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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bedel
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Außerdem gibt es eine unendlich lange Treppe. Als ich sie wieder hinunterstieg,
     ist sie mir sogar noch länger vorgekommen. Oben bin ich auf die Plattform hinausgetreten. Ich habe hinuntergesehen, und mir
     ist schwindlig geworden. Ich hatte das Gefühl, dass das Meer und die Erde sich drehten, irgendwie schienen sie mich zu rufen.
     Da weißt du nicht mehr, wo dir der Kopf steht. Der Raz Blanchard hatte das Wasser fest im Griff, es brodelte, es rief nach
     einem, es machte einen platt wie ein Rauschmittel.
    Ich fühlte mich wie auf einem Schiff, ich schwankte mit dem Leuchtturm, und die Erde kam immer näher. Schnell ließ ich mich
     wieder ins Innere führen, sonst hätte ich wohl versucht, wie ein Vogel zu fliegen. Die Leuchtturmwärter zogen die Petroleumlampe
     auf wie eine Uhr, also mit einem Gewicht. Einer der Wärter stand zu einer bestimmten Uhrzeit auf und setzte die Kurbel in
     Bewegung.
    Der Beruf des Leuchtturmwärters ist was Besonderes. Die durften nicht trinken, keine Faxen machen. Sie mussten ihre Leuchte
     wirklich gut kennen. Das Licht für die Schiffe hat etwas Heiliges, es ist wie ein Gottesdienst. Kein Leuchtturmwärter hätte
     je vergessen, zur vorgeschriebenen Zeit aufzustehen, denn das hätte man vom Land aus gesehen. Man glaubt ja immer, dass der
     Leuchtturmwärter über uns wacht. In Wirklichkeit ist es umgekehrt.
    Die Frauen der Leuchtturmwärter verständigten sich früher mit ihren Männern, indem sie die Vorhänge auf- und zuzogen. Sie
     hatten dafür einen Code erfunden. Heute haben die Häuser am Hafen von Goury ja alle Telefon. Und der Leuchtturm blökt und
     blinkt alleine vor sich hin. Wie meine Glocken ist er mittlerweile vollautomatisch.
    Das erklärt aber nicht, weshalb die Leute bei Sturm gerne da hinaufklettern. Leuchtturmwärter hätte ich nie werden können,
     glaube ich. Viel zu feucht, zu dunkel, zu eng und viel zu weit oben. Mir gefällt es, wenn ich mit beiden Beinen auf der Erde
     stehe und der Wind mir ins Gesicht bläst oder mich über meine Feldwege schubst.
    Bevor der Nebel kommt, bevor es schneit, hörst du den Leuchtturm klar und deutlich. Und wenn du noch klein bist, stellst du
     dir vor, dass er über dich wacht, der Leuchtturm von Goury. Wenn er blökt, hat der Nordostwind ihn blind gemacht. Dann »sieht
     er nicht mehr«. Der Schnee kommt, und er brüllt laut, damit man noch weiß, wo er ist. Als hätte er sich verirrt.
    Als Kinder waren wir immer total aufgeregt, wenn er dann bei Ost- oder Nordostwind nicht mehr zu hören war, denn dann kam
     der Schnee und deckte den Weg vor dem Haus zu. Diese weiße Flut stürzte über uns hereinund brachte uns dem Meer näher, der Ozean schien direkt vor der Haustür zu liegen. Hatte man Leinen zum Fischen ausgelegt,
     war man beunruhigt, denn auch der Strand war verschneit, und man konnte ein paar Tage lang nicht mehr zu seinen Leinen hinaus.
    Aber natürlich haben wir uns noch mehr Gedanken über die auf den Feldern gemacht, schließlich fischten wir ja auf den Feldern.
     Nicht wahr, die Bedels sind ein bisschen verrückt?

Der Schnee
    Wir fertigten Strohwische an, eine Handvoll Stroh, mit einem Stück Schnur umwickelt. Diese steckten wir in die Erde und machten
     mit kleinen Angelhaken eine zwanzig Meter lange Leine daran fest. Wir buddelten ein paar Regenwürmer aus und befestigten sie
     daran, um Kiebitze und Drosseln zu fangen. Einmal während des Krieges schlichen mein Vater und ich uns an unsere »Landleinen«
     unterhalb von La Vallette heran, als plötzlich Schüsse peitschten. Die Amerikaner zielten mit deutschen Gewehren auf unsere
     Vögel, die mit Schnabel oder Schwanz festhingen. 1944 hatte plötzlich jeder ein Gewehr. Die Federn flogen nur so herum, und
     zwischen zwei Schüssen hörte man das vulgäre Lachen der Soldaten. Mein Vater hielt mich am Ärmel fest, damit ich nicht weiterging.
     Die armen Tiere. Wir haben uns richtiggehend geschämt. Ein paar Tage später, als der Schnee geschmolzen war, waren von den
     Vögeln nur noch ein paar Federn übrig.
    Wenn es schneite, warteten wir gewöhnlich, bis es am nächsten oder übernächsten Tag taute. Der Frost konservierte die Tiere.
    Bei starkem Frost fingen wir die Vögel in den kleinen Hütten für die Jagdhunde, in denen sie geschwächt Unterschlupf suchten.
     Mama rupfte sie dann, und eine meiner Cousinen kam, um sich die Köpfe zu holen. Die lutschte sie aus, wenn sie gekocht waren,
     und zwar bis auf die Knochen. Niemand hätte sie davon abbringen

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