließ. »Die Ziegen kamen am nächsten Tag den Berg herunter, doch er blieb verschollen.«
Aus unerfindlichen Gründen erzürnte Grandma diese Geschichte mehr als alle anderen Legenden, die in dieser Gegend kursieren. »Man wird einmal gerettet«, sagte sie vielsagend. »Nicht zweimal.«
Biswick tat es Onkel Dal gleich und ließ sich auf seinen Melkschemel sinken. Keiner von ihnen sprach ein Wort.
Ich hatte endgültig die Nase voll, stapfte quer durch die Scheune, hob das Reibeisen auf, mit dem die Feinarbeiten gemacht werden, und pfefferte es dorthin zurück, wo es hingehörte. Dann legte ich alle Werkzeuge wieder fein säuberlich nebeneinander. Ich verließ die Scheune, ohne mich umzublicken.
Warum den Kopf eines Kindes mit all dem abergläubischen Gewäsch vollstopfen? Hier gibt es weder Schätze noch verschollene Ziegenhirten oder irgendwelche anderen Rätsel und es wird sie auch niemals geben.
Onkel Dal erschien im Tor der Scheune.
»Hey, wo willst du hin?«
»Mein Zeitplan … zu spät«, murmelte ich und versuchte, das Wort »schauerlich« zu verschlucken, doch hatte ich es bereits ausgestoßen. Jetzt gellte es mir in den Ohren. Ich stieg auf mein Fahrrad und rollte die Straße hinunter.
Grandma Birdy bemerkte es immer, wenn ich nach Hause kam. Heute stand sie, die Hände in die Hüften gestemmt und mit geschürzten Lippen, auf der Veranda vor ihrem Haus. Vor gut zwei Jahren hatte Mama endgültig genug davon, dass Grandma bei uns wohnte, und brachte Daddy und Onkel Dal dazu, ihr ein eigenes Haus zu bauen, das hinter unserem liegt. Daddy hatte ebenfalls die Nase voll, obwohl er das nie zugegeben hätte. Es war Mamas Idee, dass die Vorderseite des neuen Hauses auf die Third Street hinausgeht, damit sie Grandma nicht die ganze Zeit durch das Küchenfenster beobachten und ein schlechtes Gewissen haben muss, aber das Ende vom Lied ist, dass Grandma - wie eine fette Spinne in ihrem Netz - nun jeden Schritt von uns überwacht, sobald wir das Haus verlassen.
Zunächst sagte Grandma, sie könne es gar nicht erwarten, endlich Mamas räudige Hunde los zu sein. Doch mehr als einmal habe ich beobachtet,
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