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Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen

Titel: Meine Kuehe sind huebsch, weil sie Blumen fressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Bedel
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Respekt ein, wie mein Großvater da seine Stimme erschallen ließ. Fast war es mir ein wenig peinlich,
     und so versteckte ich mich hinter der Hecke, um die Reaktion der Alten zu beobachten, die in meinen Augen aussah wie eine
     Hexe.
    »Alter Esel! Geh schon und such mir deine Hasenfelle heraus, wenn du welche hast. Dir ist es doch mehr als recht, dass ich
     komme und sie dir abnehme.«
    Wenn es im Sommer so richtig heiß wurde und wir im Heu spielten, bekamen wir alle schnell Durst. Mein Großvater auch. Dann
     musste das jüngste der Kinder zum Bach hinunterlaufen, wo der alte Mann die Cidreflaschen versteckt hatte. Am Ende des Tages
     konnte der Ärmste mit seinen kurzen Beinchen oft nicht mehr. Ich bin gelaufen und meine Schwestern ebenfalls. Das haben wir
     sogar nach seinem Tod beibehalten.
    Solche Sachen könnte ich stundenlang erzählen. Aber diese ganzen Nachrichten aus aller Welt, die kann ich mir nicht merken.
     Wenn man sich wirklich an etwas erinnern will, muss man dort gewesen sein, wo sich alles abgespielt hat.
    Guste, mein großer Bruder, hing immer bei meinem Großvater rum. Auf dem Weg nach Goury liegt in der Kurve ein alter Steinbruch,
     der als Müllhalde benutzt wurde. Dort hatte mein Großvater einen alten Krug gefunden, der so hoch war wie eine Milchkanne,
     nur oben herum schmäler, damit man leichter ausgießen konnte. Opa befahl seinem Enkel:
    »Stell den Krug in die Mitte der Kurve. Wir füllen ihn mit Steinen, dann müssen die Irren, die in der Kurve so schnell fahren,
     abbremsen. Das schadet ihnen kein bisschen.«
    Das war 1937.   Damals kam in der Woche ein Auto durch Goury, mehr nicht! Der Fortschritt, die Geschwindigkeit, das machte ihm Angst. Heute
     würde er wahrscheinlich den Verstand verlieren.
    Mein Großvater lieferte bis nach Cherbourg, und zwar einmal die Woche. Er brachte ein halbes Schwein zumMetzger, Butter zu den Milchläden und brachte den Händlern in den
Halles
von Cherbourg, wo jetzt das große Einkaufszentrum ist, Fische. Er kassierte ein bisschen Geld bei der Lieferung, den anderen
     war geholfen, und ihm machte es Spaß. Wenn er nach Cherbourg fuhr, sah er wenigstens mal etwas anderes als immer nur das Dorf.
    Eines Tages bat ihn die hübsche Marie M., ihr doch bitte ein Korsett mitzubringen, wie Großvater uns voller Stolz erzählte.
     Er hat all seinen Mut zusammengenommen und tatsächlich eins gekauft. Und sie hat ihm dafür zu Hause herzlich gedankt. Danach
     sah Marie M., die damals schon nicht mehr die Jüngste war, ganz anders aus.
    Opa lieferte also einmal die Woche aus und brachte uns von seinen Fahrten allerhand Geschichten mit. Gelegentlich half er
     dem Pfarrer, wie viele Männer aus dem Dorf, zumindest die, die mit dem lieben Gott auf Du und Du waren. Eines Tages, als er
     vom Einkaufen zurückkam, schloss er sich ein paar Männern an, die im Garten des Pfarrers Apfelbäume pflanzen wollten. Alles
     wartete auf die Anordnungen des Pfarrers. Der aber erhielt gerade Besuch von Pfarrer Bosset aus der Nachbargemeinde, der auf
     seinem Eselswagen vorbeigekommen war. Wahrscheinlich hatte er Durst, denn er meinte zu unserem Pfarrer:
    »Werter Kollege, wenn Sie schöne Äpfel wollen, müssen Ihre Arbeiter aber noch vor Mittag ins zugehörige Loch fallen.«
    Da braucht man nicht zwei Mal zu fragen, wie das ausging. Der Pfarrer löschte den Durst seiner Pfarrkinder nämlich mit Calvados.
     Nach einer guten Stunde blieb einer der Helfer, der dickste, im Loch liegen und rührte sich nicht mehr.
    Denn normalerweise gruben sie nur Löcher für dieToten. Da grub man und sah zu, dass man die Arbeit beendete und das Loch wieder auffüllte.
    Die Löcher waren ja nicht dafür gedacht, sich selbst hineinzulegen.
    Seine Kollegen, darunter auch mein Großvater, zogen den Dicken also heraus und packten ihn auf den Eselswagen des Pfarrers
     aus Jobourg, um ihn nach Hause zu schaffen. Nur dass seine liebe Frau sie von Weitem schon kommen sah. Das ist das Haus, an
     dessen Gartentür ein Schild hängt: »Vorsicht, bissiger Hund.« Sie sieht, wie ihr Mann in diesem Zustand ankommt und läuft
     schimpfend auf die Männer zu:
    »Schämt ihr euch nicht, mir meinen Mann in diesem Zustand zurückzubringen? Euch werde ich heimleuchten!«
    Die Männer bekamen es angesichts dieser – wenngleich berechtigten – Drohung mit der Angst zu tun und ließen den Wagen einfach
     stehen. Und so fand sich der Ärmste in seinem Hof wieder, seine Freunde hauten schleunigst ab, nachdem sie sich

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